• Jonas Egli
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Selfie einmal anders rum: Die hässlichsten Basler in der Sammlung des Kunstmuseums

Die Sammlung des Basler Kunstmuseums macht deutlich, dass sich nicht nur schöne Menschen portraitieren liessen. Deswegen: Unsere Auswahl der hässlichsten Basler.

Viele Mächtige wünschten sich ein Konterfei über dem Kamin. Doch Macht bedeutet noch lange nicht Schönheit. Somit mussten die Künstler nicht unbedingt boshaft sein, um hässliche Menschen zu malen. Der Keller des Kunstmuseums Basel beherbergt einige hässliche Basler und Baslerinnen.

Emmanuel Handmann: Bildnis des Leonhard Euler, 1753. Bild: Kunstmuseum Basel

Der hässlichste zuerst: Leonhard Euler. Die Glatze und den Rundschädel mit einem lieblos dahingeworfenen und dazu noch geschmacklosen Tuch verdeckt, das blinde Auge halb verdreht und der Gesichtsausdruck alles andere als entspannt. Euler wusste wohl, dass er keine Augenweide war. Ihm war das alles freilich egal, denn als Vater der Eulerschen Zahl durfte sein Aussehen *irrational* sein. Sein Gesicht zierte trotzdem die Zehnernote der sechsten Serie.

Hans Bock d. Ä.: Bildnis des Theodor Zwinger, 1588. Bild: Kunstmuseum Basel

Nicht viel besser ist das Bildnis des Theodor Zwinger: Dem Bild nach zu urteilen, muss man hoffen, der Maler hätte einen schlechten Tag gehabt und der Basler Gelehrte in Wirklichkeit besser ausgesehen. Der mitgelieferte Text lässt aber Böses erahnen: «Die malerische Durchbildung des Gesichtes ist von hoher Qualität und übertrifft diejenige der meisten für Bock gesicherten Bildnisse.» Autsch.

Johann Nikolaus Grooth: Bildnis des Hieronymus Linder von Basel, 1760

Johann Nikolaus Grooth malte 1760 das «Bildnis des Hieronymus Linder von Basel» oder, wie wir es nennen, die «Gewürzgurke mit Hut». Grooth ging allgemein ganz unzimperlich mit seinen Motiven um und gab sich keine Mühe, ihre ästhetischen Unzulänglichkeiten zu kaschieren, wie auch im Bildnis des Johann Conrad Dienast. Die gehobenen Augenbrauen lassen die Glubschaugen erst richtig in Erscheinung treten. Später, als er sein Portrait sah, werden sich seine Züge mit Sicherheit verfinstert haben.

Johann Nikolaus Grooth: Bildnis des Johann Conrad Dienast, 1789. Bild: Kunstmuseum Basel

Die Maler waren angesichts der Aufgabe nicht zu beneiden. So ein Herrschergemüt gerät gar schnell aus der Bahn und am Ende bezahlte der eine oder andere arme Portraitist womöglich mit seinem eigenen Kopf. Das Bildnis des Ständerats Dr. Ernst Thalmann zeigt einen galanten Ausweg: Der Maler Ernst Stocker liess das vermutlich unsäglich hässliche Gesicht des Ständerats Ernst Thalmann gleich ganz weg.

Coghuf (Ernst Stocker): Bildnis des Ständerats Dr. Ernst Thalmann, 1930–1933. Kunstmuseum Basel - Ankauf mit Mitteln aus dem Schiess-Fonds. Foto: Kunstmuseum Basel - Martin P. Bühler

Der Mulhouser Maler Jean-Gaspard Heilmann versuchte sich 1738 am Portrait des immerhin 81-jährigen Basler Theologen Samuel Werenfels und holte aus dem zerfurchten Antlitz das Beste heraus. Doch auch der gekonnteste Pinselstrich kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine Augen auch von zwei verschiedenen Menschen hätten stammen können und die Nase so gewaltig war, dass der alte Mann nur mit einer noch grosteskeren Perücke von ihr ablenken konnte.

Jean-Gaspard Heilmann: Bildnis des Basler Theologen Samuel Werenfels (1657–1740), 1738. Bild: Kunstmuseum Basel

Er hiess zwar «hot man», der französische Humanist und in Basel lehrende Professor François Hotman wurde seinem Namen allerdings nicht gerecht. Silberblick, eine Nase wie ein Zaunpfahl und ein solch langes Gesicht, dass Kinn und Stirn jeweils in verschiedenen Jahreszeiten existierten. Er ist heute im Münster-Kreuzgang begraben, vermutlich der Länge nach.

Schweizerischer Meister, 17. Jh.: Bildnis des François Hotman. Bild: Kunstmuseum Basel

Valerie Mieg-Thurneysen, eine Dame aus einer einflussreichen Basler Ärztefamilie Anfang des 19.Jahrhunderts, zeigt, dass es um die Frauen auch nicht besser bestellt war. Ihre Perücke sagt alles: Die ganze Angelegenheit eine Katastrophe von nuklearem Ausmass.

Carl Germann: Bildnis der Valerie Mieg-Thurneysen, 1786. Bild: Kunstmuseum Basel

Der schönste war warscheinlich Bonifacius Amerbach, der engste Berater des Erasmus von Rotterdam und Vater von Basilius Amerbach, welcher den Grundstein für die Basler Kunstsammlung legen sollte. Das Portrait von Hans Holbein des jüngeren aus dem Jahr 1519 zeigt den stolzen 24-jährigen mit kantigem, wohlgeformtem Gesicht, stechendem Blick und formvollendetem Bart. Doch offensichtlich sah er sich zu sehr auf sein Äusseres reduziert: Für ein zweites Portrait wollte er sich das Gesichtshaar abrasieren, schliesslich mache einen Philosophen nicht der Bart, sondern sein geistiges Vermögen. Das hätte er sich sparen können, wie spätere Bilder zeigen. Das Alter meinte es mit dem Humanisten nicht gut.

Hans Holbein d. J.: Bildnis des Bonifacius Amerbach, 1519. Bild: Kunstmuseum Basel

Ein Selfie ist besonders dann gefährlich, wenn ein anderer den Auslöser bedient. Manch ein Maler wird sich seiner Macht bewusst gewesen sein, wie der Basler Künstler Christoph Miville, der sich an seiner Verwandtschaft rächte, indem er sie naturgetreu portraitierte. Zu spät, nämlich mitten im Verewigt-werden, merken sie, was er vorhat.

Jakob Christoph Miville: Bildnis des Schwagers des Künstlers, Dr. Johannes Kissel-Miville, um 1824. Bild: Kunstmuseum Basel

Was auffällt, sind die durchweg genervt-gelangweilten Gesichter. Kaum einer der Portraitierten scheint Spass am Selbstbild zu haben. Etwas, was die heutige Selfie-Generation um jeden Preis zu verhindern versucht. Ständiges Vergnügen, jedes Bild der Beweis immerguter Laune. Die Ausnahme: Der Gewinner Leonhard Euler.

Bei Euler wurde übrigens auf der Zehnernote ein wenig nachgeholfen. Das blinde Auge scheint wieder gesund und auch der Gesichtsausdruck scheint deutlich entspannter: