Er darf endlich gehen: Der Abluftkamin, der nie in Betrieb war. ©barfi.ch
Er darf endlich gehen: Der Abluftkamin, der nie in Betrieb war. ©barfi.ch
  • Andreas Schwald
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Sinnlos, nutzlos und endlich fällig: Der Erlenmatt-Turm kommt ab Sommer weg

Der Abluftkamin an der Erlenmatt steht seit Anbeginn seiner Zeit nutzlos in der Gegend: 1995 gebaut, war er nie – wirklich gar nie – in Betrieb. Jetzt kommt der Turm endlich weg. Die Ausschreibung für den Abbruch läuft, eine Begehung ist schon am 5. April.

Das Ding ist der manifestierte Inbegriff reiner Sinnlosigkeit: 53 Meter hoch ragt der Turm aus armiertem Beton mit Stützen über das neue Erlenmattquartier im Norden der Stadt. Eigentlich wäre er ja ein Abluftkamin für den Nordtangententunnel. In Betrieb war er aber nie. Man brauchte ihn schlicht nicht. Und für diese Nutzlosigkeit hatte der Kanton in den 1990er-Jahren rund 3,5 Millionen Franken ausgegeben.

Sein Bau war eine Auflage der Umweltschutzbehörden, als 1991 der Nordtangenten-Tunnel geplant wurde. Vier Jahre später wurde der Turm errichtet. Seither steht er einfach nur da. Vor rund drei Jahren beschloss das für die Autobahnen zuständige Bundesamt für Strassen (Astra) schliesslich, dass diese Nutzlosigkeit in Turmform fallen muss. Stattdessen wird ein Lärmschutz fürs neue Erlenmattquartier hochgezogen.

Projektbeginn für Abbruch ist im Juni 2017

Ab morgen Samstag sind jetzt die Abbrucharbeiten ausgeschrieben. Der Abbruch wird über der Fahrbahn erfolgen, die nur nachts gesperrt werden kann, wie es in den Auflagen zur Ausschreibung heisst. Die Arbeiten finden direkt neben der Wohnüberbauung Erlenmatt statt. Bereits am 5. April wird die für interessierte Firmen obligatorische Begehung durchgeführt. Der Auftrag dauert ein Jahr, von Juni 2017 bis Ende August 2018. Bauherr ist nach altem Recht immer noch Basel-Stadt.

Die schiere Nutzlosigkeit des Turms wurde seit Bekanntgabe der Abbruchpläne in allen Tönen besungen. Er wurde wortreich als «Planungsleiche» bezeichnet («TagesWoche») und als «Turm der Sinnleere und Vergänglichkeit» («bz Basel»). Wegen der verbesserten Abgaswerte der Fahrzeuge zwischen Planung und Ausführung konnte er seine Tätigkeit nie aufnehmen. Im Prinzip ist er ein reines Mahnmal der Verschwendung und guten Absichten.

Einsprache abgewiesen, Bahn frei

Und das kostet den Kanton immer noch eine Stange Geld. Bereits 2014 rechnete der Kanton, dass er einen Drittel der Abbruchkosten von rund 600'000 Franken tragen wird. Geplant war damals, den Turm schon 2015 abzureissen. 

Doch sein Dasein wurde erwartungsgemäss verlängert: Eine Gruppe um den Basler Architekten Rolf Voellmin reichte Einsprache ein. Er wollte den Turm, um den sich letztlich weder Denkmalpflege noch Heimatschutz scherten, vor dem Ende schützen. Man könnte ihn zum Beispiel als Aussichtsplattform nutzen, schlug er vor, und mit einem Lift ergänzen. Der Kanton winkte schon früh ab: Nicht alles, was zur Basler Baugeschichte gehöre, könne geschützt oder stehengelassen werden.

Insgesamt fünf Millionen Franken fürs Rumstehen

Vergangenes Jahr wurde Voellmins Beschwerde vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation abgewiesen, seither steht dem Abbruch nichts mehr im Weg. Und mit der Lebensverlängerung um zwei weitere schlagzeilenreiche Jahre konnten sich die Betrachter und Abluftkanal-Liebhaber sogar noch eine zusätzliche Weile lang an der Ansicht laben. Ganz zu schweigen von den Einwohnern der Erlenmatt-Blöcke, die den Betonturm seit ihrem Einzug direkt vor der Nase stehen haben.

Zusammengerechnet mit Bau- und Abbruchkosten ergibt das also bis zu 4,1 Millionen Franken, die der Turm alle Beteiligten – also Bund und Kanton – gekostet hat. Ohne je seine Funktion zu erfüllen. Eine stattliche Summe fürs dekorative Rumstehen in der Landschaft.

Wer beim Abbruch zu viel Schmerz empfindet, kann sich nachher immer noch am Ölgemälde von Stefan Auf der Maur ergötzen, der die Denkwürdigkeit künstlerisch festgehalten hat. Oder er kann sich den kleinen Abluftkamin gleich selber basteln: Architekt Voellmin publizierte als Neujahrsgruss 2017 eine Bastelvorlage für einen Modell des Turms. Der ist zwar viel kleiner, steht dann aber ebenso nutzlos dekorativ in der Gegend herum und ist erst noch um ein Vielfaches günstiger als die Vorlage aus armiertem, millionenteurem Beton.

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Hier kann die Bastelvorlage für das Modell des Abluftkamins heruntergeladen werden: 

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