Bild: Pascal Staedeli
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  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Streit um Chemieschlamm unter Spielplatz geht weiter

Beim Spielplatz Ackermätteli im Kleinbasler Quartier Klybeck liegt Chemiemüll. Dies bestätigt auch ein ehemaliger Kantons-Mitarbeiter gegenüber barfi.ch. Recherchen legen nahe: Die Behörden wissen über den Chemiemüll nicht wirklich Bescheid.

«Das war nur ein relativ schmaler Graben für den Kläranlage-Zuleitungskanal in der Strasse, also im Altrheinweg», sagt der ehemalige Kantonsmitarbeiter M.Z. zu barfi.ch. «In diesen Baugruben sah ich Linsen mit Farbabfällen und Filterrückständen. Als sie die Kanalisationszuleitung um 1980 gebaut haben, sind sie auf massive Altlasten gestossen, den ganzen Altrheinweg entlang. Da gab es massive Altlasten aus der Frühzeit der chemischen Industrie mit farbigen Klumpen und Filterrückständen.» Liegt dieser Chemiemüll dort, wo ihn Ciba-Geigy 1988 in einen internen Plan eingezeichnet hat? Ex-Kantonsmitarbeiter M.Z. bestätigt: «Ja, das dürften in etwa diese Abschnitte sein.» Der Sondermüll liegt also auch beim Spielplatz Ackermätteli.» 

Im vierten Stock des Amtes für Umwelt und Energie arbeitet Paul Svoboda. Der Abteilungsleiter für Gewässerschutz weiss, wie belastet das ganze Gebiet rund um das Areal der heutigen Novartis und BASF ist. Der Kanton verfügt über einen beeindruckenden Plan, auf dem hunderte von Bohrstellen eingezeichnet sind, wo gemessen wird, ob chemische Verunreinigungen in den Rhein abfliessen. Auf dem Sitzungstisch liegt auch der dicke Bericht des geologischen Büros Dr. Reber aus dem Jahre 1988, der bezeichnet, dass unter dem Spielplatz Chemieschlamm liegen würde. Während Svoboda einräumt, dass bei den Aufschüttungen «einfach alles» abgelagert wurde, sagt er auch, eigentlich mache es wenig Sinn, «Chemieabfälle» vom Klybeckareal so weit zu transportieren. Woraus besteht der Chemiemüll beim Spielplatz Ackermätteli genau? Diese Antworten fehlen beim Verlassen des Amt für Umwelt noch immer.    

Chlor, Chlor 6, Arsen

Auf eine Interpellation des SP-Grossrats Sebastian Kölliker antwortete das AUE: «Bis zu einer Bohrtiefe von 6 Metern finden sich dort vorwiegend Bauschutt, Abbruch- und Aushubmaterialen, durchsetzt mit schwarzen, schlammartigen Abfällen aus der Farbstoffproduktion». Zusammen mit der Fachstellenleiterin Altlasten, Monika Schweizer, räumt Svoboda ein, dass man Chlor, Chlor-6, Arsen und Blei gemessen habe, allerdings in tiefen Konzentrationen. 

Am letzten Mittwoch zeigte sich SP-Grossrat Kölliker «nicht befriedigt» von der Antwort auf seine Interpellation. Er zeigte sich etwa enttäuscht darüber, dass sich die Regierung auf einen Bericht stütze, der über 20 Jahre alt sei. Svoboda und Schweizer weisen darauf hin, dass bei Messungen aus dem Jahre 2003/2004 im Abstrom des Grundwassers auf der Höhe des Ackermätteli-Spielplatzes keine problematischen Stoffe aufgetaucht seien. Auch was den Spielplatz selbst angeht, sieht man auf dem Amt für Umwelt und Energie keine Probleme. Die leicht löslichen Stoffe seien längst ausgewaschen und falls noch Altlasten unter dem Spielplatz liegen würden, so liege das belastete Material in vier bis fünf Metern Tiefe. 

«Chemiemüll bei Spielplatz geht nicht»

Bei einer Aktion mit Totenköpfen und Schutzanzügen gestern Nachmittag machte Greenpeace auf die Situation beim Spielplatz aufmerksam. Die Sprecherin Zoe Roth fordert, es könne nicht toleriert werden, dass unter einem Kinderspielplatz möglicherweise giftiger Chemiemüll die Gesundheit der Bevölkerung gefährde. Greenpeace fordert deswegen eine «sofortige Sanierung» des Geländes. Auch der Geschäftsführer der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz, Martin Forter, ist nicht zufrieden: «Ob das Amt für Umwelt tatsächlich über detaillierte Untersuchungen verfügt? Oder die verantwortlichen Firmen BASF und Novartis? Wir bezweifeln das, da sie bis heute nichts Konkretes offen gelegt haben. Klar ist aber: Chemiemüll bei einem Kinderspielplatz, das geht gar nicht.»

Der Altrheinweg und der Spielplatz Ackermätteli liegen auf öffentlichem Grund. Da der Boden durch Beton versiegelt sei, bestehe keine Gefahr, antwortete die Regierung letzte Woche auf die Anfrage Köllikers und berief sich auf die Altlastenverordnung. Im Quartier zeigte sich gestern Nachmittag dagegen die Besorgnis der Bevölkerung. Auch wenn der Chemiemüll weit unten ist, so richtig wohl ist niemandem mit dem Gift unter dem Spielplatz.

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