Regierungsrat Hans-Peter Wessels im Regen: Harte Kritik am Baudirektor wegen BVB-Affäre. Bild: Keystone.
Regierungsrat Hans-Peter Wessels im Regen: Harte Kritik am Baudirektor wegen BVB-Affäre. Bild: Keystone.
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Tramaffäre: Hexenjagd auf Regierungsrat Hans-Peter Wessels

Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates kritisierte Baudirektor Hans-Peter Wessels hart dafür, dass er die Basler Verkehrsbetriebe nicht in den Griff bekommt. Sogar Rücktrittsforderungen wurden laut. Bei genauerem Hinsehen wird schnell klar, dass die Fehler aber weit mehr in den Versäumnissen der Vergangenheit liegen.

«Mir geht es nicht gut», sagt Regierungsrat Hans-Peter Wessels heute Morgen im neuen Medienzimmer des Basler Rathauses. Kein Wunder, der Baudirektor war im Geschäftsprüfungsbericht des Grosses Rates ganz schön unter die Räder gekommen. SP-Parteikollege und Kommissionspräsident Tobit Schäfer hatte Wessels scharf kritisiert. Immer mehr werden die Basler Verkehrsbetriebe für den Regierungsrat zum Karriereknick. Nach der Veröffentlichung des Berichts forderten die bürgerlichen Parteien, Wessels solle das Dossier an einen Regierungskollegen abgeben oder sogar zurücktreten.

Dass der 55-Jährige St. Galler Doktor der Biochemie die Breitseite abkriegt, ist Teil des politischen Spiels. Fair ist die Hexenjagd deswegen nicht. Während Wessels seit rund acht Jahren regiert, wurden die Basler Verkehrsbetriebe erst vor elf Jahren zum «öffentlich-rechtlichen Betrieb». Bis dahin waren unter der Leitung von Urs Hanselmann und Georg Vischer die Drämmli eben noch Drämmli gewesen. Zwar drohte 2012 die Pensionierung von 70 Prozent der Mitarbeitenden, keine einzige Schiene war je saniert worden, noch hatte man je einen Beschaffungsauftrag öffentlich ausgeschrieben, dafür lancierte man den schnuckeligen BV-Bär und beschwor die Drämmli-Nostalgie. Es war ruhig und es war gut, aber es konnte nicht so bleiben.

Verkrustete Strukturen

In der Ära Gudenrath sollte alles besser werden. Der Leiter eines Kurierdienstes trat an, um die verkrusteten Basler Verkehrsbetriebe zu reformieren. Sofort brach der kantonale Röstigraben auf. Die Trambeschaffung wurde zum Stolperstein. In der Schlammschlacht zwischen städtischen und ländlichen Verkehrsbetrieben gewann schliesslich BLT-Direktor Andreas Büttiker. Die Führungscrew wurde ausgewechselt und vom BV-Bär sprach niemand mehr. Es sollte aber nicht besser werden. Der neue starke Mann war Jürg Baumgartner. Schon bei seiner Tätigkeit bei den Züricher Verkehrsbetrieben hatte er durch die Belästigung von Frauen auf sich aufmerksam gemacht. Es kam, wie es kommen musste. Die Basler Verkehrsbetriebe hatten schon 2013 ihren nächsten Skandal.

Mit Paul Blumenthal holte die Regierung schliesslich einen SBB-Mann als Verwaltungsratspräsidenten. Mit seiner Erfahrung sollte der Manager die Basler Verkehrsbetriebe endlich aufs Gleis bringen. Schnell wurde auch er angeschossen. Er sei ein «Teilzeitmanager» mit wenig Verständnis für die «Drämmler». Das Projekt «Avanti», das die Verkehrsbetriebe endlich in die Gegenwart führen sollte, war von Anfang an bei den rund 1'200 Mitarbeitenden umstritten.

Wessels gesteht Fehler ein

«Das war ein grober Fehler», sagt Hans-Peter Wessels. Schliesslich war es der Regierungsrat selbst, der mit der «Frankreich-Million» für Unruhe sorgte. Vor vier Jahren versprach er St. Louis eine Million Franken, ein Zustupf an die Finanzierung einer Park'n'Ride-Anlage. Viel hat sich Wessels dabei wohl nicht überlegt. Aber er sagt heute: «Damals ging es vor allem darum ein 87-Millionen Projekt zu ermöglichen und das Zusammenwachsen der Region zu fördern.» Unterdessen wird die Verlängerung des Dreiers gebaut. Aber der Zoff um die französische Million blieb. Zwar kann der Regierungsrat belegen, dass die Zusicherung des Geldes auf der Webseite des Projekts immer aufgeführt gewesen sei, er also nichts habe verheimlichen wollen.

Mit der Veröffentlichung eines weiteren Sonderberichtes zu den BVB fuhr das Parlament dem Baudirektor tüchtig an den Karren. Von einem «absurden Vorgehen» war da die Rede, von Widersprüchen und mangelnder «Governance» und «Compliance». Heute Morgen im Rathaus war dem angeschossenen Baudirektor klar, dass er sich die Vorwürfe gefallen lassen muss. Immerhin meinte er, dass ihn die eigene Partei mit SMS und guten Worten unterstützt habe.

Intrigen und Ränkespiele

Allerdings muss Wessels schon länger klar sein, dass er als verantwortliche Regierungsperson, das Opfer einer Vielzahl von Ränkespielen ist. So sorgt die Frankreich-Million nicht zuletzt für Diskussionen, weil der Verwaltungsrat der Verkehrsbetriebe sich nicht um das Geschäft gekümmert hat. Auch für die Belästigungen und die Umsetzung «Avanti-Strategie» ist Wessels nicht verantwortlich. Der Baudirektor kann auch nichts dafür, dass Hanselmann und Vischer zwar leidenschaftliche Drämmler waren, aber nie ein Gleis erneuern liessen.

Und obwohl es manche gerne so haben möchten: Wessels ist auch nicht für den Eurokurs und den Einkaufstourismus mit dem Achter verantwortlich. Mit dem Eingeständnis des Fehlers mit der «Frankreich-Million» hat Wessels Grösse gezeigt. Am Ende des Tages übernimmt er die Verantwortung für eine gute Sache. Denn mit der Verlängerung des Dreiers nach St. Louis wächst die Region endlich näher zusammen. Auch daran ist er Schuld: Hans-Peter Wessels.

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