Alle drei Varianten dieser Marke enthalten den Wirkstoff Triclosan – obwohl er umweltschädlich und gefährlich ist. ©barfi
Alle drei Varianten dieser Marke enthalten den Wirkstoff Triclosan – obwohl er umweltschädlich und gefährlich ist. ©barfi
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Trotz ärztlicher Verbotsforderung: Coop verkauft auch in Basel weiterhin Zahnpasta mit gefährlichem Wirkstoff Triclosan

Der Stoff heisst Triclosan und er ist ein Biozid. Er tötet also lebende Wesen. Deshalb wird er als Desinfektionsmittel gebraucht – aber unerklärlicherweise auch in diversen alltäglichen Kosmetika. Völlig unnötig, sagen auch Basler Ärzte und Wissenschaftler, und fordern ein Verbot des potenziell brustkrebsfördernden Stoffes. 

Sie steht bei Coop und anderen Grossverteilern zuvorderst im Regal und wird sogar durch Rabatt-Aktionen in Mengen verkauft: Einige Zahnpasten der Marke «Colgate», die besonders guten Schutz für Zähne bieten sollen. Was aber nur ganz klein auf der Tube steht: Die Paste enthält den gefährlichen Wirkstoff Triclosan (barfi.ch berichtete). Dieses Biozid wird eigentlich als Desinfektionsmittel genutzt, wird aber auch in diversen Kosmetika verwendet. In der Zahnpasta also genau so wie im Aknemittel der Schweizer Marke «Louis Widmer».

Völlig unnötig, sagen Ärzte und Wissenschaftler. In der internationalen Wissenschaftszeitschrift «Environmental Health Perspectives» fordern Mediziner und Forscher jetzt ein weltweites Verbot der Substanz. Darunter die Schweizer Organisation «Ärztinnen und Ärzte für die Umwelt», deren Geschäftsführer der Basler Martin Forter ist. Triclosan ist hormonell wirksam, kann die Haut reizen und es besteht der Verdacht, dass sie Brustkrebs fördern kann. Zudem baut sich der Stoff in der Umwelt sehr schlecht ab und gelangt über die Nahrungskette zurück zum Menschen. 

Auf Anfrage schreibt die Medienstelle von Coop: «Bei Triclosan handelt es sich um einen behördlich zugelassenen Wirkstoff. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen dessen Unbedenklichkeit in Zahnpasta.» Daher bleibe die Zahnpasta bis auf Weiteres im Sortiment. Die Produktesicherheit habe für Coop aber «sehr hohe Priorität»: «Deswegen orientieren wir uns laufend an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vor diesem Hintergrund werden wir die Diskussion um die erwähnte Colgate-Zahnpasta intensiv weiter verfolgen.»

Die Verwendung in Kosmetika macht gar keinen Sinn

Eigentlich ist die Verwendung des Stoffs in der Schweiz seit Anfang 2017 teilweise verboten. Allerdings nur bei Putzmitteln oder Kleidungsstücken. In Kosmetika wie besagtem Aknemittel und eben der Zahnpasta ist der Stoff noch rege in Gebraucht. «Unnötig» sei diese Verwendung, das sagt auch Stephan Krähenbühl, Chefarzt Klinische Pharmakologie und Toxikologie am Universitätsspital Basel. «90 Prozent der Belastung durch Triclosan entsteht durch dessen Verwendung in Kosmetikprodukten», so Krähenbühl gegenüber barfi.ch. Dabei mache Triclosan in der Kosmetik eigentlich keinen Sinn, weder als Desinfektionsmittel noch als sonstiger Wirkstoff.

«Würde Triclosan nicht mehr in Kosmetika verwendet, verschwände damit der allergrösste Teil der Belastung», sagt der Toxikologe. Tatsächlich könne der Stoff für Reizwirkungen sorgen, wobei der Verdacht auf krebserregende Wirkung beim Menschen noch nicht erhärtet sei. Die restlichen 10 Prozent Belastung durch Triclosan würden dann noch durch dessen eigentliche und wirksame Verwendung als Desinfektionsmittel bestehen. «Insofern macht die Forderung des Verbots der Anwendungen ausserhalb der Medizin Sinn.»

Ärzte erhöhen Druck, Bundesrat handelte ungenügend

Die Debatte läuft schon seit einigen Jahren in der Schweiz, mit der aktuellen Publikation im Fachjournal hat sie neue Dynamik erhalten. Bereits 2015 forderte der damalige Grüne Ständerat Luc Recordon Auskunft zu Triclosan. Er wurde auf das mittlerweile in Kraft getretene Teilverwendungsverbot verwiesen, die übrigen Regeln hielt der Bundesrat für genügend.

Die Ärzte und Forscher tun das aber nicht. Sie fordern weiterhin das radikale Verbot für die Verwendung von Triclosan in Kosmetika und ähnlichen Waren des täglichen Gebrauchs. Wegen der Umwelt, die dadurch belastet wird, aber vor allem für die Gesundheit der Menschen: Wer sich unbedacht mit durchsetzten Produkten wie gewissen Zahnpasten versorgt, setzt sich einem Risiko aus, das gemessen an den Warnungen nicht tragbar ist.

--
Update Freitag, 23. Juni 2017, 12.00: Um nachgelieferte Antwort von Coop ergänzt.