Foto: Patrik Tschudin / flickr
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Universitätsspital: Kontroverse um besten Zeitpunkt für Antibiotikaprophylaxe ist beendet

Das Hin und Her ist vorbei: Nun herrscht Klarheit, wann vor einem chirurgischen Eingriff der optimale Zeitpunkt für die Verabreichung von Antibiotika ist. Eine neue Studie zeigt, dass das ganze Zeitfenster von einer Stunde vor dem Hautschnitt geeignet ist, um chirurgische Wundinfektionen zu vermeiden. Die grosse randomisierte Studie ist unter Federführung des Universitätsspitals Basel entstanden und wurde soeben in der wichtigsten Fachzeitschrift für Infektionskrankheiten «The Lancet Infectious Diseases» publiziert.

Wunden, die sich nach einem chirurgischen Eingriff infizieren, sind nicht nur für die davon betroffenen Patientinnen und Patienten, sondern auch für das Gesundheitswesen eine enorme Belastung. Das Risiko einer Wundinfektion reduziert sich, wenn der Patientin oder dem Patienten vor dem Eingriff eine Einzeldosis Antibiotika gegeben wird. Weltweit wird diese Präventionsmassnahme vor den meisten Operationen routinemässig angewendet. Die zeitlich korrekte Applikation der Antibiotikaprophylaxe ist international ein wichtiges Qualitätskriterium für gut durchgeführte Operationen.

Bisher blieb allerdings unklar, wann genau der optimale Zeitpunkt für die Verabreichung der Prophylaxe ist. Gerade in jüngerer Vergangenheit kamen mehrere Studien zum Schluss, dass die Prophylaxe spät, am besten unmittelbar vor dem Hautschnitt gegeben werden sollte. Dies haben einige Richtlinien bereits übernommen, obwohl es im klinischen Alltag sehr schwierig ist, diese Empfehlung umzusetzen. Andere Untersuchungen ergaben schon vor Jahren, dass die Prophylaxe eher früh verabreicht werden sollte, nämlich mindestens 30 Minuten vor dem Hautschnitt. Nun räumt eine grosse randomisierte Studie alle Unklarheiten aus dem Weg: Die Studie kommt zum Schluss, dass für die Verabreichung der Antibiotikaprophylaxe das ganze Zeitfenster von einer Stunde vor dem Hautschnitt geeignet ist.

Forderung der WHO erfüllt

«Die Studie beendet eine jahrelange Debatte, ob die Antibiotikaprophylaxe früh oder spät vor dem Hautschnitt verabreicht werden soll», erklärt Studienleiter Prof. Walter Weber, Chefarzt Brustchirurgie des Universitätsspitals Basel (USB) und Professor der Universität Basel. Die definitive Klärung dieser Kontroverse hat direkte Auswirkungen auf den klinischen Alltag aller Spitäler mit chirurgischen Abteilungen, weil nun auf weitere Anstrengungen zur Einhaltung eines engeren Zeitfensters verzichtet werden kann. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte im vergangenen Jahr dazu aufgefordert, mit einer grossen randomisierten Studie diese Klärung herbeizuführen.

Die neue Studie, die vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt wurde, ist unter Federführung des USB zusammen mit dem Kantonsspital Aarau (KSA) (Prof. Walter Marti) und der Universität Bern (Prof. Marcel Zwahlen) geplant und durchgeführt worden. In den Spitälern in Basel und Aarau nahmen total 5‘580 Patientinnen und Patienten an der Studie teil. Verglichen wurde die Wirksamkeit der frühen und der späten Verabreichung der Prophylaxe. Es zeigte sich, dass zwischen den beiden Zeitfenstern in Bezug auf das Wundinfektionsrisiko kein signifikanter Unterschied besteht. Sowohl am USB wie auch am KSA haben die Kliniken Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefässchirurgie, Traumatologie, Anästhesie sowie Infektiologie und Spitalhygiene an der Studie mitgewirkt. Die Studienergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift «The Lancet Infectious Diseases» publiziert.