Bilder: Keystone / Pixabay / Montage: Mira Lachmann
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  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

+++Update ++ Basler Regierung: Sex, Autos, "symbolische" Millionen

Wenn die abtretende Basler Regierung auf die letzten vier Jahre zurückschaut, könnte sie eigentlich stolz sein: Super-Finanzen, eine schöne, blühende Stadt mit einer zufriedenen Bevölkerung. So die offizielle Wortwahl von den Wahlen. Jetzt wird die Arbeit dieser Regierung jedoch in Frage gestellt. Die jüngsten Unregelmässigkeiten bei den Basler Verkehrsbetrieben werfen nach dem Polizeiskandal einen dunklen Schatten auf das ganze Gremium

Lange war er geheim, der Bericht der Finanzkontrolle zum Wirtschaften bei den Basler Verkehrsbetrieben. Wer ihn liest, versteht plötzlich, warum dies so war. Die Fragen, die aufgeworfen werden, sind brisant. Die Basler Regierung hat das offensichtlich nicht gekümmert. Wie neue Vorwürfe in der Basler Zeitung zeigen. Inzwischen ist der Bericht öffentlich und Regierungsrat Hans-Peter Wessels hat eingestehen müssen, er habe dem französischen Projektvertreter Alain Girny, Président de la Communauté des Communes des Trois Frontières, eine «symbolische» Million Euro mündlich versprechen müssen, um «auf Augenhöhe» mit ihm verhandeln zu können. Allerdings sei der Betrag nicht wegen den Verhandlungen gesprochen worden, sondern um das Projekt anzuschieben, stellt das Baudepartement richtig. Auch sei der Betrag nicht Gegenleistung gesprochen worden, da ja eine Tramlinie gebaut werden. Inzwischen wurde auch der Vertrag nachträglich ausgestellt.

Augenhöhe hin oder her. Der Bericht der Finanzkontrolle hält schon auf Seite vier fest: «Im Weiteren stellen wir fest, dass sich die BVB im Zusammenhang mit der Tramverlängerung der Linie 3 nach St. Louis verpflichtet hat, an die Nachbargemeinden «Communaute d’Agglomeration des Trois Frontieres» EUR 1 Mio. zu bezahlen. Es ist nicht dokumentiert, wie sich diese EUR 1 Mio. zusammensetzt und welche konkrete Gegenleistung vereinbart wurde». Brisant wird der Bericht darum, weil diese Finanzaufsichtsprüfung der Regierung schon im November vorgelegen haben muss. Das wäre genügend Zeit, um die aufgeworfenen Fragen zu bearbeiten.

Im Zeichen der Harmonie

Im Zeichen der Harmonie hat offenbar keiner der Regierungskollegen bei Baudirektor Hans-Peter Wessels nachgefragt, was da bei den Basler Verkehrsbetrieben eigentlich los sei. Heute Morgen giesst die Geschäftsprüfungskommission (GPK) weiteres Öl ins Feuer. Kommissionpräsident Schäfer schreibt in einer Medienmitteilung seine Kommission untersuche schon seit einigen Monaten die BVB und prüfe «verschiedene Vorkommnisse». Damit stellt die Kommission in den Raum, dass noch mehr Probleme auftauchen könnten. Aus dem Pendlerfonds soll Regierungsrat Wessels weitere 882'000 Franken dem Elsass versprochen haben, wie die BaZ dem Regierungsrat vorwirft, die nirgends dokumentiert worden waren. Nachdem Basel-Stadt zwei Millionen für ein Park & Ride-Parkhaus in St. Louis aus diesem Fonds gesprochen hat, habe Wessels die zusätzlichen 882'000 Franken wieder eigenmächtig dem Elsass versprochen, ohne dies im entsprechenden Ratschlag an das Parlament transparent zu machen. Unterdessen hat das Baudepartement reagiert und konnte die Vorwürfe der Basler Zeitung entkräften. Zu allen Beiträgen aus dem Pendlerfornds gebe es Regierungsbeschlüsse. Die Beiträge seien vollständig dokumentiert, nicht zu letzt auf der Webseite zur Verlängerung der 3er-Linie und auch im Agglomerationsprogramm des Bundes. Fraglich bleibt trotzdem, warum die Reaktion so spät erfolgt. Nicht nur geraten die Basler Verkehrsbetriebe in ein schlechtes Licht, auch Regierungsrat Wessels, der viel Verantwortung für viele grosse Projekte trägt, gerät immer wieder unnötig ins Kreuzfeuer.

Die Gesamtregierung schweigt unterdessen immer ohrenbetäubender. Klar, in elf Tagen hat sie ihre Dienstzeit überstanden. Ähnlich stumm hat sich die Regierung auch in den turbulenten Herbsttagen verhalten, als im Polizei- und Justizdepartement ein Skandal auf den anderen folgte. Regierungsrat Baschi Dürr fuhr einen Dienst-Mercedes und gab ihn erst nach öffentlichen Vorwürfen zurück. Seine Polizeikader liessen sich von ihren untergebenen Polizisten bei der Rückkehr von den Ferien abholen, oder spulten privat Kilometer mit einem Dienstfahrzeug auf Kosten des Steuerzahlers ab. Am Ende setzte im Oktober ein Sexskandal unter Polizisten der ganzen Affäre die Krone auf.

Regierung schaut weg

Die Vorfälle bei der Polizei und bei den Basler Verkehrsbetriebe waren schon eine Zeit lang vor den Gesamterneuerungswahlen in der Luft gelegen. Der Regierung war das aber damals schlicht egal. Sicher, der abtretende Christoph Eymann war schwer beschäftigt damit, sein Erbe – die Erneuerung der Basler Schulen – zu zementieren. Stadtpräsident Guy Morin hatte mit dem Projekt der Kaserne und dem neuen Kunstmuseum alle Hände voll zu tun. Da wäre dann noch Eva Herzog. Ihr Departement kämpfte mit der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III. Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger betreut das Grossprojekt der «regionalen Spitalgruppe» und hat auch keine Zeit dafür zu schauen, was seine Kollegen so machen. Christoph Brutschin derweil lag wegen den Firmen am Euro-Airport im Steuerstreit mit Frankreich, kümmerte sich um den Rheinhafen und startete zusammen mit Sozialhilfe-Chefin, Nicole Wagner eine der unzähligen Reformen der Basler Sozialhilfe. 

Planet Regierung

Ein volles Programm für die Basler Regierung also. Daneben hat natürlich auch das Parlament seine Ideen und unzählige Anträge müssen in ihren Departementen beantwortet werden. Dennoch sollte die Regierungssitzung am Dienstagmorgen nicht nur ein Kaffeekränzchen mit Staatsschreiber sein. Eine Regierung ist ein dem Allgemeinwohl verpflichtetes Kollegium. Aber auch Kollegen sollten die offene Diskussion untereinander nicht scheuen.

Eine Regierung besteht aus sieben Menschen. Menschen machen Fehler und sie dürfen das auch. Das Wegschauen der Regierungskollegen bei Justiz-und Polizeidirekor Baschi Dürr und Baudirektor Hans-Peter Wessels ist aber ein schlechtes Zeichen. Es zeigt, dass sich die Basler Regierung gegen Aussen abgeschottet hat und in ihrer eigenen Regierungswelt gelebt hat. Obwohl die neue irgendwie auch die alte Regierung geblieben ist, bleibt zu hoffen, dass das ab dem 8. Februar nicht mehr so bleibt.

+++Update+++: Dieser Artikel wurde am 27.1.2017 um 10.40 aktualisiert.

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