Links der Zugang zum Bahnhof SBB von der Margerethenbrücke her, rechts die Postpasserelle. ©Alle Fotos barfi
Links der Zugang zum Bahnhof SBB von der Margerethenbrücke her, rechts die Postpasserelle. ©Alle Fotos barfi
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Verschupft und leider hässlich: Die Zugänge zum Bahnhof SBB, die kaum jemand nutzt

Kampf auf der Passerelle? Das muss nicht sein: Der Bahnhof SBB hat heute schon zwei weitere Zugänge zu den Gleisen: Die Margarethenbrücke im Westen und die Postpasserelle im Osten. Nur sind die so hässlich, verschupft und lieblos hingestellt, dass sie kaum jemand nutzt. Dabei könnten sie die Passerelle durchaus entlasten.

So siehts von der Brücke her aus: Der betriebsbereite Zug ist ganz hinten im Bild.

Jeden Tag dasselbe und zu Stosszeiten ist es auf jedem Meter so richtig unangenehm: Die Basler Bahnhofspasserelle, Hauptzugang zu den Gleisen, ist chronisch überlastet. Das sagen sogar die SBB selbst. Doch statt mit der Öffnung der immer noch bestehenden Unterführung Entlastung zu schaffen oder andere Sofortmassnahmen zu treffen, wartet man. Und wartet. Und plant weit in die Zukunft, während die Pendler jetzt schon rempeln.

Dabei hat der Bahnhof SBB noch zwei weitere Zugänge. Für knapp eine Million Franken haben die SBB vor vieren Jahren auf Wunsch der Kantone Basel-Stadt und Baselland Treppen von der Margarethenbrücke zu den Gleisen 14 bis 17 gebaut. Architektonisch eine gelungene Ausführung – stiefmütterlicher geht allerdings nicht. Es ist, als hätte man einfach die Treppen platziert und einen Papieraushang für den Fahrplan hingestellt und fertig. Nicht mal eine Uhr ist vorhanden. Zudem ist der Zugang auch nicht gerade bequem: Man kommt nur von einer Seite der Margarethenbrücke zu den Gleisen und nur zu den hintersten zwei. Ist man mal unten, geht es immer noch zig Meter zu Fuss und ohne Witterungsschutz nach vorne zu den Zügen.

Hundert halbgare Ideen, aber wenig Lust

Immerhin: Imposante Aussicht auf die Bahnhofsarchitektur.

Die zweite Zugangsleiche ist die Postpasserelle. Gebaut in den 1970er-Jahren, rostrot, wuchtig und im wüsten Stil des damals grassierenden Brutalismus, gehört sie zum Postgebäude. Das ist aber selbst schon lange renovationsbedürftig. Seit Jahren denken Planer und Architekten an einer neuen Nutzung herum, vorwärts geht nichts; so gammelt auch diese Passerelle vor sich hin. Die Patina der Jahre ist ebenso rostig wie der Bau, die Treppen sind steil und eigentlich lohnt es sich hier nur durchzugehen, um vom Gundeli zur andern Seite des Bahnhofs zu kommen. Von einer unbelebten Ecke des Gundeli zu einer weitgehend toten Ecke auf der anderen Seite des Bahnhofs, wohlgemerkt.

Derweil grübeln Kanton und SBB am Meret Oppenheim-Platz herum, auf dem jetzt schon ein hübsches Hochhaus von «Herzog & de Meuron» entsteht. Auch hier mischen sich Planer ein, fordern eine parallele Passerelle, direkt entlang der bestehenden, die Visualisierungen kommen aus dem gleichen Büro wie die vom «Central Park», einem privat lancierten Projekt, das den ganzen Bahnhof SBB hätte überspannen sollen, aber nie auch nur den Hauch einer Realisierungschance hatte.

Achtung Vision! Margarethenplatz statt Brücke – irgendwann?

Skizze von Pierre de Meuron für einen Margarethenplatz mit Überdachung der Perrons.

Star-Architekt Jacques Herzog, der sich anno 2013 noch öffentlich Gedanken über die Zukunft des Postgebäudes gemacht hatte, hat jetzt schliesslich sein eigenes Hochhaus erhalten. Bleibt noch CVP-Grossrat Oswald Inglin, der unablässig die Gebetsmühle zur «Personenunterführung (PU) West» am Kreisen hält, obwohl er an jeder noch so kleinen Veranstaltung zum Thema von den SBB aufs Neue vertröstet wird.

Aber auch hier wollen «Herzog & de Meuron» ein Wörtchen mitreden. Anlässlich der Planungen zum Projekt «Herzstück» hat Pierre de Meuron bereits eine Möglichkeit skizziert: Die heute weitgehend vom Verkehr genutzte Brücke mit dem verschämten Gleiszugang soll ein Platz werden. Gross, ausladend, ein Pendant zur heutigen Passerelle. Das würde die PU West endgültig abschiessen. Nur: Das ist bis jetzt nur eine Skizze, wenn auch eine von Pierre de Meuron. Mit jeder neuen Idee und jeder aktuellen Vision, rückt eine vernünftige Besserung der Situation für Jahrzehnte in die Ferne. Oder wird so lieblos hingestellt wie die Treppe am hintersten Gleiszipfel.

Politische Planspiele statt sinnvolle Sofortmassnahmen

Abwärts zu den Zügen, Blick Richtung Osten.

Einer, der den Brückenzugang regelmässig nutzt, ist ein junger Basler Lehrer. Er unterrichtet in Münchenstein und fährt regelmässig mit der S3 zur Arbeit. Eigentlich ein zufriedener Kunde der SBB, der sich aber an den Kundendienst gewandt hatte: Ob es nicht mindestens möglich wäre, eine Uhr aufzustellen? Oder elektronische Fahrgastinformationen? Erst erhielt er keine Antwort. Nach langer Wartezeit und Nachhaken vertröstete man ihn mit der Begründung, es laufe sehr viel mit den Projekten rund um den Meret Oppenheim-Platz, aber besten Dank für die Rückmeldung, sie würde weitergeleitet. Seither ist nichts mehr passiert. Der Inhalt des Schriftverkehrs liegt barfi.ch vor.

Tatsächlich sind die SBB derzeit mit den Arbeiten am Bahnnhof ausgelastet. Sie sanieren den Westflügel, weshalb der Migros in der Bahnhoshalle Bananen im Provisorium verkauft und die Neugestaltung des Meret Oppenheim-Platzes, ebenfalls nach Plänen von «Herzog & de Meuron» materialisiert sich langsam in der Umsetzungsphase. Während im Sandkasten der grossen Visionen aktuell munter an einem Bahnhof für die Bedürfnisse der Zukunft geschraubt wird, bleibt aber einer auf der Strecke: Der Pendler. Und von denen gibt es am Bahnhof mehr als genug, bis zur Überlastung. Sie dürfen sich mit Planungsleichen der Vergangenheit herumschlagen – oder mit kaum attraktiven, weil lustlos hingestellten Sofortmassnahmen wie der Treppe zum Ende der Basler Gleise.