• Nathan Leuenberger / barfi
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Verzeihung, dass ich noch lebe. In Basel ist das letzte Lebensjahr am teuersten.

Wie heisst es doch so (un)schön: Nur der Tod ist gratis und selbst der kostet das Leben. Von wegen umsonst sterben, der letzte Lebensabschnitt ist der teuerste. Nun spricht der neue Präsident der Medizinakademie, Daniel Scheidegger unbeliebten Klartext: In der Schweiz wird zu oft unnötig therapiert. So zu sterben ist sehr teuer und schlägt sich auf die Krankenkassenkosten nieder – somit auf die Staatskasse und das Portemonnaie jedes einzelnen Prämienzahlers. Basler sind wieder einmal Nummer Eins, doch diesmal gibt es keinen Grund stolz zu sein. Hier zu sterben ist statistisch betrachtet in der gesamten Deutschschweiz am teuersten. Gleich ganz anders sieht es bei den Nachbarn im Baselbiet aus. Dort spielt im letzten Lebensjahr nicht der Aufenthalt im Kanton, sondern der Gemeinde eine grosse Rolle. 

Gespräche über Krankenkassen, ohne das jährliche Gejammer über zu hohe Kosten, gibt es nicht. Zu Recht. Krank sein, können sich bald nur noch Gutbetuchte leisten, das hat auch starken Einfluss auf die letzte Zeit vor dem eigenen Tod. So untersuchte die Uni Bern landesweit 113'277 Todesfälle seit den Jahren 2008 und eruierte die Kosten der letzten 12 Monate im Leben eines Menschen für die Kassen. Regionale Unterschiede ergaben sich zum Teil durch unterschiedliche Behandlungen und deren Preise. Der Detailvergleich zwischen den einzelnen Kantonen und Regionen erschreckt. Ein Beispiel dafür sind die Nachbargemeinden Reinach und Münchenstein: Sterben in Reinach kostet die Krankenkassen massiv mehr als bei den Nachbarn in Münchenstein. Diese Unterschiede stellten selbst die Wissenschaftler, welche die Studie verfasst haben, vor ein Rätsel. Gesamtschweizerisch waren Abweichungen, vor allem entlang der Sprachgrenzen, auffällig.

Im Baselbiet sucht Rolf Wirz von der Gesundheitsdirektion Baselland nach Erklärungen: «Wenn jemand bis zum Lebensende zu Hause wohnt, dann verursacht das Kassen und Staat bestimmt weniger Kosten als jemand, der eine jahrelange Krankengeschichte mit Arztbesuchen und Spitalaufenthalten durchlitten hat.» Eine Häufung von «teuren» Fällen schlägt sich zwangsläufig auf die Gesamtkosten nieder. Sehr wahrscheinlich müsse man sich auch im Kanton Baselland generell auf höhere Krankenkassenprämien gefasst machen.

«Erstaunlich ist insgesamt, dass die höhere medizinische Betreuung in der Westschweiz und den städtischen Regionen nicht zwangsläufig zu einer höheren Lebenserwartung und zu einer subjektiv höheren Lebensqualität führt», meint Krankenkasse-Experte Felix Schneuwly von comparis.ch. Aus seiner Sicht seien die Krankenkassenpreise, nicht nur am Lebensende, vor allem in der Romandie beträchtlich höher, da dort vermehrt auf teure Spitzenmedizin gesetzt werde und Patienten weniger Mitspracherecht bei der Behandlung hätten. Dies könne so auch direkt auf die Situation in der Region projiziert werden: «Da sieht man gut, dass die Menschen in stadtnahen Gemeinden eher zum Beispiel den längeren Weg ins Unispital gehen um sich behandeln zu lassen. Die verursachten Kosten werden dann trotzdem im Heimatort erfasst.»

Obwohl die Statistik der Uni Bern sich auf die Krankenkassenkosten am Lebensende konzentriere, seien starke Parallelen zu den normalen Krankenkassenkosten gesunder Prämienzahler vorhanden: «Da sehen wir nun auch, wie Baselland schnell aufholt was die Versicherungskosten betrifft», erklärt Schneuwly. Doch noch zahlen die Baselbieter deutlich weniger als ihre Nachbarn in Basel-Stadt, wo mit Abstand im Vergleich mit dem Rest der Schweiz am tiefsten in die Tasche gegriffen werden muss. Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen - weshalb wohl?

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