Die heutigen Regierungsräte haben ihn auf jeden Fall, den «goldenen Fallschirm». Die Basler Alt-Regierungsräte sind jedoch fleissiger als man denkt. Bilder: Keystone/GLP, Montage Nathan Leuenberger
Die heutigen Regierungsräte haben ihn auf jeden Fall, den «goldenen Fallschirm». Die Basler Alt-Regierungsräte sind jedoch fleissiger als man denkt. Bilder: Keystone/GLP, Montage Nathan Leuenberger
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Viel Streit, aber überschaubare Kosten: Die Ruhegehälter der Basler Regierung

Anfang März muss Basel-Stadt wieder abstimmen: Über vegane Ernährung und darüber, wieviel ein Regierungsrat nach seiner Amtsabgabe bekommen soll. Dabei kommt die Abstimmung wohl fast teurer als die letztes Jahr ausbezahlten 300'000 Franken.

Mit einem Satz hatte der Basler Alt-Regierungsrat Hanspeter Gass 2012 für mehr Wirbel gesorgt als in den sechs Jahren, in denen er in der Regierung sass. Der etwas glücklos agierende Justizdirektor hatte in einem Abschiedsinterview gesagt: «Ich gönne mir den Luxus der Frühpensionierung». Im Alter von 55 Jahren zog es den Speditionskaufmann in die Sonnenstube Tessin, wo er zusammen mit seiner Frau das Leben geniessen wollte.

Die Basler Steuerzahler kostete dieser an sich harmlos klingende Plan 1,7 Millionen Franken, da Gass laut damals geltender Regelung bis zur Pensionierung Anrecht auf ein Ruhegehalt hatte. Ein Schelm, wer da Böses denkt: Die in aller Unschuld gemachte Aussage sorgte für viel Streit. Zwei Jahre später verabschiedete das Parlament schliesslich eine neue Ruhegehaltsregelung. Regierungsräte sollen nach ihrem Rücktritt nur noch zehn Jahre 65 Prozent ihres Lohnes (rund 300'00 Franken) erhalten. Regierung und Parlament hatten damit die Regelung anderer Kantone nachvollzogen und dem Umstand Rechnung getragen, dass zunehmend eine jüngere Generation in die Regierung gewählt wurde.

«Populistisch»

Für Katja Christ könnte der Termin nicht besser liegen. Die grünliberale Grossrätin kämpft im Moment medienwirksam für die «Ruhegeld-Initiative». Gleichzeitig steht die umtriebige Advokatin im Wahlkampf: Sie will in Riehen Gemeinderätin werden und sie will, dass Regierungsräte nur noch drei Jahre ein Recht auf ein Ruhegehalt haben. Es sei nicht mehr zeitgemäss, dass man ihnen einen «goldenen Fallschirm» ausrichte. Wie andere auch, findet sie, sollen die Regierungsräte nach ihrer Amtszeit einen Job suchen.

«Sicher nicht», dachten sich da die Basler Sozialdemokraten, die drei Regierungsräte stellen und seit 125 Jahren «für alle statt für wenige» da sein wollen. An ihrer Delegiertenversammlung in Riehen, an die sie Regierungsschreck Katja Christ einluden, verwarfen sie die Initiative als «populistisch» und schafften es damit, dass sogar der Grünliberale Dauerkandidat David Wüest-Rudin wieder mal in die Basler Zeitung kam. In Riehen tanzte einzig Langzeit-Ständerätin Anita Fetz aus der Reihe, die sich fragte, ob es tatsächlich Aufgabe der SP sei, eine Ruhegehaltsregelung für «gutverdienende Leute» zu unterstützen. 

Wahlgeplänkel

Zu denken geben müsste die Aussage von Finanzdirektorin Eva Herzog. Die 56-Jährige wies nüchtern darauf hin, dass die Regierungsräte, die jetzt noch im Amt seien, so oder so Anrecht auf zehn Jahre Ruhegehalt hätten. Darum spräche sie sich nicht aus Eigennutz gegen die Initiative aus. Während Eva Herzog innerhalb der Partei unbestritten ist und man sie immer wieder als zukünftige Ständerätin ins Gespräch bringt, sieht es bei den Regierungskollegen Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin anders aus: So gilt Brutschin (59) schon seit Jahren als amtsmüde und er dürfte – trotz anderslautenden öffentlichen Beteuerungen – noch vor Ablauf der Legislatur zurücktreten, damit die SP einen Bisherigen für die Wahlen 2020 aufstellen kann.

Ungewiss ist die Zukunft von Baudirektor Wessels. Mit 55 ist er im besten Alter, gleichzeitig haben ihn die verschiedenen Skandale um die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) viel politisches Kapital gekostet. Dazu wird von beiden politischen Lagern angeschossen: Die Linksgrünen meinen, er reduziere den Verkehr nicht genug, die Rechten finden, er sorge für Stau. Da könnte die Partei in Versuchung geraten, ein frisches Gesicht für die Gesamterneuerungswahlen zu nominieren.

Junge Regierung

Auch Polizeidirektor Baschi Dürr (41) dürfte die Aussage von Kollegin Herzog beruhigen. Der Freisinnige schaffte die Wiederwahl nach einigen Skandalen bei der Basler Polizei nur knapp. Anders als bei den Sozialdemokraten braucht er aber innerhalb seiner Partei die Konkurrenz nicht zu fürchten. So sehr landesweit Chefin Petra Gössi auf Krawall gebürstet ist, so diskret halten sich die Freisinnigen in Basel zurück.

Zu sagen bleibt, dass die Basler Regierung tatsächlich relativ jung ist. Gleichzeitig gab Regierungssprecher Marco Greiner zu bedenken, dass das Ruhegehalt für Regierungsräte auch die Möglichkeit biete, sich im angestammten Beruf wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Denn nach Jahren in der Regierung könne da durchaus etwas Knowhow fehlen. Ein anderes Argument für die gegenwärtige Ruhegehaltsregelung ist sicherlich, dass man sich als Volk Topleute in der Regierung wünscht. Und dass diese etwas kosten, ist auch klar.

Fleissiger als man denkt

Die Beispiele der heute 62-jährigen SP-Regierungsrätin Veronica Schaller, die 2000 abgewählt wurde, und in Bern als Kulturbeauftragte arbeitete nahm das Ruhegehalt nicht in Anspruch. Auch CVP-Hoffnungsträger Carlo Conti fiel auf die Füsse. Conti trat 2014 nach einem Skandal um nichtdeklarierte Nebeneinkünfte zurück. Der 63-Jährige arbeitet als Konsulent in einer Basler Anwaltskanzlei und hält einige Verwaltungsratsmandate. 

Nicht so klar sind die Fälle der Regierungsräte Barbara Schneider und Ralph Lewin, die 2008 nicht mehr zur Wahl antraten. Der heute 64-jährige Lewin tauchte seither in einigen Verwaltungsräten auf, aber es ist nicht klar, wieviel die Mandate zu seinem Einkommen beitragen. Barbara Schneider (64) arbeitete seit ihrem Rücktritt in verschiedenen Vorständen von Kulturinstitutionen mit. Sie wurde allerdings mit 62 pensioniert. In jüngerer Zeit war es Regierungspräsident Guy Morin (61), der nicht mehr zu Wahl antrat. Auch Morin hatte keine Lust, sich aufs Altenteil zurückzuziehen und kehrte zu seiner früheren Tätigkeit als Hausarzt zurück.

Genosse Widerspruch

Für Katja Christ und die Grünliberalen ist der Abstimmungstermin ein Glücksfall. Für die Genossen der Basler Sozialdemokraten weniger. Sie verstricken sich in Widersprüche. Gleichzeitig zeigen die Beispiele, dass die Kosten der gegenwärtig geltenden Ruhegehaltsregelung für die Allgemeinheit überschaubar sind. Denn auch bei einer jungen Regierung machen nicht alle Alt-Regierungsräte vom goldenen Fallschirm Gebrauch.

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