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  • Kenneth Steiner
  • Aktualisiert am

Vorsicht: Self-Checkout bei Migros und Coop können ehrliche Kunden zu Kriminellen stempeln

Wer beim täglichen Einkaufen bei Coop oder Migros die Ware selber scannt, muss enorm aufpassen, dass er nicht ohne böse Absicht zum Dieb wird.

Self-Checkout hat viele potenzielle Vorteile, für uns Konsumenten, wie auch für die Läden selbst. Kein Wunder, erfreuen sich die Selbstbedienungskassen in Basel grosser Beliebtheit. Doch das Bezahlen ohne menschlichen Kontakt hat gefährliche negative Seiten.

Sechs von insgesamt 17 Migros Filialen in Basel verfügen über Self-Checkout-Schalter. Der Grossverteiler Coop hat sogar zehn Filialen in der Stadt. Die Ware wird vom Kunden selbst eingescannt und bezahlt.  

Self-Checkout und Diebstahl

Klar ist, Self-Checkout erleichtert Diebstahl und gibt potenziellen Langfingern gleichzeitig eine praktische Ausrede für nichtbezahlte Artikel. So können sie bei einer Kontrolle angeben, dass sie vergessen hätten, die Artikel zu scannen – oder dass die Technologie versagt habe. Eine Täuschungsabsicht könne dabei meistens nur sehr schwer nachgewiesen werden.

Und tatsächlich deutet eine Studie der Universität Leicester darauf hin, dass Self-Checkouts zu mehr Diebstählen führen könnten. Die Geräte würden Langfingern die Aufgabe teils so einfach machen, dass sie Menschen zum Stehlen verleiten, die sonst nie Diebstahl in Erwägung ziehen würden.

Doch gehen wir davon aus, dass der überwiegende Teil der Kunden von Coop und Migros ehrlich sind. Ladendiebstähle sind keine neue Erscheinung der digitalen Revolution. Was also passiert, wenn man beim Einkaufen gestresst oder unkonzentriert ist, und tatsächlich aus Versehen einen Artikel nicht korrekt einliest? Ein Beispiel des «K-Tipp» zeigt, welche Konsequenzen derartige Fehler auslösen. Einem Coop-Kunden unterlief in seiner Filiale zweimal das Malheur, dass er einen Artikel falsch bzw. gar nicht einscannte. Einmal bezahlte er 5.65 Franken zu wenig, beim zweiten Mal 3.80 Franken. Für dieses Missgeschick bekam der Kunde ein landesweites Hausverbot: jeder Besuch einer Coopfiliale ist ist ihm ab sofort streng verboten. Auf unbestimmt, sehr lange Zeit.

«Es wird von Fall zu Fall angeschaut»

Auf die Frage von barfi.ch, wie zwischen einem Versehen beim Self-Checkout und einem Diebstahl bei den Grossverteilern unterschieden wird, können weder Coop noch Migros eine klare Antwort geben. Wie Moritz Weisskopf von der Migros Pressestelle mitteilt, wird «es von Fall zu Fall angeschaut». «Da es sich um sicherheitsrelevante Aspekte handelt, kommunizieren wir keine Details», führt Weisskopf weiter aus.

Coop baut laut Mediensprecherin Andrea Bergmann vor allem auf die Ehrlichkeit der eigenen Kundschaft. «Wir gehen immer davon aus, dass unsere Kundinnen und Kunden ehrlich sind. Fehler können passieren».

Wo laut Bergmann bei Coop jede Abweichung bei den Self-Checkout Kassen von Fall zu Fall beurteilt werden, wird Moritz Weisskopf von der Migros bei diesem Aspekt etwas konkreter. «Ein einmaliges Versehen hat keine Konsequenzen. Bei Diebstahl droht eine Anzeige».

Rechtlich gibt es an und für sich keine offenen Fragen: Wer beim Self-Scanning nicht alle Artikel korrekt einliest, macht sich strafbar, der sogenannte Eventualvorsatz genügt. Problematisch bleibt jedoch die Tatsache, dass Fehler beim Self-Scanning auch ohne Vorsatz jederzeit möglich sind.

Stichproben sollen Diebe entlarven

Doch wie fällt eine Abweichung beim Scan der Ware überhaupt auf? Moritz Weisskopf klärt hier ein wenig auf. «Die Self-Checkout-Kassen werden durch Video und den/der sich vor Ort befindenden Mitarbeitenden überwacht. Kontrollen werden unter anderem auch durch einen Zufallsgenerator ausgelöst».

Genauer bedeutet das, dass sowohl in der Migros als auch im Coop Stichproben durchgeführt werden. Sie werden vom System verlangt. Das heisst, die Mitarbeiter erhalten die Aufforderung, einen bestimmten, zufällig per Algorithmus ausgewählten Checkout-Schalter zu kontrollieren. Sie scannen dann den gesamten Warenkorb noch einmal ein, um sicherzustellen, dass nichts ausgelassen wurde – ob absichtlich oder nicht.

Um ganz sicher zu gehen, dass Sie bei Ihrem nächsten Einkauf nicht plötzlich als Dieb dastehen, kontrollieren sie am Self-Checkout ihre Einkäufe lieber zweimal. Oder sie gehen weiter an die gute alte bediente Kasse. Solche Einkäufe - so haben Test von Barfi.ch deutlich gezeigt - dauern in der Regel in der Realität, wenn die eigene Arbeitszeit mit eingerechnet wird, ohnehin weniger lang, als die scheinbar revolutionäre neue Art der vollständigen Selbstbedienung.