Jean David vor der Bücherwand in seiner Galerie
Jean David vor der Bücherwand in seiner Galerie
  • Jonas Egli
  • Aktualisiert am

«Walu»: Die Wiedereröffnung einer Basler Traditionsgalerie

Nach vielen Jahren kehrt die Galerie «Walu» wieder nach Basel zurück und mit ihr die bewegte Geschichte einer Familie, die Basel in vieler Hinsicht geprägt hat, inzwischen aber in Vergessenheit geraten ist. Wer erinnert sich noch an «Dr. David»?

Heute um 17 Uhr eröffnet die Galerie «Walu» an der St. Jakobs-Strasse 59. Doch eigentlich ist es eine Wiedereröffnung: Die Galerie für afrikanische Kunst wurde 1957 in Basel gegründet, war aber lange in Zürich beheimatet und feiert nun mit der Eröffnung ihr 60-jähriges Jubiläum wieder in der Stadt, wo alles begann.

Inhaber Jean David begründet seine Rückkehr aus Zürich mit dem Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel. Zu eng sei es geworden: «Wenn dich der erste morgens anhupt, dann trägst du das den ganzen Tag mit.» Sein Dialekt ist eine eigentümliche Mischung aus Zürcher und Basler Flair. Keine Mischung eigentlich, sondern beides abwechselnd. Er ist Bürger von Riehen, sein Vater René David ging aber nach Zürich, da er selbst von Basel genug hatte und einen Tapetenwechsel herbeisehnte. Zu eng.

René David bekam das Interesse für Afrika von seinen Vorfahren bereits eingeimpft. Unter ihnen war sein Grossonkel, der vor allem durch seine Radionsendung «dr Dr. David verzellt» berühmt gewordene Haudegen Dr. Adam David, der es gern etwas ruppiger mochte: «Wo’s grasslet und kesslet und grumplet und polderet het, do het mr’s Härz im Lyyb glacht und y ha dänggt, oh isch das scheen, wenn das nume no lang eso wyter gieng.» Der Forscher und Grosswildjäger, der von seinen Reisen auch die ersten Giraffen für den Basler Zoo mitbrachte, war eine prägende Erscheinung noch auf Generationen hinaus. Sein ergreifend schlichtes, aber effektives Lebensmotto: «Gang und lueg.» Der Exzentriker legte die Tropenmontur auch in der Heimatstadt nicht ab und nahm in Kauf, belächelt zu werden.

René David selbst zog es ebenfalls nach Afrika, aber nicht, um Grosswild zu jagen, sondern aus Interesse an der Kultur und als Alternative zur sonst üblichen Indienreise. Zurück kam allerdings auch er mit Trophäen und zwar in Form von Kunst, mit welcher er seine Galerie bald zum florieren brachte. Unter anderen verkaufte er als einer der ersten an Ernst Beyeler. Den Nervenkitzel suchte David dafür im Paris der 1968er Jahre und im Berlin der frühen 70er. Sohn Jean David erinnert sich, wie er als siebenjähriger die Studentenunruhen in Paris miterlebte und die Welt nicht mehr verstand.

Trotz seiner sanften Art blitzt bei Jean David das Erbe der zum Extrem veranlagten Vorfahren immer wieder hervor. Das eine ist sein Dialekt, das andere ist die Galerie. Vorne White Cube, hinten Wohnzimmer. Und die Objekte, die er einerseits mit der Kälte des Händlers betrachtet, im nächsten Moment aber ohne merkbaren Übergang deren enorme Bedeutung als Kulturgegenstände, Träger von Geschichte und Ritual mit einer Ernsthaftigkeit betont, die nicht gespielt sein kann. Er selbst sagt: «Ich bin die extreme Mitte. Extrem links und extrem rechts, immer gleichzeitig!»

In der Galerie findet sich deswegen auch wie selbstverständlich eine Kukucksuhr neben einem Tropenhelm, eine Mistgabel neben der afrikanischen Maske. Er ist sich auch bewusst, dass kaum eines dieser Objekte zuerst als Kunst konzipiert worden ist. David: «Das kann man natürlich nicht ausblenden. Das ist ganz wichtig. Es gibt so viele Ebenen, in denen diese Objekte eine Bedeutung haben, was auch ihre Faszination ausmacht.» Wie sein Vorfahre, der als ruchloser Kolonialist einfach mitnahm, was ihm gefiel, operiert die Galerie heute natürlich nicht mehr. David meint: «Im Rückblick wirkt das natürlich absurd. Aber: In zwanzig Jahren werden auch wir Dinge nicht mehr tun, die heute selbstverständlich sind.»