Na, hören Sie es auch? ©A.Schwald
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  • Andreas Schwald
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Was für eine Qual: Fiese Kältewelle lässt Drämmli kreischen

«E chli gyggse muesses»: Quietschen gehört zum Tramfahren. Aber wenn bei dieser Kältewelle und knochentrockener Luft die Drämmli um die Kurven biegen, wird der Klang zum markdurchdringenden, irren Kreischen. Für Gegenmassnahmen hat der Kanton in Quartieren und Innenstadt schon Millionen verbaut.

Jede Kurve, jedes Abbiegen eine schiere Qual: So geben sich die Drämmli im Winter auf den Schienen. So lange sie geradeaus fahren können, gleiten die Tramwagen leise vor sich hin. Wenn sie sich aber durch Kurven in der Innenstadt schlängeln, dann schreien sie zum Himmel. Das hat vor allem mit der Kälte zu tun: Frieren die Räder und sind die Schienen trocken, dann wird jede Berührung zwischen den zweien zu einem irren Kreischen.

Allein auf der Strecke zwischen Marktplatz und Barfüsserplatz dominiert der Schienenlärm die Wahrnehmung. Aber auch der Claraplatz mit seinen Verzweigungen ist ein akustischer Horror. Und wer sich rund um die Hauptpost aufhält, kriegt taktfahrplanmässig derzeit immer noch anständig was auf die Ohren – trotz Schienensanierung vergangenen Sommer. Je nach Lage macht das Geräusch bis zu 120 Dezibel aus – das markiert ziemlich genau die so genannte «Unwohlseinsschwelle» und ist lauter, als wenn man im Club direkt neben dem Lautsprecher steht. Vor allem ist das Geräusch hoch und schrill. Das macht es bei voller Dröhnung noch unerträglicher.

Schmieren und Salben hilft allenthalben

Rollmaterial auf Schienen, dazu etwas Kälte und Tempo. So kreischt es am besten.

Die Basler Verkehrsbetriebe haben in den vergangenen Jahren bereits um die acht Millionen Franken allein für Lärmschutzmassnahmen verbaut. Zum einen werden die Räder der Trams bedarfsmässig geschmiert, zum andern wurden Schall-Absorber auf den Rädern montiert. Auch an den Gleisen wird regelmässig gegen den Lärm gekämpft: So haben die BVB in den vergangenen Jahren zig Schienenschmieranlagen verbaut. Dabei wird ein biologisch abbaubares Schmiermittel aus den Schienen gedrückt. So eingefettet reduziert sich das quietschende Kratzgeräusch deutlich.

Das Problem mit der Kälte aber bleibt, wie Lärmspezialist Michael Nitschke von den Basler Verkehrsbetrieben bereits vor rund zwei Jahren gegenüber der Sendung «Einstein» von SRF erklärt hat: Je nasser die Schienen, desto weniger Lärm. Je trockener, desto schlimmer. Ein Phänomen, das auch die Wissenschaft nicht ganz erklären könne. Und am Tramlärm geforscht wird intensiv: So haben die entsprechenden Stellen der Kantone Basel-Stadt, Bern und Zürich eine ganze Studie zum Tramlärm angefertigt. Besonders wesentlich für den Lärm ist nicht nur die Witterung, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der das Tram um die Ecke biegt. Je langsamer, desto leiser. Je schneller, desto schlimmer. Und zwar deutlich.

Innenstadt mit schönen Kurven

Irgendwas ist immer: Beim Basler Rössli-Tram war es weniger der Lärm, eher der Gestank der Rossbölle störte die Leute. ©Verschwundenes Basel

Zur Kälte kommt auch der unglückliche Verlauf der Tramlinien in der Innenstadt hinzu. Den haben wir unseren Vorfahren zu verdanken und dem ursprünglichen Bau der Basler Strassenbahn, die rund um die engen Strassen und Gassen verlegt worden war. Dass die nunmehr autofreie Innenstadt zu einem der am stärksten befahrenen Tramverkehrsknoten wurde, damit haben die Verantwortlichen damals nicht gerechnet. Aber schliesslich sorgten sie sich damals schon mehr um die Finanzierung als um die empfindlichen Ohren ihrer späten Nachfahren.

Ganz wegzukriegen ist der Lärm aber nicht. Trams bewegen sich als Rollmaterial fort, und wo physischer Kontakt zwischen Fahrzeug und Spur stattfindet, dort gibt es Reibung. Und die erzeugt nicht nur Wärme, sondern eben auch Geräusche. Die Sanierung des Rollmaterials und der Schienen ist allerdings ein wesentlicher Schritt in Richtung ruhigere Drämmli. Schliesslich geht dieses Jahr erneut wieder die grosse Bauerei an den Geleisen los. Dabei bleibt allerdings die Betonung auf «ruhiger». Denn beim Tram gilt wie beim Autoverkehr: Wirklich still werden die Gefährte erst, wenn sie gar nicht mehr fahren. 

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