«Hello Family Parkplatz» bei Coop Basel Europe an der Clarastrasse
«Hello Family Parkplatz» bei Coop Basel Europe an der Clarastrasse
  • Binci Heeb
  • Aktualisiert am

Was zum Henker sollen plötzlich überall die Familienparkplätze?

Ob Coop, Migros, Manor oder Aldi: Parkplätze für einzelne Kundengruppen gibt es bei fast allen Detailhändlern. Zunächst selten, nun aber schon fast lawinenartig entstehen überbreite Abstellflächen für Familien. Coop nennt sie «Hello Family Parkplatz», Aldi spricht von «Familienparkplätzen» und Migros hält fest: die meisten unserer Parkplätze sind von vornherein gross genug für Familien angelegt. Allen gemeinsam ist, dass sie sehr geräumig sind und weiterhin separate Bereiche ausschliesslich für Frauen und Behinderte reserviert sind. So auch bei Manor, dort aber fehlen derzeit zwar noch spezielle Abteile für Familien – doch dies soll sich in «absehbarer Zeit» ebenfalls ändern.

Nur Markierungs-Unterschiede bei Migros und Coop

«Alle Parkplätze bei der Migros sind für Familien gedacht», so Moritz Weisskopf, Mediensprecher Migros Basel. Beim Grossverteiler verzichte man deshalb auf die Kennzeichnung spezieller Familienparkplätze, sei aber darum bemüht, grosse Parkplätze für alle zur Verfügung zu stellen. Als Beispiel wird das Drachen-Center angeführt, welches tatsächlich über geräumige Plätze verfügt. Auch auf Frauenparkplätze verzichte man, da ausreichend helle und übersichtliche Stellplätze für alle vorhanden seien. Coop hingegen kennt fröhlich gekennzeichnete eigentliche Hello-Family-Parkplätze. Die ersten wurden vor zwei Jahren eingeführt, doch das Angebot wird seither zügig ausgebaut. «Das Feedback unserer Kundinnen und Kunden ist durchweg positiv», sagt Andrea Bergmann, Coop-Mediensprecherin. Was die Belegung der Plätze durch Nichtfamilien angeht, zähle man dort auf die Fairness der Kundschaft. Das hätte bisher gut funktioniere 

Bald XXL-Parkplätze im St. Jakob-Park

Frauenparkplätze gibt es im St. Jakob-Park bereits seit 8 Jahren, gemäss Center-Betreiberin Wincasa werden – wen wundert’s - von weiblichen Besuchern sehr geschätzt. Was die noch fehlenden Abstellflächen für Familien betrifft, denkt man schon ein Stück weiter. «Wir überlegen seit Längerem XXL-Parkplätze für Familien oder Lenker mit breiten Fahrzeugen anzubieten», sagt Center Leiter Daniel Zimmermann gegenüber barfi.ch 

«Familienparkplätze wurden eingerichtet, um Familien mit Kindern das Leben zu erleichtern» so Aldi Suisse. Nach Möglichkeit sollen Parkplätze mit einer Breite von 2.7 Metern und einer Länge von 5 Metern zur Verfügung stehen, wie Philippe Vetterli von der Aldi-Medienstelle sagt. Grund für die Extragrösse, ist das möglichst bequeme Ein- und Aussteigen: Keine eingedellten Stellen mehr am Nachwagen, wenn der Kleine die Autotür des geräumigen Familien-Vans schwungvoll öffnet. Doch auch wenn Einzelpersonen ohne grossen Anhang die Familienoasen benutzen, drohen dem «Schuldigen» keinerlei Konsequenzen.

Fehlende gesetzliche Handhabe

Was bei Invalidenparkplätzen von Gesetzes wegen massiv geahndet werden kann, ist bei Familienparkplätzen nicht der Fall. Die Schweizerische Ordnungsbussenverordnung sieht für das «Parkieren eines nichtberechtigten Fahrzeugs auf einem für gehbehinderte Personen reservierten Parkfeldes bis 60 Minuten» eine Busse von 120 Franken vor. Da die Parkplätze auf privatem Grund sind, muss dazu allerdings die Polizei geholt werden, was bei Migros bisher noch nie nötig war. In den äusserst seltenen Missbrauchsfällen reichten Ermahnungen. Zu gross sei der Respekt vor den Problemen behinderten Mitmenschen bei den gesunden Kunden.

Bei Familien- oder Frauenparkplätzen fehlt die gesetzliche Grundlage für Verzeigungen völlig. Moralischer Druck, wie bei Behindertenparkplätzen, fehlt hier oft gänzlich. Bei gut beleuchteten, grosszügig angelegten Stellen übrigens oft zu Recht. Lassen wir hier Verfassung und Gleichstellungsbüros mal ohne schlechtes Gewissen zur Seite: Helle und zudem meist videoüberwachte Parkhäuser sind für alle Nutzer gleichermassen ungefährlich geworden. Und was die Bequemlichkeit angeht, muss es denn alle paar Jahre ein noch breiterer Wagen sein?

Jedem Tierchen sein Platzierchen?

Gemäss Bundesamt für Gesundheit (aktuellste Studie aus dem Jahr 2012) sind 54 Prozent der 25-49-Jährigen Schweizer übergewichtig. Bei den 50-64-Jährigen sind es gar 62 Prozent, Tendenz steigend. Weshalb die öffentlichen Parkplätze trotzdem immer enger werden, ist und bleibt ein Rätsel, oder wohl eher politisches Kalkül. Wer einmal einer übergewichtigen Person zugeschaut hat, wie sie sich in Yoga-Manier aus ihrem Fahrzeug quält, zwischen nur halb zu öffnender Tür und Nachbarauto herauszuschlängeln versucht, weiss, dass die heutigen Standardflächen von 2 Metern und 10 Zentimetern viel zu eng bemessen sind. Dies würde sich bei einer schmaleren Karosse, statt dem SUV blitzartig ändern. Doch Range Rover und Porsche Cayenne machen sich nun einmal besser – vor dem Golfplatz.

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