Es ist eine einschneidende Massnahme. 470 Millionen Franken will der Bund mit der neuen Tarifverordnung Tarmed bei der Ärzteschaft einsparen. Besonders hart trifft es die Spezialärzte, deren Leistungen neu wie bei einem regulären Hausarzt abgerechnet werden sollen. Die Änderungen betreffen aber auch ambulante Behandlungen, was die neue Spitalstrategie beider Basel auf eine Prüfung stellt.
Öffentlich hat sich die Ärzteschaft bislang verhalten geäussert. Die Verbände der Privatspitäler halten sich mit Kommentaren in den Medien noch zurück. Doch hinter der Zurückhaltung brodelt es. Von einer Bedrohung für das gesamte Gesundheitssystem ist die Rede. Operationen sollen mit dieser halben Milliarde unattraktiver werden, der Prämienzahler hingegen profitiere, argumentiert dafür der Bund.
Weniger lange Behandlungszeiten für Patienten
Die Hauptargumente der Gegner: Der Arzt hat deutlich weniger Zeit für den Patienten, die Qualifikationen der Spezialisten würden förmlich degoutiert und das eingesparte Geld sei ein Klacks im Vergleich zu den Gesundheitskosten des Bundes von knapp 80 Milliarden Franken pro Jahr.
Das trifft die öffentlichen Basler Spitäler und auch Privatspitäler im Fleisch: Ihre bisherigen Geschäftsmodelle werden statt prosperierender Umsätze ein Defizit erwirtschaften, ist die Befürchtung. Am Schluss bezahle das schliesslich doch wieder der Steuerzahler, sagt ein hochrangiger Arzt aus der Region gegenüber barfi.ch. Genannt werden will er nicht, die Lage wird derzeit als sehr kritisch beurteilt.
Engelberger: «Lage für Basler Ärzteschaft ist gut»
Vor die Kamera tritt hingegen Regierungsrat Lukas Engelberger. Der Basler Gesundheitsdirektor begrüsst die Anpassungen des Bundes, teilt aber auch die Einschätzung, dass die Behandlungszeiten der Patienten kürzer werden. Der Spitalstrategie beider Basel käme die neue Tarmed-Verordnung sehr entgegen. So beabsichtigen die beiden Kantone, das seit Jahren darbende Bruderholzspital zu einem Zentrum für ambulante Behandlungen zu machen. Ein Konzept, das von der bundesrätlichen Verordnung profitieren kann, so Engelberger.
«Natürlich ist mit gewissen Härtefällen unter der Ärzteschaft zu rechnen. Die Lage für die Ärzteschaft in Basel ist nach wie vor gut», sagt der Regierungsrat. Nicht zuletzt dank des hohen kantonalen Taxpunktwerts von Basel-Stadt mit immer noch 91 Rappen. Obwohl der Gesundheitsdirektor beschwichtigt, bleibt aber die Nervosität. Hinzu kommt die Befürchtung, dass Ärzte die neuen Limiten des Bundes bei der Tarifverrechnung durch eine Mengenausweitung der Konsultationen und Behandlungen umgehen könnten, was das System aushöhlen kann. Ob die Spitäler den Bundesrat wie bei der letzten Tarmed-Runde wieder vor Gericht zerren, ist derzeit offen.