Bilder: Binci Heeb/Mira Lachmann
Bilder: Binci Heeb/Mira Lachmann
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Zu Tode geredet? Die Basler Innenstadt: eine Liebeserklärung

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, die Innenstadt sei tot? Hier in den Basler Geschäften rund um die barfi.ch-Redaktion im Stadtzentrum stehen die Kunden schon mal in Schlangen. Leben Totgesagte einfach länger?

Mit einem Hundepark auf dem Marktplatz wollte Grossrätin Tanja Soland der Innenstadt neues Leben einhauchen. Aber nicht nur die SP Basel-Stadt hat geniale Ideen, auch die Jungliberalen sprühen nur so vor Einfallsreichtum, um das angeblich ausgestorbene Zentrum zu retten. Sie wünschen etwa «mehr Foodtrucks», ihnen reicht die wenige Minuten von der Innenstadt entfernte Markthalle, die eine ganze Sammlung von solchen Fressvehikeln beherbergt offenbar nicht. Auch «Kunst statt Verbote-Dschungel» klingt heiss, ist aber eher doof. Durch zugegeben sehenswerte Männchen auf einem Einbahnstrassen-Schild wird die Leiche wohl kaum wiederbelebt. Aber bei einem Bummel durch das Herz unserer Stadt zeigt sich schnell: es schlägt recht heftig für einen Toten.

Die Innenstadt ist trotz fehlendem Hundepark nicht auf den Hund gekommen.

«Ich komme immer wieder hierher, die Altstadt ist fantastisch, sagt der Besucher aus Freiburg in Breisgau am Andreasplatz. Während am früheren Morgen dort noch angehende Sozialarbeiter Bücher wälzten, herrscht etwas später in der Stadtbibliothek der GGG schon Hochbetrieb. In den Läden geht es zunächst etwas ruhiger zu, aber im Antiquariat am Rümelinsplatz wechseln bereits erste Sammelstücke den Besitzer. Das Kult-Geschäft wirbt mit Groschenromanen, die billig zu haben, aber so schlecht sind, dass man einfach zugreifen muss. Schon am Morgen flanieren die Leute den Spalenberg hinab. Hier kann selbst ein Gürtel- oder Hutgeschäft überleben.

Sogar Entdeckungen gibt es noch

In der Einkaufsmeile Freie Strasse folgt bis 11.00 h ein Lieferwagen auf den nächsten. Es muss für Nachschub gesorgt werden. So schlecht kann es also nicht laufen. Tatsächlich ist das Basler Gewerbe umtriebig. Da lädt der Boss-Store dazu ein die Herbst/Wintermode schon einmal exklusiv zu begutachten und lockt einen mit einer Überraschung. Auch PKZ lässt sich nicht lumpen und bietet eine Saisonaktion. E-Mails zeigen gleich die hübschen Hemden und Hosen, die in dieser Saison hipp und im Laden zur Anprobe bereit sind. Tatsächlich lässt kein Laden die Kundenkarte aus und überall wird man nach der E-Mail-Adresse gefragt. Inzwischen scheinen auch die kleinsten Basler Läden im digitalen Zeitalter angekommen zu sein.

Klar ist längst, dass die Mieten und Liegenschaftspreise in der Innenstadt sehr hoch sind, zu hoch für viele. Vor allem vom Barfüsserplatz bis zur Mittleren Brücke. Während sich dort beinahe nur noch internationale Ladenketten die gigantischen Lagekosten leisten können, oder aus Prestigegründen bezahlen, so kann man in den alten, mit viel Liebe herausgeputzten Gassen um die Luxusmeile herum noch immer zahlreiche lustige Läden entdecken. Man muss nur die Augen offen halten. So liegt zum Beispiel versteckt am Andreasplatz die Boutique «zum Pierrot», die immer für allerlei Überraschungen gut ist. Und selbst die einst national geächtete Steinenvorststadt macht wieder etwas her.

Auch «Sahara» am Gerbergässlein ist - wenns denn interessiert - einen Besuch wert: Hier finden sich überraschend edle Öko- und Drittweltprodukte. Und ja, auch diese Geschäfte überleben. Dass man an der Freie Strasse schon einmal bei der Kasse anstehen muss, ist allerdings nicht unbedingt ein Zeichen von grossem Andrang, sondern eher der Beweis, dass kräftig an Personal gespart wird. Am Ende zeigt jedoch schon der allerkleinste Spaziergang, die Innenstadt ist auch ohne Hundepark ziemlich lebendig. Vielleicht sollten die Basler Politiker mehr durch unsere Stadt flanieren und weniger reden.

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