Nur Fiktion, oder Zukunft? Immerhin offizielles SBB-Bild, Blog Spatenstich
Nur Fiktion, oder Zukunft? Immerhin offizielles SBB-Bild, Blog Spatenstich
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Zugfahrt ist Nebensache, Basels Bahnhof ein Supermarkt

«Rush-Zonen» und «Hyper-Convenience» soll die Zukunft am Basler Bahnhof bringen. Die Gegenwart hat den Bahnhof bereits zu einem Supermarkt mit über 500 Millionen Franken Umsatz gemacht.

«Wie der Bahnhof der Zukunft aussieht, wissen wir noch nicht», schreiben die SBB Immobilien auf ihrem Blog «Spatenstich». Die Schweizer Bundesbahnen versprechen: «Es soll ein einfacher, stressfreier und schneller Zugang zur Bahn ermöglicht werden.» Doch gerade in Basel ist das mit dem «stressfreien Zugang» so eine Sache. Die SBB, die an den grossen Bahnhöfen durch Leistungen von Drittanbietern rund 1,5 Milliarden Franken umsetzen, sehen den Bahnhof der Zukunft als Supermarkt. Und diesen gilt es weiter zu optimieren. So sollen die Bahnhöfe in Zukunft in verschiedene Zonen eingeteilt werden. Coffee To Go und der Brezelkönig erhalten ihre eigene Zone, genauso wie es Bereiche für Begegnungen «mit innovativen Licht- und Farbkonzepten», sowie «natürlichen Elementen - gemeint sind Pflanzen oder Wasser» geben soll.

Innenstädtischer Charakter

Schon heute kann sich die Einkaufsfläche am Basler Bahnhof sehen lassen. Rund 110 Betriebe bieten ihre Waren und Dienstleistungen im Bahnhof an. Die grösste Gruppe bilden Shops: 41 Läden verkaufen auf 7'590 Quadratmetern ihre Produkte. Dahinter folgt eine Gruppe von 29 Unternehmen mit Freizeitangebote (Reisebüros, Gastro, Coiffeur und Fitness). Das Konjunkturforschungsinstitut Bak Economics aus Basel schreibt von einer «Clusterbildung», das Institut schreibt in einer Studie, die Pro Innerstadt in Auftrag gegeben hat, unser Bahnhofsgelände weise «eindeutig einen innenstädtischen Charakter auf.»

Maurus Ebneter, Sprecher der Basler Beizer, erklärt sich den Erfolg des Bahnhofsareals so: «Für die verschiedenen und Läden und für Gastro-Betriebe sind die hohen Besucherfrequenzen natürlich sehr attraktiv.» Rund 134'000 Menschen tummeln sich Tag für Tag am Basler Bahnhof. Aus Sicht der Basler Wirte stelle man eine Verlagerung der Gewohnheiten fest. So verdiente das Bahnhofbuffet früher viel Geld, als es auf den Perrons noch die «dritte Klasse» gab. «Vor einer Reise setzte man sich noch hin und trank einen Kaffee, heute nimmt den Kaffee und das Essen gleich in den Zug mit.» Zudem sind längeren Aufenthalte spätestens seit der Einführung des Taktfahrplans Vergangenheit.

Stadt in der Stadt

Einen weiteren Grund dafür, dass der Bahnhof immer mehr zur Stadt in der Stadt wird, sieht Ebneter darin, dass die Leute es eiliger hätten, sie am Bahnhof gleich mehrere Dinge erledigen würden. So sei etwa die Basler Bahnhofspassarelle sicher kein Ort zum Verweilen, aber trotzdem kann man neben dem Sandwich gleich noch ein Buch oder auch Kleider kaufen. Das ist kein Vergleich mehr mit den Bahnhöfen von einst, in denen nur Dinge angeboten wurden, die es für die Reise brauchte.

Mit dem Bahnhof als Supermarkt lässt sich gut Geld verdienen. So erwirtschaftet beispielsweise ein durchschnittlicher Quadratmeter im Bahnhof Bern laut dem Marktforschungsinstitut Gfk über 32'000 Franken Umsatz. Was fast das Dreifache auf der gleichen Fläche eines durchschnittlichen Einkaufszentrums darstellt. Im Konsumtempel Basel-SBB arbeiten rund 1'279 Beschäftigte, wie Bak Economics schreibt. Pro Tag macht der Basler Umsatz einen Umsatz einen 1,4 Millionen Franken, hochgerechnet auf 365 Tage ergibt rund 511 Millionen Franken, mehr als eine halbe Milliarde! Kein Wunder hat der Chef der SBB-Immobilien Jörg Stöckli grosse Pläne: «Wo es baulich möglich ist, werden wir künftig zwei Zonen schaffen. Es wird den Rush-Bereich geben, wo die Reisenden in grosser Zahl durcheilen. Dort reihen sich vor allem Läden, die eine rasche Bedienung ermöglichen – wie zum Beispiel Take-Away-Stände. Wir nennen das die <Hyper-Convenience-Zone>, wo schnell bedient wird, bargeldlos bezahlt werden kann und Produkte via Pre-Ordering bereitstehen. Daneben möchten wir ruhigere Verweilzonen einrichten, wo man sich länger aufhalten kann, wo man den Bahnhof eher als Destination wahrnimmt.» 

Dazu will Stöckli auch, dass die Bahnhofbuffets wieder zu den führenden Restaurants werden. Das seien sie ja schon einmal gewesen, meint er im Interview mit der Handelszeitung. Es brauche an den Bahnhöfen mehr als nur Fastfood-Stände.

Am Ende bleibt nur die Erinnerung. An eine Zeit, wo der Grossvater vor dem Abenteuer der Zugfahrt noch den Filzhut niederlegte und sich ein Bier gönnte. Eine Zeit, in der der Bahnhof einfach noch ein Bahnhof war.

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