Das Kino Fata Morgana an der Falknerstrasse; Basels erstes Lichtspielhaus. Fotos: Wikipedia
Das Kino Fata Morgana an der Falknerstrasse; Basels erstes Lichtspielhaus. Fotos: Wikipedia
  • Christian Platz
  • Aktualisiert am

1907: Das Kino eroberte Basel, heute geht es Schnitt für Schnitt wegen den neuen Medien ein

Heutzutage haben es die Lichtspielhäuser schwer, viele Leute schauen sich ihre Filme lieber in der guten Stube an, im Bett oder sogar in der Badewanne – auf Plasmafernsehern, Computerbildschirmen oder ausgewachsenen Home-Cinema-Anlagen. Streaming heisst nun das Zauberwort. Alleine 54,5 Millionen zahlende Abonnenten verzeichnet der weltgrösste Filmanbieter im vergangen Jahr und die Nutzerzahlen steigen explosionsartig, auch auf Schweizer Geräten: Doch als das Kino einst in die Städte kam, anfangs des 20. Jahrhunderts, war es ein Wunder.

Die ich rief, die Geister

Eine ehrwürdige alte Tradition, scheint derzeit mit Lichtspiel-Geschwindigkeit ihrem Ende entgegen zu rasen. Gegen Schluss des 16. Jahrhunderts gab es so genannte Zauberlaternen, die Bilder an Wände werfen konnten. Als Lichtquellen dienten zunächst Kerzen, später Öllampen. Diese urtümlichen Geräte wurden oft von Scharlatanen eingesetzt, um dem Publikum schaurige Geistererscheinungen vorzugaukeln, den Leuten liefen dabei eiskalte Schauer über den Rücken. Eigentlich waren diese Vorführungen die Urahnen der modernen Horrorfilme. Mit dem Unterschied, dass sich deren Vorführer als mächtige Magier ausgaben, die tatsächlich Kontakte zur Anderswelt herstellen können, und nicht als fleissige, bescheidene Operateure. 

Projektionen:Geister und Dämonen verbreiten Angst und Schrecken.

 

Geheimnisvolle Spiegelungen

Kuriositäten, optische Täuschungen, allerlei Spiegelungen waren dann die nächsten Attraktionen, die dem Lichtspielhaus den Weg bereiteten. Meistens wurden sie im Rahmen von Jahrmärkten präsentiert, in Schaubuden, vom Geruch des Geheimnisvollen umgeben. Ende des 19. Jahrhunderts tauchten die ersten Filmprojektoren auf, Thomas Edisons Firma entwickelte einen Schaukasten, der aber bloss einem einzigen Zuschauer einen Film zeigen konnte. Den Gebrüdern Lumière aus Paris und dem US-Amerikaner Thomas Armat gelang es dann alsbald – und fast gleichzeitig – Projektoren zu entwickeln, die ein ganzes Publikum an den bewegten Bildern teilhaben liessen.

Rummelplätze, Hotel-Lobbies

Zunächst gab es jedoch noch keine eigentlichen Kinos: Rummelplätze, Kursäle, Hotel-Lobbys waren die Schauplätze der ersten Filmvorführungen, die den Zuschauern noch einen Höllenschrecken einjagten. Wenn etwa eine Dampflokomotive auf der Leinwand dem Zuschauerraum entgegen raste, duckten sich die Leute instinktiv weg, einige fielen sogar in Ohnmacht. Auch in Basel wurden die ersten Filme an der Herbstmesse, in Varieté-Theatern, allerlei Buden und Zirkuszelten gezeigt. Sie waren schwarz-weiss und stumm.

Fata Morgana; Zuschauerraum.

Zweimal Fata Morgana

Und dann, Ende 1907, war es soweit: Das Kino Fata Morgana öffnete seine Tore, es waren gleich deren zwei, ein Eingang befand sich an der Falknerstrasse, der andere an der Freien Strasse, und zwar an jener Adresse, an der nun Orell Füssli Bücher sowie andere Unterhaltungsmedien verkauft. Gründer und Besitzer des Kinos war der Bergbau-Ingenieur Ludwig Rosenthal. 1908 eröffnete er bereits eine weitere Filiale im Kleinbasel, am Claragraben, im ersten Gebäude in Basel, das extra für die Lichtspiele gebaut worden war. Diese Häuser wurden beide von Söhnen Rosenthals geleitet.   

Orchester zu den Lichtspielen

In den frühen Zeiten des Kinos spielten zu den Stummfilmen jeweils noch Pianisten oder kleine Orchester – im Fata Morgana waren letztere im Einsatz, was das Publikum sehr schätzte  –, einigen der Streifen waren sogar Partituren beigelegt. Ein Kinoabend bestand aus einem gemischten Programm, die einzelnen Beiträge dauerten 20 bis 30 Minuten, es handelte sich um Dokumentarfilme über ferne und deshalb geheimnisvolle Länder, um verfilmte Witze oder Sketches. In den 1920-er Jahren kamen dann die abendfüllenden Spielfilme, ab 1929 in der Regel mit Ton.

Und oben leuchtet der Sternenhimmel

In den Kinos der frühen Jahre waren die Decken zumeist mit Sternen dekoriert, die im Dunkeln leuchteten, es sollte sein, als würde man über sich den Sternenhimmel sehen. Mit dem Aufkommen der abendfüllenden Streifen veränderte sich die Basler Kinolandschaft, neue Unternehmer traten auf den Plan. 1914 verkaufte die Familie Rosenthal das Fata Morgana Kleinbasel an den Unternehmer J.Engel, der es unter dem Namen «Klara» weiterführte – und konzentrierte sich auf das Unternehmen im Grossbasel. Doch auch dort blieb kein Stein auf dem anderen. Glorreiche Namen sind über Nacht verschwunden, aus grossen Sälen wurden Mini-Vorführräume. Die aktuelle Situation finden Sie in den nächsten Tagen auf barfi.ch.

Weitere Titelgeschichten finden sie in News-Basel.

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