Fotos: Keystone
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  • Christian Platz
  • Aktualisiert am

1982 rockten die Stones Basel, es war das erste grosse Joggeli-Konzert

Heute Abend spielen «the one and only» Rolling Stones in Zürich. Dies taten sie zum ersten Mal im Jahr 1967, im Hallenstadion, vor tobenden Zuschauern. 1976 rockten sie die Limmatstadt wieder, ohne Ärger in der Halle, dafür mit stundenlanger Verspätung. Im Frühling 1982 wurde bekanntgegeben, dass die Band Mitte Juli im Basler Joggeli auftreten würde. Eine Sensation. Die Rockfans konnten es kaum glauben.

Im Frühling 1982 war Mick Jagger 38. Das sei für einen Rockstar ganz schön alt, so die Meinung der Erwachsenen seinerzeit. Heute kann man darüber lachen, aber der damalige Chef des Schreibers dieser Zeilen sagte dazu: «Der Jagger ist ja nur ein Jahr jünger als ich. Ich finde es lächerlich, ja peinlich, wenn man in diesem reifen Alter noch den Rockstar markiert».

Dann wurde der Vorverkauf gestartet, passend zum Stones-Hit jenes Jahres, der «Start Me Up» hiess. 40 Franken kostete das Ticket. Wir fanden das ganz schön teuer. «Kapitalisten», maulten wir, schliesslich definierte man sich als Jugendlicher Rockfan 1982, ein Jahr nach der Räumung des AJZ an der Hochstrasse, als links, und bezahlten trotzdem, denn sehen wollten wir die Show.

Die Tickets holte man in den 1980iger Jahren an der Heuwaage. Und dort war erst mal anstehen angesagt. Die Gespräche drehten sich um das kommende musikalische Grossereignis, um das erste Konzert im Joggeli überhaupt, wo die Stones dann insgesamt vier Mal spielen sollten: 1982, 1990 und – an zwei Abenden – im 1995. Danach war die Zeit von Jagger, Richards, Wood, Watts & Co. am Rheinknie vorbei.

«Ich werde 30 Tickets nehmen»

Beim Warten an der Heuwaage erzählte Andi: «Ich werde 30 Tickets nehmen, die werde ich teuer weiterverkaufen, dann kann ich länger in die Ferien». Diese Rechnung ist '82 übrigens keineswegs aufgegangen. Vor dem Konzert mussten die Schwarzhändler ihre Billetts weit unter dem Einkaufspreis abstossen, sonst wären sie darauf sitzen geblieben.

Einige andere sagten, dass sie nur wegen der J. Geils Band ins Joggeli gehen würden, die im Vorprogramm auftrat. Diese Band, gegründet 1967 in Massachusetts, war eigentlich für grandiose Bluesrock-Konzerte bekannt, hatte 1981 einen Mega-Hit mit dem Song «Centerfold». Vor den Stones hatten sie allerdings keine Chance. Ihnen wurde eine derart geringe Lautstärke gewährt, dass sie praktisch sang- und klanglos untergingen.

«Mick doof, Keith cool»

In einem Punkt war sich die ganze Basler Rockszene damals einig. Wir fanden Mick Jagger doof und Keith Richards cool. Keith, von dem die Rockmagazine damals zu schreiben pflegten, dass er wohl als nächster grosser Rockstar das Zeitliche segnen würde; da haben sie sich aber mächtig getäuscht...

Dann kam der grosse Tag. 15. Juli. Hochsommer. Der «Blick» liess vor dem Stadion eine Sonderausgabe zum Konzert verteilen. Eingelassen wurden wir über die alte Muttenzerkurve. Dann war erst Mal wieder warten angesagt. Man sprach über die legendären Drogenexzesse der Rolling Stones und über ihre dekadenten sexuellen Eskapaden, um die wir sie natürlich ein bisschen beneideten. Auch das Konzert im Zürcher Hallenstadion vom 15. Juni 1976 – also sechs Jahre zuvor – war ein beliebtes Thema.

Jenes Konzert, es fand im Rahmen der ersten Tournee mit Ronnie Wood an der Gitarre statt, hatte mit massiver Verspätung begonnen. Zwei Abende vorher hatten die Stones in Nizza gespielt – und als das Konzert in Zürich hätte anfangen sollen, seien sie immer noch dort gewesen, wie man heute weiss. Als Jagger dann auf die Bühne gekommen war, sagte er: «Sorry, dass wir so spät dran sind, aber wir mussten noch stimmen (allgemeines Gelächter).» Das Konzert danach war grandios, litt aber unter schweren Soundproblemen, im Hallenstadion in jenen Jahren ein bekannter Missstand.

Rasen zerstört

Zurück ins 1982, kurz bevor die J. Geils Band auftrat, begann es über dem Joggeli zu regnen, es schüttete wie aus Kübeln. Die Leute auf dem Feld begannen nun damit, den Schutzteppich, der über dem Rasen lag, aufzuheben und Stücke davon als Regenschutz zu benutzen. Der Rasen war danach zerstört. Ein Problem, dass es bei den vielen grossartigen Konzerten zu St. Jakob in den 1990igern nicht mehr gab.

Allerdings regnete es dann am nächsten Stones Konzert Joggeli, am 27. Juni 1990, in Strömen, ununterbrochen. 1982 hörte der Regen jedoch wieder auf, bevor die Hauptakteure die Stage enterten. Wie gesagt, die J. Geils Band war so leise, dass sie ihren Auftritt ebenso gut hätte bleiben lassen können.

«Under my Thumb»

Endlich kamen «The Rolling Stones», sie starteten mit «Under my Thumb», gingen dann direkt in «When the Whip Comes Down» über, um unverzüglich mit «Let’s Spend the Night Together» weiterzumachen. Der Gitarrensound war auf dieser Tour glasklar bis leicht «crunchy» und mit tüchtig Hall garniert. Eine Art Neo-Rock’n’Roll-Klang im Stil der Eighties halt, passend zum Geschmack jener Zeit. Keith spielte bei den meisten Stücken Fender Telecasters, Ronnie Fender Stratocasters. Jagger nahm hin und wieder eine Gibson SG zur Hand. Aber wir waren überzeugt, dass dieses Instrument nicht verstärkt wurde...

Ansonsten war die Show ganz grosses Rock’n’Roll-Kino auf sehr hohem Energielevel: Von wegen alt, von wegen peinlich...

Zum Schluss standen ein donnerndes «Brown Sugar», ein heftiges «Start Me Up» und ein «Jumpin’ Jack Flash», das Gänsehaut verursachte auf dem Programm. Zugabe: «(I can’t get no) Satisfaction». Ein Wahnsinnsabend.

Startschuss

Dieses Konzert war der Startschuss für die grosse Live-Konzertphase der Firma Good News im Joggeli. Nach den Stones kamen in den Eighties noch Simon & Garfunkel. Und in den 1990igern ging es so richtig ab, mit ZZ Top, Pink Floyd, Eric Clapton, Elton John, Genesis, U2 usw.

Ab dem neuen Jahrtausend war dann Ende Feuer. Nachdem AC/DC das neue St- Jakob-Stadion am 7. Juli 2001 noch einmal so richtig rockten, war der Ofen aus. Schade. Heute Abend müssen die Fans einmal mehr nach Zürich fahren, um die Stones, die jetzt zwar wirklich alt sind, aber besser denn je, zu geniessen. 

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