Liebe Post, lass' es einfach sein. Bild: barfi
Liebe Post, lass' es einfach sein. Bild: barfi
  • Jonas Egli
  • Aktualisiert am

Das Gelbe der Post wird Rost: Pakete werden selbst in Kleinbasel oft nur noch abgelegt

Medien und Konsumentenschützer laufen Sturm, seit die Post immer mehr Pakete vor der Lieferadresse nur noch deponiert, statt abliefert. Service Public oder ganz einfach dicke Post ? 

Laut Medienberichten häufen sich Fälle, nach welchen die Post Pakete im Treppenhaus, Hauseingang oder ganz einfach vor dem Gebäude deponiert, welche dann verloren gehen oder - seien wir ehrlich - gestohlen werden. Das kostet nicht nur Geld sondern auch Nerven. Oliver Flüeler, Mediensprecher der Post, sieht aber kein Problem: Erstens seien die Pakete versichert, und zweitens könne man die Lieferungen ja verfolgen. Nur, ist ein nicht eingeschriebenes Paket einmal beim Haus des adressierten Empfängers deponiert, hilft diesem kein Tracking der Welt mehr. Zudem ist der Versicherungswert auf 500 Franken begrenzt, ausser man hat eine Transportpolice abgeschlossen. Dies, so Flüeler, ist Sache des Kunden: «Die Post weiss ja nicht, was im Paket drin ist.»

«Unter der Fussmatte» war wohl anders gemeint. Bild: imgur.com

Ihr wollt es doch so

Der gelbe Dienst setzt darum auf mehr Eigenverantwortung der Kunden: SMS-Benachrichtigungen, Tracking, Zustellung nach Bedarf, auch am Abend oder Wochenende und Paketstationen. Und eben, unbeaufsichtigtes Abladen. Flüeler nimmt seine Postboten in Schutz: «Es geht um einen Ermessensspielraum, den wir den Mitarbeitern gewähren, wie es ihn übrigens in jedem Beruf gibt.» Allerdings existiert dieser Spielraum erst seit weniger als drei Jahren. Warum das so sei, da gehen die Meinungen auseinander. Die Post sagt, die Kunden wünschen es vorwiegend so, diese hingegen befürchten den nächsten grossen Schritt zum endgültigen Abbau des Service Public. Was stimmt nun?

«Leider waren Sie nicht zu Hause,...» Post-Paket im Bundesrat. Bild: Keystone

Mach’s doch selber

Seitens der Post ist die Sache klar: Die Menschen sind mobil, digital und meiden den Gang zur Postfilialie. «Die alte PTT hat den Kunden viel mehr vorgeschrieben, heute wünschen diese für alles zehn Varianten,» wie Flüeler meint. Am Schalter anstehen gehört nicht dazu: «Dass Pakete deponiert werden, wird sogar geschätzt! Die Leute wollen nicht am nächsten Tag zum Schalter laufen, sondern ihr Paket so rasch und unkompliziert erhalten, wie sie es bestellt haben.» Da kann man so eine unbeliebte Poststelle ja auch dichtmachen? Ja, aber weshalb hält der gelbe Dienst gleichzeitig fest: «Wir schliessen natürlich keine Filialen, die gut frequentiert werden.» Service public also nur, wo er rentiert. 

Die Post braucht mehr Verteilzentralen. Bild: Keystone

Mehr Pakete, weniger Stauraum

Rechnet man da nicht an der Zukunft vorbei? Eine Filiale, die heute wenig Zulauf hat, könnte morgen überrannt sein. Denn der blühende Online-Handel droht, das Geschäft mit den Paketen deutlich zu verändern. Zalando gibt es in der Schweiz seit Ende 2011, die Umsätze im Online- und Versandhandel stiegen im selben Zeitraum um rund 50 Prozent. Auch die Post sieht sich mit erhöhtem Paketvolumen konfrontiert. In den letzten zwei, drei Jahren, so Flüeler, gab es jedes Jahr einen Rekord. 122 Millionen Pakete alleine 2016. Damit geht ein Ausbau bei der Paket-Infrastruktur einher: Bis 2020 muss die Post 150 Millionen Franken in drei neue Verteilzentren investieren

Die Post spannt mit Paketdiensten zusammen. Am Ende heisst dies: Keiner will's gewesen sein. Bild: barfi

Die andere Seite der Medaille: Bis 2020 sollen rund 1200 Arbeitsplätze sowie bis zu 600 Filialen verschwinden. Und mit diesen zunehmend auch die Möglichkeit, ein Paket zu lagern und zur Abholung bereit zu halten. Die Pakete müssen also schnellstmöglich bei den Empfängern abgeliefert werden. Trotz all der Tracking-Technik: Die Post und ihre angeheirateten Paketdienste klingeln eigenartiger Weise generell an der Tür, wenn niemand zu Hause ist. Falls der Knopf überhaupt gedrückt wird. 

Prompt parcel delivery

«Liebe Post: Du nervst entsetzlich!»

Flüeler ist sich sicher, die Boten können die Lage schon richtig einschätzen. Sie seien instruiert, Pakete vor Regen geschützt und nicht einsehbar zu deponieren. Von zunehmenden Reklamationen weiss er nichts. Das funktioniert nicht immer, wie Kunden an der Feldbergstrasse beweisen. Der zurückversetzte «Eingangsbereich» des Hauses (Adresse der Red. bekannt) ist nicht nur vor der Witterung geschützt, sondern auch ein beliebter Platz der Quartiers-Querschläger zum Rumlungern. Für Postboten offensichtlich ein geeigneter Ort, ein orange-weisses Zalando-Paket zu lagern. Die Anwohner sehen das anders und antworteten pragmatisch per Aushang: «Lieber Pöstler, bitte keine Pakete mehr im Eingang deponieren! Dies ist Kleinbasel und nicht Kleinbäretswil!!»

Da helfen die gebetsmühlenartigen heruntergeleierten schönen Worte der Post über den sogenannten Ausbau ihrer Leistungen nichts. Das Gegenteil ist der Fall. Päckli verschwinden, Fillialen auch. Aber vor allem unser Vertrauen in den ständig schrumpfenden gelben Riesen.

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