Von schön zu richtig hässlich: Der Aeschenplatz wird entflechtet. Hoffentlich. ©barfi
Von schön zu richtig hässlich: Der Aeschenplatz wird entflechtet. Hoffentlich. ©barfi
  • Christian Platz
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Das alte Elend Aeschenplatz: Jetzt solls ihm an den Kragen gehen

Seit heute ist es amtlich: Der Kanton sucht ein Team, das die Neuorganisation des Basler Aeschenplatzes plant. Honorar: 200'000 Franken. Das alte Elend Aeschenplatz soll also wieder mal in die Hand genommen werden. Zeit dafür ist es schon lange.

Verkehrstechnisch ist der Aeschenplatz eine der chaotischsten Zonen unserer Stadt. Drämmli, Autos, Velos, Fussgängerinnen, Fussgänger kommen hier nur mit grosser Mühe aneinander vorbei – und es gibt immer mal wieder lebensgefährliche Momente. Leider wurden am Aeschenplatz und in der Aeschenvorstadt auch einige der wüstesten Bausünden Basels begangen. Kann eine Planung für 200'000 Franken, die per Januar 2019 fertig sein soll, diesen Unort verbessern? Das wird nicht einfach. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Der Räuberwald

Im Mittelalter hörte die Stadt Basel bei der heutigen Tramstation Bankverein auf. Dort, wo sich heute der Aeschenplatz erstreckt, begann der Wald. Ein Wald, vor dem die Baslerinnen und Basler grossen Respekt hatten, denn dort wohnten die Wegelagerer und Räuber.

Erst mit dem Wachstum der Stadt im 13. und 14. Jahrhundert entstand die Aeschenvorstadt. Als neues Quartier, welches dann auch schon bald mit einem Schwibbogen gegen den Aeschenplatz, wo eben die gefährliche Wildnis begann, abgeschlossen wurde.

Herr Eschmar

Vielleicht war er der Wächter des Tors, vielleicht war er auch einfach ein bekannter Anwohner der Vorstadt, jener Mann namens Eschmar, der «dr Aesche» ihren Namen gegeben hat. Mit Asche hat der Name nämlich nichts zu tun, obwohl sich jene Stadtplaner, die jene unbefriedigende Situation geschaffen haben, die den Aeschenplatz heute noch und schon seit Jahrzehnten prägt, sich mit Fug und Recht Asche auf die Häupter hätten streuen können.

Das neue Tor

Als Ende des 14. Jahrhunderts die neue äussere Stadtmauer gebaut wurde – bei dieser Gelegenheit wurden übrigens auch die alten Verteidigungsgräben zugeschüttet – erhielt d'Aesche einen Wachturm und ein neues quadratisches Wehrtor. Ein solides Gebäude, das die Vorstadt in Richtung des Aeschenplatzes abschloss. Der Platz war also die Zone vor der Mauer, wieder ein Ort für Wegelagerer und Ausgestossene.

The Gangs of Basel

Nun entwickelte d’Aesche ihren eigenen Quartiercharakter. D’Aeschlemer, an die heute nur noch ein Fasnachtsmarsch erinnert, waren die Strassenbande, die hier regierte – und stetig mit den Stainlemern im Konfikt lag, wenn sich die beiden «Gangs», wie man heute sagen würde, nicht gerade zusammentaten, um die Kleinbasler zu bekämpfen. Da ist es manchmal zu recht blutigen Scharmützeln gekommen.

Arbeiter und Gewerbe

Die alte Aeschenvorstadt bestand aus schönen alten Basler Wohnhäusern, auch Beizen und Läden gab es hier zuhauf. Insgesamt erinnerte sie an die Dalbe-Vorstadt, die zum Glück erhalten geblieben ist, doch war sie ganz klar keine Oberschichtsadresse, sondern eine Arbeiter- und Gewerbestrasse. Doch von diesem Charme ist nichts übriggeblieben, hier ist alles der Planungswut zum Opfer gefallen.

Schicksal besiegelt

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Schicksal der Aesche besiegelt. 1858 beschloss der Rat, hier den Bahnhof zu bauen, deshalb wurden zunächst der Turm und das Zollhäuschen, das neben dem Tor stand, abgerissen – und wenig später auch das Aeschentor selber, da man es als Verkehrshindernis betrachtete.

Der Bahnhof SBB wurde dann jedoch einige hundert Meter weiter westlich gebaut. Der Aeschenplatz erhielt dafür einen mächtigen Springbrunnen, der ihn von 1866 bis 1908 zierte und bei der Bevölkerung sehr beliebt war. 1895 kam dann die erste Tramstation auf den Aeschenplatz. Und damit war der Startschuss für das heutige Chaos gefallen. 1947 kam es hier übrigens zu einem der schlimmsten Tramunfälle der Basler Geschichte.

In den Untergrund

1950 wären die Weichen für die Entwicklung des Platzes fast anders gestellt worden. Es wurde nämlich ernsthaft darüber nachgedacht, den Tramverkehr hier in den Untergrund zu verlegen. Ein ähnlicher Gedanke kam ins Spiel, als von 1966 bis 1970 das Heuwaage-Viadukt entstand, damals war von eine Unterführung die Rede, die den gesamten Verkehr vom Bahnhof – unter dem Aeschenplatz hindurch – in die Breite leiten sollte.

Beide Überlegungen kamen nie zur Ausführung, die Kosten waren zu hoch, beide hätten uns die heutige Situation erspart. Ebenfalls in den 1960er-Jahren wurden die meisten alten Häuser an der Vorstadt abgerissen und durch jene Betonburgen, jene Zweckbauten ersetzt, die das heutige Bild prägen.

Das wird nicht einfach

Und seither sind die Aesche und ihr Platz so chaotisch, wie wir sie heute kennen. Nun soll eine Neuorganisations-Planung für 200'000 Franken den Ort retten, die natürlich von externen Kräften gemacht werden soll. Bei der Stadt selbst will man sich damit nicht die Finger verbrennen. Klar ist heute schon – auch angesichts der traurigen Geschichte: Einfach wird das nicht.

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