Quelle: Wikimedia
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Das gewichtigste Problem der Basler Spitäler

Rund 12 % der Basler sind gemäss wissenschaftlichem Standartwert stark übergewichtig. Adipositas, nennen die Ärzte diese Krankheit. Noch schwerer sind in der Schweiz nur noch die Bewohner des Kantons Jura. Das stellt die Spitäler vor enorme Herausforderungen.

Ein herkömmliches Klinikbett hat mit einer bis zu 120 Kilogramm schweren Person kein Problem. Wiegt der Kranke jedoch mehr, stösst die Liege an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Und dies ist immer öfter der Fall. Nicht selten wurden stark übergewichtige Personen früher in ein Tierspital gebracht um untersucht und behandelt zu werden. Dort stehen Maschinen zur Verfügung, die für Grossgewichte konstruiert sind. So kam es durchaus vor, dass ein Adipositas-Patient in einem Spital für Humanmedizin nicht geröntgt werden konnte, da er aufgrund der Körperfülle schlicht in kein vorhandenes Gerät passte.

Dazu mieten statt kaufen

Solche Vorfälle sind selten geworden, aber es gibt sie auch heute noch. Trotz dem Versuch der Spitäler mit der erschreckenden Entwicklung Schritt zu halten, stossen Ärzte und Krankenpfleger mit den herkömmlichen Mitteln immer öfter an ihre Grenzen. Im Kantonsspital Baselland (KSBL) müssen Spitalbetten für Patienten mit einem Gewicht ab 200 kg angemietet werden. Im eigenen Inventar haben sie diese nicht. Doch mit diesem Ersatz sind längst nicht alle Probleme gelöst. Bei der stationären Behandlung eines Adipositas-Patienten erwartet das Pflegepersonal ein Rattenschwanz von Spezialmassnahmen. So ist zum Beispiel bereits die herkömmliche Krankenhaus-Kleidung für solche Fälle unbrauchbar, da schlicht zu klein - ein zusätzliches, aber noch lösbares Problem. Blutentnahmen oder intravenöse Injektionen führen schnell zu echten Komplikationen. Schon kleinere Eingriffe sind eine Herausforderung, grössere Operationen sehr aufwändig und risikoreich.

Immer schwieriger, oder teilweise sogar unmöglich, wurde der Einsatz herkömmlicher medizintechnischer Geräte.  Die Hersteller waren gezwungen umzudenken, bestätigt Martin Jordan, Mediensprecher des Unispital Basel: „So sind neue CT-Geräte darauf ausgerichtet, dass auch Adipositaspatienten untersucht werden können.“ Das Unispital Basel berücksichtigt heute bei jeglicher Beschaffung von neuem Mobiliar dessen Eignung für stark übergewichtige Patienten. Und das geht ins Geld.

Vergleicht man die Mobiliarpreise, versteht man schnell, wieso sich das KSBL dafür entschied diese bei Bedarf zu mieten. Alleine ein gewöhnlicher Stuhl der 250kg „erträgt“, kostet schon satte 924 Franken. Eine gewöhnliche Liege führt bei einem adipösen Patienten oft nach kurzer Zeit zu Druckgeschwüren. Aufblasbare Matratzen wirken dem entgegen, schlagen aber mit 9'000 Franken zu Buche. Rolf Hermetschweiler, Verwaltungsrat der auf medizinaltechnische Geräte spezialisierten Firma „Hermap AG“ zu solchen Problemen unserer Wohlstandgesellschaft: „Früher sind wir mit einem ein Meter breiten Stuhl belächelt worden. Heute ist das Alltag.“

Basel-Stadt besser vorbereitet

Obwohl man sich sowohl beim KSBL, wie auch dem Unispital Basel (USB) stetig auf die bedrohliche Gewichtszunahme der Bevölkerung einrichtet, ist das Basler Spital dank der Erneuerung des Klinikums 1 einen Schritt weiter als das Baselbiet. „Seit der Planung des Westflügels (Inbetriebnahme 2003) berücksichtigt das USB in seiner Architekturplanung konsequent die Bedürfnisse von Adipositaspatienten“, teilt Martin Jordan mit. „So wurde auf jeder Bettenstation das öffentliche Behinderten-WC extragross und mit breiter Türe gebaut. Auch die WC-Schüsseln sind speziell befestigt.“ In den OP-Sälen und Einleitungsräumen unterstützen die Gerätschaften bis zu 280 kg.

Jährlich würden nach einer (sehr!) groben Schätzung des Uni-Spitals 5-25 solche Patienten behandelt. Eine präzisere Zahl konnte man barfi.ch nicht mitteilen, da es an einer genauen Statistik noch fehle. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass laut einer Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums rund 12% der Basler adipös sind. Die Behandlung dieser Menschen stelle nicht nur eine medizinische Herausforderung dar, betont Martin Jordan: „Es ist für uns wichtig, die Würde der Patienten zu respektieren.“