• Nathan Leuenberger
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Der Name macht den Unterschied: Basels Traditionsbeizen

Die Anzahl der «Rössli» unter den Schweizer Beizen hat noch niemand gezählt, doch es gibt genug davon. In beinahe jeder Gemeinde gibt es eine. Um etwas besonderes zu sein und es auch zu zeigen braucht es schon einen speziellen Namen fürs Gasthaus. In Basel hat man dies früh entdeckt.

Heute nennen sich neue Stadt-Lokale «Renée» oder «Hugo». Man will modern sein. Das Hipstertum hat nicht nur Menükarte, Dekoration, sondern auch auf Gasthausnamen besetzt. Vorbei sind die Zeiten der «Krone», des «Bären» und den zahllosen «Ochsen». Da war Basel jedoch früher anders: In der Altstadt gab und gibt es eine Vielzahl an Traditionsbeizen, die sich alleine schon durch ihre Bezeichnung abheben. Doch weshalb? 

Brasserie zum Braunen Mutz

Bild: brauner-mutz-basel.ch

Bild: brauner-mutz-basel.ch

Der Mutz ist das Basler Traditionslokal schlechthin. Dabei sind die Wurzeln des Wahrzeichens am Barfi noch gar nicht so alt? Das Haus, in welchem der «Bruuni Mutz» seine Bleibe hat, wurde erst vor rund hundert Jahren, im Jahr 1914, erbaut. Doch es gab einen Vorgänger unter dem selben Namen und zwar schon einige Jahrhunderte.

Im 15. Jahrhundert öffnete das Haus «zum Braunen Mutz» ein erstes Mal seine Türen. Allerdings wurde weder gegessen noch getrunken, sondern gebadet. Und das nicht nur aus hygienischen Gründen. Hinter verschlossenen Türen sei es derart wild zu und her gegangen, dass die Badestube 1511 vom frommen Chorherrenstift aufgekauft und wieder geschlossen wurde. Ganz so wild wie in der Badestube geht es heute im Lokal mit dem berühmten Namen zwar nicht mehr zu, aber auch vom hundertjährigen «Braunen Mutz» gibt es unzählige Geschichten von langen Nächten, die mit Frömmigkeit nur wenig zu tun haben. 

Zum Schnabel 

Der «Schnabel» ist eines der ältesten Gasthäuser der Stadt: Hier wird Fasnacht seit jeher gross geschrieben – das ganze Jahr hindurch. Und sein Name besteht seit Ewigkeiten: Er stammt aus dem 14. Jahrhundert, als der Besitzer Johann Brunnass seine Herberge und Pferdestallung eröffnete. Der Name wurde dabei allerdings nicht gesucht, er wurde gegeben. Ob dabei die grosse Nase des Wirts oder dessen loses Mundwerk ausschlaggebend waren: Sicher ist man sich da heute nicht mehr.

Jedenfalls muss der Wirt Eindruck gemacht haben, denn auch die Schnabelgasse wurde nach ihm benannt. Da nicht weniger als zwölf Fasnachts-Cliquen das Haus noch heute ihre Stammbeiz nennen, müssen Brunnass und seine zahllosen Nachfolger immer sympathische Wirte gewesen sein. Und auch ein wenig frech: wer in der Quergasse, dem Trillengässlein, die Fassade betrachtet, dem wird ein bluttes Fudi gezeigt. 

Gifthüttli

Bild: gifthuettli.ch

Bild: gifthuettli.ch

Die Beiz im Bermudadreieck ist zwar «erst» etwa 120 Jahre alt, hat aber eine äusserst bewegte Zeit hinter sich. Denn bevor das Gifthüttli seinen heutigen Namen trug, hiess das Gasthaus «zum Ritter St. Georg» und stand noch verschoben in der Schneidergasse. Der damalige Wirt Innocenz Weiss wagte etwas, das damals noch unvorstellbar war: er schenkte nebst Wein auch Bier aus. Ein Privileg, welches zu dieser Zeit nur Gaststätten mit einer eigenen Hausbrauerei hatten.

Basel war im Aufruhr. Wie konnte man sich so eine Schweinerei erlauben? Die «Basler Nachrichten» vermeldeten: «... Bier das nicht direkt beim Bierbrauer getrunken werde, ist Gift.» Der Gründer freute sich darüber, dass sein Lokal für solchen Aufruhr sorgte und benannte es kurzerhand um in «Gifthüttli». 

Als Innocenz Weiss 1913 seine Liegenschaft an den Staat verkaufen musste, aufgrund einer Korrektur der Schneidergasse, liess sein Grossneffe ein neues Haus am heutigen Standort des «Gifthüttli» bauen und übernahm für seine Wirtschaft den schon etablierten Namen. Der frühere Wirt erlebte leider nur noch den Anfang der inzwischen langjährigen Restaurantgeschichte, Innocenz Weiss verstarb 1918 an einer Grippe. 

Au Violon

Die Violine ist ein Instrument mit verschiedenen Eigenschaften: Sanft kann sie sein, aber auch kräftig und verrucht. Daher ist der Name auch irgendwie passend für ein Lokal, welches im früheren Untersuchungsgefängnis Lohnhof wirtschaftet: das «Au violon». Erst 1999 wurde es eröffnet, man kann also noch nicht wirklich von einer Traditionsbeiz sprechen. Trotzdem ist die Geschichte hinter dem Namen interessant.

Zum einen nimmt das Restaurant damit Bezug auf das gegenüberliegende Musikmuseum im Lohnhof, zum anderen auf die Vergangenheit der Liegenschaft. «J'ai passé(e) la nuit au violon» ist ein französisches Sprichwort, was so viel heisst wie: «Ich habe eine Nacht im Untersuchungsgefängnis verbracht.» Das kann man auch noch heute, denn die Brasserie ist gleichzeitig auch ein Hotel. Wer in Frankreich in finsteren Kreisen Eindruck schinden möchte, kann das mit einer Nacht in Basel, ohne sich strafbar zu machen. Und gut gegessen hat man dann dabei auch noch. 

Löwenzorn

Bild: myswitzerland.com

Bild: myswitzerland.com

Um die Gaststube am Gemsberg ranken sich viele Mythen, und bis heute ist es unmöglich eine nahtlose Baugeschichte zusammenzustellen. Sicher ist nur, dass der heutige «Löwenzorn» aus verschiedenen alten Häusern besteht, die sich über die Jahre zu einem einzigen Komplex zusammgengefügt haben. Der Name? Ein grosses Fragezeichen: «Ja das mit dem Namen ist auch für uns ein Geheimnis», so der heutige Gastgeber Norbert Sieber gegenüber barfi.ch. «Es ist leider unbekannt woher der Name kommt und wie er entstanden ist. Selbst in der historischen Rubrik, welche bei uns im Löwenzorn hängt ist dazu nichts erwähnt.» 

Wer trotzdem mehr über die Geschichte des sagenumwobenen Restaurants erfahren will, kann das vor Ort im Eingangsbereich. Dort wurde alles zusammengetragen, was über das Restaurant und die Liegenschaft verbrieft ist. Nur die Herkunft des Namens fehlt auch da. Wie das frühere Schild vor dem Haupteingang: «Europas bester Schwartenmagen». Ein paar Gassenbuben hatten vor Urzeiten die Schrift erweitert und vor den einfachen Opa «Eur...» gesetzt.