Bild: barfi.ch
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  • Jonas Egli
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Die Wiege der Menschlichkeit: Ein Loblied an das Birsköpfli

Es dürfte heute der bisher heisseste Tag dieses Jahres werden. Zeit für eine längst fällige Ode an das Birsköpfli. Die immergrüne Oase ist jedem städtischen Vergleich gewachsen und trägt sogar zur interkantonalen Zwischenmenschlichkeit bei. Zumindest die eine Seite.

Wo ist das Nass am kühlsten? Wo ist die Nacht am lausten?
Wo ist der Platz am freisten? Wo sind die Bäume am schattigsten? Wo ist die Wiese am grünsten?

Richtig, am Birsköpfli. In den 80er Jahren noch bevölkert von Junkies und Randständigen, ist der Ort zwischen den Kantonen mit der sanft geschwungenen Brücke über die renaturierte Birs zu einem beliebten Rückzugsort in der Stadt geworden. Und das mit gutem Grund: Kein hipper kleinbasler Platz am Rhein kann mithalten, keine noch so kürzlich eröffnete Buvette ist dem Ort, der in Basel am meisten nach Ferien riecht, an Gemütlichkeit gewachsen. Es ist das Original. Das Birsköpfli verbreitet mitten in der Stadt das Gefühl, weit weg zu sein.

Bild: barfi.ch

Die Natur-in-der-Stadt

Auf drei Seiten brausen die hundert Linien der Eisen- und Autobahn über und unter einem unansehlichen Gewirr von Brücken vorbei, zwischen ihnen aber breitet sich das Birsköpfli aus und wehrt die üblen Gerüche und Geräusche der Stadt ab. Was auch immer rheinabwärts lockt, am Birskopf gibt es dasselbe bereits in besser. Doppelt.

Auf dem Rücken liegend, der Blick in die Wipfel der Glückseeligkeit. Bild: barfi.ch

Ist in der Stadt jeder Betonzentimeter für ein Sonnenbad bereits am frühen Nachmittag besetzt, am Birsköpfli halten die weiten, Kantone und Horizonte überspannenden Wiesen jederzeit ein Plätzchen für ein Strandtuch frei. Am Rheinbord sitzen sie auf einer gefundenden Chipstüte und fragen sich, warum sie nicht schon längst am Birsköpfli sind.

Damit nicht genug: Am Rhein gibt es den Rhein, aber am Birsköpfli gibt es dazu auch noch die Birs. Einmal mächtiger Strom, einmal gluckernder Bach. Entscheiden muss man sich nicht: Am Birskopf kann man gleichzeitig in zwei Wassern schwimmen.

Darf's ein wenig mehr sein? Baden am Birsdelta. Bild: barfi.ch

Die rheinische Betonpromenade ist zwar zweckdienlich, eine Wiese ist sie aber nicht. Im Hafenareal gibt es hübsche Bretterverschläge oder alte Hafenpoller zum Sitzen, aber eine richtige Wiese am Wasser, das gibt es nur am Birskopf. Die dichten Halme schmiegen sich um die Zehen wie ein Flokati-Teppich und versichern den Sonnenhungrigen: Ihr seid angekommen.

Das Birsköpfli hat nicht eine Buvette, sondern zwei. Das arkadische Buvetten-Äquivalent «Veranda Pellicanò» ist aus- und einladender als so manches Stadtpendant. Wer es einfacher mag, findet auf der Gegenseite mit dem «Birsköpfli Imbiss» einen simplen, vollgesprayten Container für das wirklich urbane Gefühl.

Die Landestelle mit ihren dürren Pappeln ist eine steinige, sonnenversengte Brache, die Bäume am Birsköpfli dagegen sind die Schattenspender, von dem das Rheinbord nur träumen kann. Die mächtigen, wogenden Blätterdacher am «Köpfli» machen deutlich: Der Schutz ihres luftigen Schattens ist kein Zwischennutzungsprojekt für wenige, sondern für alle und für die Ewigkeit.

Nichts als Wasser und Bäume. Bild: barfi.ch

Unruhe im Paradies

Wer also will, kann hier in zwei Flüssen baden, kann, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft und Konfession in zwei Kantonen sein Tuch ausbreiten und an zwei Buvetten die Raketenglacé über die Finger tropfen lassen. Birsköpfli: Ein Fest der Einigkeit? Leider nein.

Ein deutliches Zeichen aus dem Baselland. Bild. barfi.ch

Die landschäftliche Obrigkeit spielt nicht mit und räumt ihre Seite des Garten Eden seit über zehn Jahren konsequent ab 22 Uhr. Das ist heute noch so, wie Armin Wespi von der Birsfeldner Polizei in aller Deutlichkeit bestätigt: «Ja selbstverständlich!» Es habe sich bewährt und die andere Seite sei ja frei, eigene Massnahmen zu ergreifen, hört man vom Lande.

Der kantonale Exodus überquert also jeden Abend die Brücke, die nun nicht mehr verbindet, sondern trennt. Auf der Stadtseite treffen die Vertriebenen auf offene Grenzen: Hier sind alle und jederzeit willkommen. Die Kantonsfusion der Herzen, täglich am Birsköpfli.

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