Der grösste Schweizer Express-Kurier DPD steht in der Kritik: Seine Kuriere haben nichts zu lachen. Bild: Zalando
Der grösste Schweizer Express-Kurier DPD steht in der Kritik: Seine Kuriere haben nichts zu lachen. Bild: Zalando
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Die dunkle Seite der Internet-Päckchen: Hungerlöhne für Kuriere

Der grösste Kurierdienst der Schweiz, DPD, ist auch in der Region viel unterwegs. Der Paketdienst sorgt immer wieder wegen Hungerlöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen für Schlagzeilen. Die Gewerkschaft Syndicom kritisiert den Paketauslieferdienst, weil er sich nicht an die Arbeitsbedingungen hält.

 «Schrei vor Glück, oder schick's zurück!», wirbt Online-Modehändler Zalando für seine Päckchen. Die gestapelten Kurierpäckchen vor der Wohnungstüre gehören zum trendigen Haushalt, genauso wie die edle Espressomaschine. Die bestellten Päckchen, die für eine Art Dauerweihnachten sorgen, haben aber eine dunkle Seite. Als einer der grössten Kurierdienste in der Schweiz umgeht die DPD AG den Gesamtarbeitsvertrag. Die «Dynamic Parcel Distribution AG» hat nämlich ihre gesamten Transportdienste an Subunternehmer ausgelagert. Der Gewerkschafter Daniel Münger von Syndicom sagt: «Die DPD muss sich auch an den Gesamtarbeitsvertrag halten.» Das Modell der DPD sei «definitiv exotisch». Die Firma, die in der Region eine Abholstelle in Kaiseraugst und auch in Lörrach betreibt, hat weder eigene Fahrzeuge, noch stellt sie ihre Kuriere selbst ein.

Die Subunternehmer fahren die Päckchen für 2.20 Franken pro Stück aus. So dass ein Fahrer auf gerade einmal 220 Franken pro Tag kommt – auch wenn er es schafft, hundert Pakete auszufahren. Auf die alltäglichen Probleme im Kuriergewerbe weist DPD auf ihrer Homepage bei den «oft gestellten Fragen» gleich selbst hin. Da heisst es fröhlich: «Schade, wir haben Sie leider verpasst». In diesem Moment müsste der Fahrer, der die Ware auf die Stunde oder dreissig Minuten genau ausliefern muss, das Päckchen wieder mitnehmen. Dadurch verliert er aber Umsatz. Lässt er das Päckchen einfach liegen, werden ihm «Qualitätspunkte» abgezogen und er verdient pro Punkt 50 Franken weniger.

Fünf Minuten pro Päckchen

Die Kritik an den Arbeitsbedingungen der europaweit agierenden Firma flammt jetzt wieder auf. Über Umwege gehört sie der französischen Post. In Deutschland kritisierte sie der Enthüllungsreporter Günther Wallraff bereits 2014 massiv unter dem Titel: «Flexibel schuften ohne Perspektive». Während Zalando «schreit», lächelt die DPD: «Unsere Verantwortung nehmen wir persönlich wahr; denn was wir tun, tun wir gerne und sorgen bei jedem Kundenkontakt für ein Lächeln.» Die Sendung Kassensturz des Schweizer Fernsehens kritisierte den Kurierdienst DPD ebenfalls hart: Vor allem wegen des Vergütungsmodells. Nicht nur seien die 2.20 Franken pro Stopp zu wenig Geld, sondern der Fahrer trage das ganze unternehmerische Risiko alleine. Ebenso fragwürdig ist Strafpunkte-System der DPD für ihre Kuriere. Die Firma zieht ihren Subunternehmern Geld ab, sobald sie nicht zufrieden ist oder sich ein Kunde über eine Verspätung beklagt. 

Gewerkschafter Daniel Münger stellt klar:«In der Branche gibt es solche die sich an die branchenübliche Bedingungen halten und andere nicht. DPD gehört nicht dazu. Das Franchsing-System der DPD führt dazu, das die branchenüblichen Bedingungen kaum eingehalten werden können.» Der Kurierdienst selbst sieht das anders, er schreibt in einer Stellungnahme: «Das Geschäftsmodell von DPD ist ein bewährtes, gängiges System in der Logistikbranche.» Die Firma sagt auch, sie würde den Gesamtarbeitsvertrag KEP&Mail einhalten, da sie etwa ein nach Regionen und nach Grösse der Päckchen abgestimmtes Vergütungsmodell habe.

«Psychischer Druck und Angst»

Die Mindestanforderungen des Dachverbandes der privaten Kurierdienste sehen einen Lohn von 3'500 Franken pro Monat vor und eine Arbeitszeit von 43 Arbeitsstunden pro Woche. Um also hundert Pakete ausliefern zu können, bleiben dem Fahrer mit Einladen, Einsortieren, Anfahrt und Auslieferung inklusive Lächeln rund fünf Minuten. Das könnte ziemlich knapp werden. Und hundert Päckchen sollte er schon schaffen, da er von den 220 Franken noch Sprit und die Kosten für das Fahrzeug bezahlen muss. 

Dass es bei DPD nicht rund läuft, zeigen auch Aussagen auf dem Internet-Dienst Kununu, bei dem Angestellte Arbeitgeber bewerten können. Dort schreibt ein Mitarbeiter: «Sehr oft Konflikte zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden. Viel psychischer Druck und Mitarbeitende haben Angst sich zu äussern oder die Stelle zu verlieren.» Ein Blick auf weitere Bewertungen zeigt, dass die Mitarbeitenden in steter Angst leben, den Job zu verlieren. Daniel Münger erwartet, dass der Dachverband der Kurierunternehmen, KEP & MAIL, reagiert und an der Generalversammlung die DPD in die Pflicht nimmt. «Es spielt keine Rolle, dass die DPD ein internationaler Konzern ist, die Firma muss sich auch an die Gepflogenheiten in der Schweiz halten.» 

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