Früher ein stolzer Ausweis, heute im «Swiss Pass» versteckt: Das Halbtax der SBB. ©Keystone/barfi
Früher ein stolzer Ausweis, heute im «Swiss Pass» versteckt: Das Halbtax der SBB. ©Keystone/barfi
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Digitalisiert und schamlos nachgeschmissen: Die Entwertung des Halbtax-Abos

Das Halbtax-Abo im Ausweisformat war der Stolz der Zugfahrer. Heute ist das Halbtax im so genannten Swiss Pass versteckt, das ikonische «1/2» ist verschwunden. Die Verramschung des Abos zum halben Preis bei Interdiscount ist jetzt ein weiterer Gipfel der Entwertung einer Institution.

Die alte Identitätskarte war etwa vom gleichen Format: Ein robustes Büchlein, grau gebunden, ein strenges Foto über dem Namen, aufgenommen natürlich vom Fotografen. Adrett die Frisur, herausgeputzt die Kleidung und alles ins beste Studiolicht gerückt. Das Halbtax-Abo der SBB war dasselbe, ein Ausweis, der noch lange nicht als Kreditkarte daherkommen sollte. Das Büchlein, das Zugfahren zum halben Preis erlaubte, war ein Begleiter, der sich neben ID und Pass zeigen lassen konnte.

Dann kamen die Kreditkarten, man packte es praktisch ins Portemonnaie, denn der ID ging es genau so und dem Fahrausweis auch. Alles aufs handliche Formate der kleinen Karte gepresst. Seit zwei Jahren ist das Halbtax nun im «Swiss Pass» aufgegangen. Versteckt hinter einem einheitlichen Erscheinungsbild, das berühmte «1/2» verschwunden, nicht mehr zu unterscheiden vom noch stolzeren, aber privilegierten GA. Digitalisiert und optisch entsorgt.

Verramschung eines stolzen Symbols

Der aktuelle Gipfel der Entwertung ist die Verramschungsaktion von Interdiscount. Im Rahmen der ohnehin schon schamlosen Ausverkaufsaktion «Black Monday Week» schleuderte der zu Coop gehörende Elektronikfachmarkt den Neuabonnenten das Halbtax zum halben Preis hinterher. Natürlich war die Sache ein Erfolg, nach anderthalb Tagen war Schluss. Schlicht, weil Interdiscount von Anfragen überrannt wurde. Ab morgen Donnerstag soll die Aktion wieder verfügbar sein. 

Unmöglich, finden die Konsumentenschützer, und recht haben sie: Während aktionswütige Neukunden für einen Augenblick profitieren können, bleiben die bestehenden Kunden auf der Strecke wie die Lokomotive beim Ausfall einer Fahrleitung. Dass die SBB da mitmachen würden, sei problematisch, sagte Konsumentenschützerin Sara Stalder gegenüber blick.ch: «Wenn so viel Luft in den Preisen drin ist, dass solche Schnäppchen auf den Markt geworfen werden können, dann stimmt die Preisgestaltung generell nicht.»

Die Episode mit dem Kreditkarten-Halbtax

Die unfaire Schnäppchenwut ergiesst sich also über das Halbtax-Abo und vor allem: dessen Kunden. Angesichts der Infrastrukturkosten der Bahn und der aggressiven Immobilienpolitik der SBB, die das Schienennetz und den Kunden vom Preisdruck entlasten soll, ist die Aktion ein fragwürdiges Geschenk. Für die SBB ist das eine wunderbare Promo-Gelegenheit zum Kundenfang mit dem Swiss Pass. Für den Rest der Abonnenten ist es schlicht ein Hohn. Man erinnert sich ungern daran: Das Halbtax gabs auch schon mal günstiger, als man es zusammen mit einer Kreditkarte der «BonusCard.ch» erwarb. Die Aktion wurde nach einer Weile aufgelöst, man zahlte wieder normal und sass nun auf einer weiteren Kreditkarte, die man eigentlich gar nicht brauchte und sowieso nur wegen dem Halbtax gelöst hatte.

Nun also muss das Halbtax eben weiter vermarktet werden, wie die SBB gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagten. Oder präziser: Der «Swiss Pass» muss vermarktet werden: Denn damit haben die SBB weitere Pläne: Zusammen mit anderen Anbietern des öffentlichen Dienstes wie der Post soll der Swiss Pass eine Art neue digitale Identitätskarte werden. Das Kind heisst SwissID, steht bereits ersten Postportal-Kunden offen und ab 2018 folgen dann eben die «Swiss Pass»-Kunden. Insofern markiert die Verramschungsaktion des Halbtax einen weiteren Tiefpunkt: Die ehemalige Institution mit dem stolzen «1/2» darf sich nun noch als Topseller für den Kundenfang in einer neuen digitalen Ausweis-Ära bewähren.