Stau, Stau, Stau. BVB-Personal: Steigen Sie doch einfach zwischen den Haltestellen aus. Bild A. Schwald
Stau, Stau, Stau. BVB-Personal: Steigen Sie doch einfach zwischen den Haltestellen aus. Bild A. Schwald
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Drümmliges Drämmli-Puff am Barfi – und die einzige Lösung wird Ihnen auch nicht gefallen

Abendstau im Tramverkehr. Zwei Fahrzeuge besetzen die Haltestelle, vier weitere stehen bis zur Hauptpost. Die Regel, kein Ausnahmefall: Die Situation am Barfi ist trotz verkehrsfreier Innenstadt eine Zumutung für Tramfahrer und Fussgänger zugleich. Es gibt nur eine einfache Lösung – aber davor scheuen sich selbst die Basler Verkehrsbetriebe.Bleibt bloss die Frage: weshalb eigentlich?

Die Basler Innenstadt ist verkehrsfrei. Zumindest ab 11 Uhr morgens sollen die Fussgänger und Velofahrer freie Bahn haben, dazwischen dürfen die Drämmli durchrattern. Schönes Konzept, aber die Realität ist leider anders: Obwohl die Autos aus der Innenstadt verbannt worden sind, stehen die Fussgänger meist vor einer gelb-grünen Wand.

Der Grund: Die überwiegende Zahl der Basler Tramlinien führen über die Achse Barfüsserplatz/Marktplatz. Der Takt ist dicht. Und die Fahrzeugkombinationen werden immer länger. Schliesslich will das Volk in die Innenstadt und eine Tramlinie ist erst dann wirklich attraktiv, wenn sie den Barfi bedient. Bei einem Alltagstakt von 7,5 Minuten und insgesamt acht verkehrenden Linien heisst das: Pro Minute rattert zu Stosszeiten alle sechzig Sekunden garantiert mehr als ein Tram vorbei. Oder eben auch nicht.

«Steigen Sie hier aus, das macht doch keinen Sinn.»

Hopphopp, schnell drüber.

Das führt zu grotesken Staus. Im Abendverkehr stauen sich die Trams je nach Situation oft bis zur Hauptpost. Dann ist Warten angesagt. Für die Wagenführer genauso wie für die Fahrgäste. Zuweilen verliert selbst der Mann oder die Frau im Führerstand die Geduld. Dann öffnen sich die Türen und durch die Lautsprecher schallt ein genervtes: «Steigen Sie einfach hier aus, das macht doch keinen Sinn.»

Die derzeit von Baustellen gebeutelten Basler Verkehrsbetriebe (BVB) kennen das Problem bestens: «Die BVB beobachten die Situation – wie auf dem ganzen Netz – auch in der Innenstadtachse regelmässig», sagt Sprecher Benjamin Schmid. Die Ursachen für den Drämmli-Klumpen können sein: «Grosses Fahrgastaufkommen und entsprechend längere Standzeit an der Haltestelle, Stau, der durch andere Verkehrsteilnehmende verursacht wird, die Tram-Vortrittsregelung am Steinenberg und so weiter.»

Die einfachste Lösung ist ziemlich hart

Die grüne Wand blockiert.

Seit die Autos also weg sind, fällt das eigentliche Verkehrsproblem umso deutlicher auf: Zu viele Trams an einem zu engen Knotenpunkt. «Die einzige Möglichkeit, diese Achse nachhaltig zu entlasten, wäre die Zahl der Linien zu verkleinern, was aber nicht im Sinn des Fahrgasts wäre», sagt Schmid. Und damit nicht im Sinn der Verkehrsbetriebe. Stattdessen wird im Kleinen konfiguriert: «Die BVB versucht, mit weiteren Optimierungen des Fahrplans die Situation im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu verbessern.»

Alles andere wären bauliche Massnahmen. Und das wiederum bedeutet: Politische Prozesse und erneut Baustellen an neuralgischen Punkten der Innenstadt. Eine Linienführung durch die Einkaufsmeile Freie Strasse hätte stadtplanerisch und politisch genauso wenig Chancen wie eine Linienführung über den Petersgraben. Allein die geplante Verlegung der Tramschienen von der St. Johanns-Vorstadt durch die Spitalstrasse war ein politisches Mammutgeschäft. Und noch mehr Baustellen in Zeiten der ohnehin schon gross angelegten Gleiserneuerungen? Nein, danke.

Ein elender Knüppel am Knotenpunkt

Na, klingelts schon?

Die letzte Reduktion der Barfi-Verbindungen war 2001: Damals beschlossen die BVB, die Linie 15 nur noch Richtung Bruderholz über den Barfi zu leiten; Richtung Messe wird schon am Bankverein abgebogen und via Wettsteinbrücke ins Kleinbasel gefahren. Ansonsten verkehren nur die Linien 1, 2, 10 und 21 nicht via Barfi. 

Also wird im Kleinen geschraubt und alles mögliche an Optimierungspotenzial herausgeholt, während sich die Fahrgastzahlen schon auf hohem Niveau befinden und während noch mehr Quartiere und grenznahe Orte durch Streckenerweiterungen erschlossen werden. Natürlich von Linien, die über den Barfi verkehren: So etwa die Linie 3 nach St. Louis, wo die Franzosen bereits Ende dieses Jahres per Park+Ride statt per Eigenwagen mit dem Tram in die Stadt gelockt werden sollen. Oder natürlich Linie 8, die jetzt schon fröhlich und bumsvoll nach Weil fährt.

Aber vor allem klemmt dieses neue Herzstück

Nur ein spaltbreit Geduld. Oder auch nicht.

Bleibt nur eine Lösung: Alles unter den Boden. Aber auch dieser Plan harzt. Die als «Herzstück» bekannte Untergrundbahn für Basel steckt noch bei den Verhandlungen um eine Vorfinanzierung fest; die Kantone beider Basel hoffen, dass das Projekt in den vom Bund geplanten Ausbauschritt 2030/35 aufgenommen wird. Selbst wenn der Plan aufgehen sollte, wird es noch Jahrzehnte dauern, bis eine Alternative im Einsatz steht. In der Zwischenzeit heisst es: Warten. Im Tram, bis es endlich an der Station einfährt. Vor den Trams, bis der Weg auf die andere Strassenseite endlich frei und damit begehbar ist. Und an der Station, bis es das ersehnte Feierabendtram endlich an den Barfi geschafft hat.

Da nützt dann auch das kürzlich aufgelöste Warte-Regime wenig: Jetzt dürfen die Trams am Barfi zufahren, so lange vorne frei ist. Damit blockieren sie die nachfolgenden Trams zumindest nicht mehr. Was der Fahrgast natürlich wiederum mit Fluchen quittiert, denn sein Achtertram öffnet die Türen nicht mehr wie erwartet am hinteren Ende der Haltestelle, sondern drängt nach vorne, um dem nächsten Platz zu machen. Wie man den Knoten auch zu lösen versucht: Nur eine radikale Lösung würde Besserung verschaffen. Und die lautet vor allem: Unter den Boden damit. Möglichst komplett.

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Warten, warten, warten. Und bitte: warten.

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