Die aufgestellten Digitalspezialisten der Basler Polizei. Bild: JPP / Facebook
Die aufgestellten Digitalspezialisten der Basler Polizei. Bild: JPP / Facebook
  • Nathan Leuenberger
  • Aktualisiert am

Eltern überfordert. Acht Basler Polizisten zeigen Kindern den Umgang mit sozialen Medien

Instagram, Facebook und Youtube sind der Renner bei jungen Kindern. Und zugegeben: die digitale Welt macht Spass. Aber das Internet ist gross, dunkel und überall lauern ernste Gefahren unter dem Mantel der Anonymität. Die Kinder deswegen völlig davon fernhalten? Das wäre ebenso falsch, wie unrealistisch: Eine Abteilung der Polizei schafft, was viele Eltern nicht, noch nicht, oder nicht mehr können - sich vielleicht auch nicht zutrauen.

Diese Polizisten wissen wie die Jugend tickt. Bild: JPP

Diese Polizisten wissen wie die Jugend tickt. Bild: JPP

«Wir gehen flächendeckend auf alle Basler Schulen zu, um mit den Kindern und Jugendlichen über digitale Medien zu sprechen», sagt Katja Arnold von der Jugend- und Präventionspolizei (JPP). Die Bedeutung von Social Media im Alltag hat in den letzten Jahren stark zugenommen – in jeder Altersklasse. Dass Kinder und Jugendliche schon früh ihr eigenes Smartphone bekommen ist längst keine Seltenheit mehr, ein Account bei Instagram schnell erstellt, Whatsapp gehört mittlerweile sowieso zur Grundausstattung und auch an harten Pornoseiten führen mittlerweile leider weder guter Wille, noch vermeintlich sichere Filter im Netz vorbei. 

Ein Grossteil der Eltern ist überfordert. Sie sind oft selbst nicht in Kontakt mit dieser virtuellen Welt, können ihre Kinder weder anleiten noch schützen. Und genau hier setzt ein Spezialteam der Kantonspolizei Basel an. Ohne Absicht Bussen und Verzeigungen auszusprechen. Ihre einzige Aufgabe: helfen. Das achtköpfige Team der JPP, welches aus fachmännisch ausgebildeten Polizisten besteht, hat sich auf diese Arbeit spezialisiert. Sie wissen wie die Jugend tickt, was sie beschäftigt. Während ihren Workshops an Schulen zeigen sie den Heranwachsenden wie man sich im Internet richtig verhält. Es gilt ein sicheres Passwort anzulegen, generell Misstrauen gegenüber Fremden an den Tag zu legen und: schau mal, diese Fotos sollten besser nicht hochgeladen werden.

«Wir wollen keine Verbote aussprechen oder Angst verbreiten, aber die Jugendlichen aufmerksam darauf machen, was ihr Verhalten für Folgen haben könnte», so Arnold. Cybermobbing und Sexting seien wichtige Themen, die mit den Kindern behandelt werden. «Mittlerweile findet das Mobbing nicht mehr, wie in der Vergangenheit, nur im Klassenzimmer statt, sondern in Sozialen Medien. Das passiert auch oft im Whatsapp-Klassenchat.» Obwohl standardmässig während den Workshops mehrere Themen behandelt würden, habe die JPP auf Anfrage von Lehrern deshalb auch extra Unterrichtseinheiten zum Thema Cybermobbing eingeführt.

Katja Arnold im Einsatz in einer Primarschule. Bild: JPP

Katja Arnold im Einsatz in einer Primarschule. Bild: JPP

Workshops an Schulen sind nicht immer spannend. Bei den digitalen Medien würden die Schüler allerdings sehr schnell hellhörig, sagt Arnold: «Wir werden manchmal von Lehrern darauf hingewiesen, dass es Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen in ihrer Klasse hat. Wer das ist, können wir im Nachhinein nur selten sagen.» Denn die Schüler bringen sich aktiv in die Diskussion ein - es betrifft sie alle.

Desinteressierte Eltern

Nach den Workshops führt die JPP jeweils einen Elternabend durch. Interessierte Eltern haben da die Möglichkeit zu erfahren, welche Themen und wie diese mit ihren Zöglingen behandelt wurden. Im Gegensatz zum aufgeschlossenen Nachwuchs bleibt das grosse Interesse hier aber leider manchmal aus: «Schade ist, dass es nicht alle für nötig halten. Dabei ist der Umgang mit den Medienerziehung heute ein wichtiger Teil der elterlichen Erziehung. Wenn man das Freizeitverhalten der Kinder anschaut kommen digitale Medien schon kurz nach ‹Freunde treffen›.»

Auch wenn es erstaunt, das Thema wirke zum Teil sogar abschreckend auf Eltern. Dabei brauche es nicht viel, um die eigenen Kinder richtig anzuleiten, sagt Arnold: «Grundsätzlich unterscheidet sich diese Erziehung nicht vom Rest. Man muss sich nur Zeit nehmen und mit dem Kind zusammensetzen. Es geht nicht darum, dass die Eltern den Kindern erklären wie etwas technisch funktioniert – das wissen diese schon selbst. Gespür und Lebenserfahrung, um das geht es.»

Freund und Helfer 

Schulbesuche sind bei weitem nicht die einzige Aufgabe der JPP. Die Kinder bleiben oftmals in Kontakt mit den Polizisten und kommen mit ihren Problem auf sie zu. Die sind auch leicht erreichbar: via Instagram, Facebook oder Whatsapp, die JPP hat überall einen Account. «Wir werden oft von jüngeren Schülern, die wir von Schulbesuchen kennen, über Instagram angeschrieben, wenn sie ein Problem haben oder Rat brauchen», erklärt Katja Arnold. Auch über Facebook sind sie nicht schwer zu finden.

Und wer die Polizisten lieber im realen Leben treffen möchte, muss auch nicht weit suchen: «Wir sind meist freitag- oder samstagabends unterwegs an den Hotspots. Dort werden wir immer wieder angesprochen von Jugendlichen, die wir vielleicht vor Jahren getroffen haben.» Man tauscht sich aus, pflegt den Kontakt, hat ein offenes Ohr. Dabei sind Jugendpolizisten zivil unterwegs, denn eine Uniform könne abschreckend wirken.

Auch für Eltern ein Ansprechspartner 

Das Spektrum der JPP-Arbeit ist breit aber nicht unendlich. Falls sie mit einem Suchtproblem konfrontiert werden, sind sie vielleicht nicht das richtige Ressort. «Dann verweisen wir auf die Abteilung Sucht oder eine der darauf spezialisierten Organisationen im Kanton», erklärt Katja Arnold. Ein gutes Netzwerk zu haben, sei wichtig und das würde auch gepflegt.

Nicht nur Jugendliche können sich bei den Polizisten melden, Eltern dürfen ebenfalls gerne anrufen, falls sie ein Anliegen haben. Die Jugend- und Präventionspolizei ist für sie genau so Freund und Helfer. Sei es digital oder real: Kinder gehören begleitet und teilweise eben auch angeleitet. Selbst wenn die überforderten Eltern sich dem Thema Social Media manchmal am liebsten verschliessen würden, ihre Kinder bewegen sich trotzdem dort. Wegschauen hilft da gar nicht.

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