Mit der Wahrheit ist es oft so eine Sache. Das wissen wir alle. Der Baselbieter Regierungspräsident, Anton Lauber, erklärte im Interview gegenüber der Basellandschaftlichen Zeitung Mitte Dezember: «Für eine Anlage dieser Grössenordnung gibt es in Baselland kaum andere Areale, weshalb man sich relativ rasch auf das Feldreben-Areal fokussiert hat. Es wird ein ordentliches Baugesuch und keinen Eingriff in die Böden geben. Zudem liess der Kanton die Luftbelastung in den Hallen und im Freien untersuchen. Sowohl die Luft als auch das Abwasser sind unbedenklich.»
Luft wirklich unbedenklich?
Erstaunlich für einen Ort an dem 950'000 Kubikmeter Siedlungsabfälle verbuddelt wurden. Die Vorgängerfirmen der Chemiegiganten Novartis, Syngenta und BASF versenkten zudem von 1940 bis 1957 noch zwischen 14'000 bis 25'000 Tonnen Chemiemüll auf dem Areal. Nach jahrelangen Streitereien, nicht zuletzt wegen des Grundwasserbrunnens in der Hard, rang sich der Kanton Baselland durch, die Deponie auf dem ehemaligen Logistikareal der Transport Union für 176 Millionen Franken gemäss der Altlasten-Verordnung sanieren zu lassen.
Kritik zum Verstummen gebracht
Mit seiner Aussage brachte Regierungspräsident Lauber die Kritik am Projekt der Flüchtlingsregistrierungsstelle zum verstummen. Das Baselbiet liess sich als Kanton feiern, der in der Flüchtlingspolitik eine Vorreiterrolle übernimmt. Den Skeptikern, wie etwa Hanspeter Meier von der Allianz Deponien Muttenz, der befürchtete, die Sanierung werde weiter hinausgeschoben, schenkte man wenig Gehör. Das zeigt auch die Antwort von Dieter Leutwiler, Sprecher des Bau- und Umweltdepartements in Liestal auf die Frage, wie die Belastung der Luft in den Gebäuden sei: «Die Firma Sieber Cassina + Partner AG betreut die vorgesehene Sanierung der Deponie Feldreben seit über zwölf Jahren und hat im November 2015 auf Anfrage des Grundeigentümers bestätigt, dass derzeit keine Gefährdung durch Deponiegase für die sich in den Gebäuden auf dem Areal der Deponie Feldreben aufhaltenden Personen besteht. Die Nutzung der Gebäude zu Wohnzwecken ist somit möglich.»
Kein Ort zum Schlafen
Der Altlastenexperte und Geograf Martin Forter aus Basel sagt: «Eine Giftmülldeponie erscheint mir jetzt nicht als geeigneter Ort, um dort zu schlafen. Ich würde das auf jeden Fall nicht machen.» Der Altlastenexperte verweist auf den Anhang A7 des ersten Berichts über die Deponie. Er sagt, es seien damals zwei Proben von Raumluft genommen worden. Diese seien ausschliesslich auf Sauerstoff, Methan und CO2 untersucht worden. Das sind aber nicht die richtigen Substanzen, die man messen müsste. Bezüglich des Gases Methan schreibe dies SCP 2007 sogar selber.
Die Bohrungen im Boden hätten gezeigt, dass man beispielsweise nach Trichlorethen oder Tetrachlorethen hätte suchen müssen. Selbst das hochgiftige Vinylchlorid könne nicht ausgeschlossen werden. Es sind mindestens sieben Substanzen, die man in der Feldrebengrube bis jetzt gefunden hat. Das Messgerät PID (Photoionisationsdetektor), das 2005 ebenfalls für Messungen in den Innenräumen verwendet worden sei, sei zu wenig sensibel, um diese Substanzen überhaupt zuverlässig zu erfassen.
Alte Luftmessungen
Dennoch findet Rainer Bachmann, stellvertretender Amtsleiter Ressort Altlasten und nachhaltige Entwicklung, gegenüber barfi.ch: «Es sind keine neuen Messungen der Luft nötig, da dies 2005 abgeklärt wurde. Die Böden sind versiegelt, da kann nichts in die Luft austreten, dies haben die Untersuchungen der Ingenieure eindeutig ergeben.» Martin Forter dagegen ist nicht so sicher: Eine Giftmülldeponie ist grundsätzlich kein geeigneter Ort, um dort zu schlafen. Ich würde das auf jeden Fall nicht machen.» Bei der Feldrebengrube sei zudem offensichtlich „nie abgeklärt worden, ob Menschen auf der Deponie gefahrlos leben und wohnen können. Somit sind die Voraussetzungen, um dort zu wohnen, aus meiner Sicht nicht gegeben»
Es ist so eine Sache mit der Wahrheit. Eines aber ist sicher: Keine Baselbieterin oder kein Baselbieter – und mit den Kindern schon gar nicht – würde auf einer Chemiemülldeponie übernachten. Die Flüchtlinge wären aber bis drei Monaten in diesen Hallen untergebracht.