Schnell was eingesackt und weg damit. Ladendiebstähle werden nicht nur mit Verzeigung und Bussen, sondern auch mit Hausverboten bestraft. ©Keystone
Schnell was eingesackt und weg damit. Ladendiebstähle werden nicht nur mit Verzeigung und Bussen, sondern auch mit Hausverboten bestraft. ©Keystone
  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Halleluja, Gopfriedstutz: Vorweihnachtszeit ist ein Paradies für Ladendiebe

Tannenbäume, Glühwein, Weihnachtslichter: Mit der hohen Zeit des Konsums kommen auch die Diebe. Ob am Self-Checkout oder im Elektronikmarkt: Jetzt werden Laden- und Taschendiebstähle in Basel wieder zur Landplage. Die Polizei warnt, die Läden machen sich bereit.

Im Coop liegen die hässlichen Socken mit den irgendwo im chinesischen Hinterland gestickten Weihnachtsmannmotiven zum Knallerpreis in der Auslage und auch H&M hält seine grünrotweissen Geschmacklosigkeiten in Form einer Festtagskollektion feil. In der Gerbergasse und in der Freien Strasse montieren sie die Weihnachtsbeleuchtung, in der Spalenvorstadt stehen ein paar dürre Tannen rum und ja, man spürt es überall: Die Adventszeit kommt. Und mit ihr die Druggedde der einkaufswütigen Bevölkerung. 

Wenn die Auslagen in den Geschäften voll sind mit Geschenkideen, naht auch die grosse Zeit derer, die gratis etwas abstauben. In Deutschland macht gerade eine Untersuchung namens «2016 Retail Holiday Season Global Forecast» die Runde. Laut dem Papier der amerikanischen Einzelhandels- und Warensicherungsspezialisten Ernie Deyle und Checkpoint Systems würden zwischen Oktober und Dezember weltweit alleine 41 Prozent der jährlichen Verluste im Detailhandel durch so genannten «Warenschwund» entstehen.

Weihnachtszeit, Langfingerzeit

«Warenschwund»: Was für ein herrliches Wort für Ladendiebstähle. Teils ganz individuell getätigt, denn Gelegenheit macht Diebe, aber natürlich auch organisiert von ganzen Diebesbaden. Davon sind wir hierzulande genau so betroffen. Wo der Wohlstand blüht, folgen die Profiteure sofort. 

Wer sein Karma verdunkeln will, ist natürlich selber schuld. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum Beispiel durch die bei Teenagern beliebten Gelegenheitsdiebstähle von Kleinwaren, auch in Basel beliebt: Der Billigschmuckladen «Claire’s». Oder an den neuen Self-Checkout-Kassen bei Migros und Coop. Dort werden laut den Grossverteilern zwischen 8 und 10 Prozent der Waren gratis eingesteckt. Das Magazin «Vice» hat ein paar hübsche Geschichten von Gelegenheits-Langfingern im Supermarkt gesammelt. Aber mal abgesehen vom Karma hat die Sache auch sehr weltliche Konsequenzen: Festnahme, Verzeigung, Busse.

In der Vorweihnachtszeit nimmt das ganze nochmals eine andere Dimension an. Besonders beliebt bei den Ladendieben sind laut der amerikanischen Untersuchung immer noch teure Unterhaltungselektronik – Smartphones, Tablets, Konsolen – und natürlich leckeres Essen. Aber auch andere Waren verschwinden gut und gerne in den Taschen. Die Basler Polizei führt jedes Jahr die Aktion «Noël» durch, das ist französisch für Weihnachten. Ein Wort, das man auch ennet der Grenze im Elsass versteht.

Vergangenes Jahr machte die Basler Polizei im Rahmen von «Noël» insgesamt 58 Diebe dingfest. Dieses Jahr geht die Aktion am 23. November wieder los, wie Sprecher Martin Schütz sagt. Nicht, dass die Polizei untätig wäre: Bereits im Herbstmessegedränge patroullierten Uniformierte und Zivilpolizisten fleissig. Dieses Jahr wars aber weitgehend ruhig, wie Schütz sagt. Nahm die Polizei an der Herbstmesse 2015 noch 28 Langfinger fest, waren es dieses Jahr nur vier.

Sicherheitsvorkehrungen

Im Adventsverkauf aber wird die Sache nochmals heisser. Das sagt auch die Firma Manor mit Hauptsitz in Basel. «In der Vorweihnachtszeit und vor den Festtagen ist die Besucherfrequenz in unseren Häusern jedoch höher als während des Jahres, dementsprechend gibt es auch mehr Diebstahlsversuche», sagt Mediensprecherin Elle Steinbrecher. Die Konsequenzen: «Unsere Warenhäuser verfügen aber über ein hohes Sicherheitsdispositiv, das zur Diebstahlprävention eingesetzt wird. Wird ein Ladendieb auf frischer Tat ertappt, dann informieren wir in der Regel sofort die Polizei und bringen den Diebstahl zur Anzeige. In der Regel wird ein Hausverbot erteilt.» Sicherheitspartner ist die Firma Securitas. Konkrete Angaben zur Anzahl Vorkommnisse und zur Schadenssumme könne die Firma Manor allerdings nicht machen.

Nicht nur die Ladendiebe, auch die Taschendiebe machen gern ihre Runden. Dafür lancieren die Polizeien der Kantone derzeit wieder ihre Präventionskampagnen. Und spulen das alljährliche Mantra an Tipps ab: Portemonnaie sicher verstauen oder fest in der Hand halten, wachsam bleiben, sich nicht bedrängen lassen und besondere Vorsicht bei Trickdieben, die einem in ein Gespräch verwickeln oder einem anderweitig zu nahe kommen, um Wertsachen abzustauben. In Basel erinnern zusätzlich Tramdurchsagen daran, dass Langfinger im weihnächtlichen Getümmel unterwegs sind.

Im Gedränge schlagen sie zu

Egal also, ob im Ladengedränge, im Tram, im Café oder sonstwo im vorweihnachtsgestressten Innenstadtleben: Augen auf. Und wer mit der Verlockung liebäugelt, mal schnell den Festschmaus gratis am Self-Checkout im Coop vorbeizeuschleusen oder die Freundin mit einer scharfen Kamera zu beeindrucken, bitte: Der Spruch mit «keine Absicht» zählt nicht. Wer stiehlt, macht sich strafbar. Auch wenn man nicht mehr daran glaubt, dass der Santichlaus einem in den Sack packt oder mit Karma nicht viel anfangen kann. Denn die weltliche Gerichtsbarkeit wiegt immer noch stärker – und kommt einem schon in diesem Leben teurer zu stehen.

Wenigstens wächst dieses Jahr die Lust der Schweizer, wieder kräftiger ins Adventsgeschäft zu investieren – und damit für die schöne Bescherung auch zu bezahlen. Die Konsumlust der Schweizer sei dank der wirtschaftlichen Erholung im Inland auf hohem Niveau, frohlockt die Nachrichtenagentur SDA: Für Weihnachten wollen Erwachsene in diesem Jahr durchschnittlich 294 Schweizer Franken ausgeben, wie es in der Mitteilung des Beratungsunternehmens Ernst & Young vom Donnerstag heisst. Wenn das mal keine guten Nachrichten sind. Für den Detailhandel, für die Justiz und auch für den lieben Gott, der dieses Jahr zu Weihnachten vielleicht ein paar Langfinger weniger im Fegefeuer braten muss.

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