Die Hells Angels sind immer für einen Ausritt und manchmal auch für mehr zu haben – auch in der Schweiz. Bild Keystone.
Die Hells Angels sind immer für einen Ausritt und manchmal auch für mehr zu haben – auch in der Schweiz. Bild Keystone.
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Hells Angels Basel: Heisser Ritt zwischen Töffromantik und krimineller Rockergang

Die Basler Hells Angels entstanden vor sieben Jahren als Abwehrreaktion gegen die Konkurrenzgang Bandidos. Nach einem Zwischenhalt im Kleinbasel zog der Motorradclub wegen Platz- und Parkplatzmangel nach Münchenstein. Im Baselbiet stand jetzt einer von ihnen vor dem Richter, während in Deutschland schon wieder eine Razzia lief.

Zurück zum Jahresrückblick

Eine Grossrazzia bei den deutschen Hells Angels, im Baselbiet ein Geldeintreiber vor Gericht: Viel Ärger letzte Woche für den Motorradclub Hells Angels. In Deutschland fand die Polizei Waffen, Drogen, Bargeld und beschlagnahmte sogar einige Motorradräder, da der Motorradclub als «kriminelle Vereinigung» verboten ist. Da geht es mindestens äusserlich im Club-Lokal der hiesigen Hells Angels, dem «Red And White Palace» in Münchenstein, ruhiger zu. Das Basler Chapter wurde 2010 in aller Eile gegründet, um den Territorialanspruch einer anderen Rockergang abzuwehren. An der Kleinbasler Hammerstrasse wurde es den Höllenengeln bald zu eng. Dazu machte ihnen die Parkplatznot zu schaffen. Drei Jahre war man auf der Suche nach einem Lokal und wurde schliesslich an der Emil Frey-Strasse fündig. Für die Nachbarn ist der Rockerpalast an der vielbefahrenen Strasse nach Münchenstein kein Problem. Auch die Gemeinde ist zufrieden mit den Engeln. Immerhin sei man pünktlich über die Jubiläumsparty informiert worden. Während der Gerichtsfall im Baselbiet belegt, dass Drohungen und Waffen auch in Basel eine Rolle spielen, gelang es in der Schweiz trotz einer Grossrazzia beim Zürcher Chapter nicht, den Motorradclub als kriminelle Organisation zu verbieten. In Deutschland dagegen ist die Gangart der Justiz härter, so sagt der Justiziminister von Nordrheinwestfalen: «Die Mitglieder des Vereins sind nachweislich kriminell. Ihr Alltag besteht aus Gewalt, Waffen, Drogen und Zwangsprostitution.»

Alltag aus Gewalt, Waffen, Drogen

In der Schweiz dagegen gibt man sich als Club. Es gehe um Motorradräder. Gleichzeitig zeigten sich die Hells Angels vor zwei Jahren in der Auseinandersetzung mit der Konkurrenzgang Bandidos unerbittlich. Einige Prügeleien später gibt man nun auf der Webseite den Tarif durch: Die Hells bestimmen, wer in der Schweiz ein Grosspatch-Motorradclub sein darf, der seine Farben auf dem Rücken spazierenfahren darf. Ordnet sich ein Motorradfahrer nicht diesem Kodex unter, wird er kompromisslos zur Räson gebracht. Kurz gesagt, heftig verprügelt. Äusserlich zelebrieren die Hells Angels eine archaische Lebensweise. Schnell fahren, feiern, ein harter, freiheitsliebender Kerl sein. Und ja, Frauen gehören auf den Sozius. Mitglied der Hells können sie nicht werden. Von der tiefen Verstrickung in Prostitution oder Drogen will man seit den Milieu-Razzien in Zürich vor über zehn Jahren nichts mehr wissen. Auch mit Schutzgeld-Zahlungen will man nichts mehr zu tun haben. Geschickt haben die Rocker das Geschäftsmodell offizialisiert. Behauptete man etwa früher gerne, die Rockergang sorge an der Langstrasse in Zürich als eine Art Parallelpolizei für Ordnung, so schützt man heute als Security-Unternehmer die einschlägigen Etablissements. So können die Türsteher aus den eigenen Reihen immer ein wachsames Auge auf das Geschäft halten. 

Das Image des freiheitsliebenden Rabauken

In Basel konnte den Hells Angels nie eine Verbindung zur Rotlicht-Szene nachgewiesen werden. Doch das Vereinsleben kennt keinen Kantönligeist und keine Landesgrenzen: So weiss nicht einmal die Schweizer Bundespolizei wirklich genau, wieviele «Töffliebhaber» zum hiesigen «Chapter» gehören, obwohl ihr die gut organisierten Rocker seit der Gründung 1970 in Zürich ein Dorn im Auge sind. Aber in Basel dürften es schon rund hundert Motorradbegeisterte mit dem grossem Patch sein. Während im Ausland immer mehr dunkle Geschäfte von Waffen-, über Menschenhandel bis hin zu Drogen auffliegen, so zeigen sich die hiesigen Rocker als liebenswerte Rabauken, die gerne grillieren, freiheitsliebend sind und für ihren Club alles tun. Ganz vom Tisch zu kriegen sind die Verdachte aber nicht, dass man sich hier grenzübergreifend an den Geschäften der badischen Nachbarn beteiligt und hier und da aushilft. In Lörrach und Freiburg stehen die Motorradliebhaber des Totenkopfclubs regelmässig wegen Waffenbesitz oder Drogen vor Gericht. Aber das seien Einzelfälle, Ausnahmen: Solche Dinge hätten mit dem Vereinsleben des Motorradclubs nichts zu tun, sagt etwa der Chef der Hells Angels Schweiz Patrick Hermetschweiler. Während sich Hermetschweiler als freiheitsliebender Motorrad-Romantiker ausgibt, der Töffteile vertreibt, ist er gleichzeitig an verschiedenen Kontaktbars oder Treuhandfirmen, die solche besitzen beteiligt, wie die Onlineplattform watson schreibt. Der Zürcher Rocker-Anwalt Valentin Landmann rechtfertigt diese Geschäfte mit dem Wort «Gastronomie». Das würde der Chef der Engel auch jemanden sagen, der ihn frage. Denn «Gastronomie» klingt ja im Zweifelsfall wirklich besser als «organisierte Kriminalität».

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