Trotz langer Kontrollen am Badischen Bahnhof gute Laune im Sonderzug nach Hamburg. Bild: NoG20
Trotz langer Kontrollen am Badischen Bahnhof gute Laune im Sonderzug nach Hamburg. Bild: NoG20
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Im Anarcho-Express durchsucht, in Hamburg eingekesselt: Basler Demonstranten zurück aus Hamburg

Rund 250 Demonstranten aus der Schweiz liessen sich am Donnerstag am Badischen Bahnhof mehrere Stunden lang festhalten und nahmen eine vierzehnstündige Reise mit dem Sonderzug auf sich. Warum Baslerinnen und Basler sich das antun – und was davon zurück blieb.

«Ich mache mir Sorgen wegen der globalen Erwärmung. Ein konkretes politisches Ziel verfolge ich eigentlich nicht», sagt die 24-jährige Ramona auf Anfrage von barfi.ch. Die Basler Studentin erzählt, dass die Kontrollen am Badischen Bahnhof schon happig gewesen seien und sie verstehe auch nicht, warum die Basler Polizei der Deutschen Polizei bei «dieser Schikane» mitgeholfen habe: «Schliesslich ist mein Ausweis in Ordnung und ich habe mir noch nie etwas zu schulden kommen lassen. Aber schon ein einziges Tuch hat den Deutschen Zöllnern gereicht, um alles noch gründlicher zu durchsuchen.»

Die Aloe-Vera-Kanone 

Es habe sie auch aufgeregt, dass auch ihre Aloe-Vera-Körperlotion gereicht habe, um sie als verdächtig erscheinen lassen. «Man kann ja schlecht mit Aloe Vera ein Auto anzünden, oder?». Sie habe schon damit gerechnet, dass es heftig werden könne. Aber dass dann ihr Camp schon nach der ersten Nacht von Polizisten in Kampfmontur eingekesselt worden sei und alle Zelte und der Kaffeestand abgerissen worden seien, um sie zu vertreiben, habe sie enttäuscht: «In unserem Camp waren alle friedlich, haben diskutiert und gesungen, da hat niemand Randale gemacht, trotzdem kamen wir unter die Räder.»

Gedemütigt

Felix, 45, ist ein erfahrener und leidenschaftlicher Anarchist. Seit einigen Jahren lebt der Sozialarbeiter in Basel. Er wiederum ist froh, dass man ihn überhaupt in den Anarcho-Express hineingelassen hat. «Andere bekamen einfach einen Zettel mit einem Kreuz drauf und fertig.» Für ihn ist vor allem wichtig, dass man den «Mächtigen zeigt, dass es uns noch gibt». Klar, die gewaltlose Occupy-Bewegung sei ein Vorbild, aber jede Schikane müsse man sich nicht gefallen lassen, meint er, nach den Krawallen gefragt. Für Felix ist klar, dass die Polizei seit der Abfahrt in Basel immer überreagiert habe. So ganz kann er zwar abgefackelte Autos und geplünderte Läden auch nicht ganz verstehen. Doch sieht er das «harte Durchgreifen» der Polizei als Ursache: «Wenn die Polizei so heftig reagiert, kommt eins zum anderen. Da eskaliert die Situation im Schutz einer friedlichen Demo. Es kommt zu Scharmützeln und plötzlich machen noch andere Leute ausserhalb der Demo mit.»

Vor allem müde

Ramona und Felix reagieren unterschiedlich auf die Frage, ob sie wieder nach Hamburg reisen würden. Ramona meint, sie würde es sich genau überlegen. Vor allem, dass das Camp einfach so abgerissen worden sei, habe sie mitgenommen. Das sei einfach ungerecht gewesen. «Noch nie bin ich von Polizisten oder von sonst jemandem im Staatsdienst in so kurzer Zeit, so viel gedemütigt worden. Das möchte ich eigentlich nicht mehr erleben.»

Für Felix stehen jetzt wieder andere politische Inhalte im Vordergrund, wie etwa die Kurdenfrage oder die Bespitzelung der Bevölkerung. Die Reise bereue er aber nicht: «Hunderttausend Protestierende haben gezeigt, dass es noch Widerstand gibt und das ist ein Erfolg.» Aber vor allem sei er jetzt von der langen Reise erschöpft. Er sei froh gewesen, am Sonntag wieder in Basel angekommen zu sein. Und aus dem Badischen Bahnhof rauszukommen, sei dann zum Glück viel einfacher gewesen als reinzukommen.

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*Namen der Redaktion bekannt.

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