Immer mehr Ladenflächen sind in Basel-Stadt ausgeschrieben. Bild: CH
Immer mehr Ladenflächen sind in Basel-Stadt ausgeschrieben. Bild: CH
  • Christian Gentsch
  • Aktualisiert am

Innenstadt verschönert, aber doch immer mehr Ladenflächen ausgeschrieben

Je länger, je mehr herrscht gähnende Leere in den Schaufenstern der Einkaufsstrassen der Schweizer Städte. Basel ist neben Zürich ein extremes Beispiel. Luzern will dem Lädelisterben den Kampf ansagen. Basel versucht gleich mit verschiedenen Konzepten den Einkaufsmeilen neues Leben einzuhauchen.

Mal schnell bei Outfittery die neuesten Outfits abchecken, im iTunes-Store einen fetzigen Frühlingstrack herunterladen oder Jacke und Schuhe, die man gerade im Laden anprobiert hat, auf Zalando bestellen. Viele tun es jeden Tag: Online-Shopping. Die Folgen davon sind leere Schaufenster in den Einkaufsmeilen und hilflose Gesichter der Ladenbesitzer.

Über 70 Prozent mehr Ladenflächen ausgeschrieben

 Nach Auswertungen des Spezialisten für räumliche Daten «Meta Sys» ist die Anzahl Inserate, in denen Ladenflächen zur Vermietung ausgeschrieben sind, nach 2012 stetig gestiegen. Mittlerweile verbuchen 15 Schweizer Städte eine durchschnittliche Steigerung dieser Annoncen von siebzig Prozent im Vergleich zu 2012. Basel liegt mit 73 Prozent gar noch über dem Durschnitt. Spitzenreiter mit sagenhaften 202 Prozent ist Zürich. Massnahmen sind schwierig zu ergreifen, da viele verschiedene Faktoren wie die Weltwirtschaftslage, Stadtplanung, Konsumverhalten, neue Technologien, Vermieter und letztendlich die Ladenbesitzer das Gedeihen oder den Zerfall der Geschäfte in den Innenstädten beeinflussen.

Luzern gibt Gegensteuer

Die Stadt Luzern liegt landesweit mit einer 105-prozentigen Steigerung der inserierten Ladenflächen auf dem zweiten Platz. Grund genug diesem Trend gegenzusteuern. Darum gaben die Luzerner eine Studie zur «Attraktivierung der Innenstadt» in Auftrag, um das «Lädelistärbe» proaktiv zu bekämpfen. So sollen zum Beispiel mehr Sitzgelegenheiten geschaffen werden, die zum Verweilen einladen und somit der Innenstadt mehr Leben einhauchen. Darüber hinaus müsse die Zusammenarbeit mit den Immobilieneigentümern verstärkt, die Öffnungszeiten und Nutzungsdauer der Läden flexibilisiert und Events unterstützt werden.

Die Zentren werden langweilig

Auch in Basel herrscht Handlungsbedarf. Patrick Erny, Projektleiter Politik Gewerbeverband Basel-Stadt, nennt verschiedene Ursachen, die zu leeren Schaufenstern in der Stadt führen. «Einkaufstourismus», «steigende Bedeutung des Online-Handels», sowie eine «mangelhafte Verkehrserschliessung der Innenstadt», sowie Regulierungs- und Gebührenlast seien entscheidende Faktoren für das Lädelisterben in den Einkaufszonen. Michel Molinari, Vorstandspräsident des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT), sieht zusätzlich die «Filialisierung» der Innenstädte als grosses Problem: «Die Einkaufsmeilen der Städte gleichen sich zunehmend, da sich nur noch grosse, international agierende Ketten die hohen Mietpreise leisten». Die Vielfalt des Angebots gehe verloren, da lokale und kleine Geschäfte in andere Quartiere mit geringerer Laufkundschaft gedrängt würden. Auch würden sich viele grosse Retail-Player Zeit lassen, um ihre gemieteten Ladenflächen zu beziehen. Die Ladenfläche werde zwar gemietet, doch die Eröffnung des Shops fände oft erst Monate später statt.

Zwischennutzung für Startups, eine Verlegenheitslösung?

Ein Lösungskonzept gegen leerstehende Ladenflächen könne eine Zwischennutzung bieten. So sagt Mathias F. Böhm, Geschäftsführer des Vereins Pro Innerstadt Basel, «dass es für viele Startups eine ideale Lösung wäre, diese vorübergehend leerstehenden Flächen zu einem geringeren Mietzins zu nutzen und somit ihr Konzept zu testen».

Gewinner dieses Konzepts wären nicht nur die Jungunternehmer, sondern auch die Stadt und der Vermieter selbst. Jedoch liegt die Entscheidung die Ladenfläche für eine Zwischennutzung freizugeben bei den Eigentümern und den aktuellen Mietern. Ein anderer Lösungsansatz sind die sogenannten Pop-Up-Stores. Hierbei handelt es sich um Geschäfte, die darauf spezialisiert sind nur für eine kurze Zeit ihre Produkte und Dienstleistungen am jeweiligen Standort feilzubieten. «In unserer digitalisierten Welt erwarten die Kunden immer neue Angebote. Diesem Bedürfnis kommen Pop-Up-Stores auf der Strasse nach.» In Deutschland würde das Konzept gut ankommen und weiter professionalisiert werden, was auch in der Schweiz erwartet werden könne.

Es wird nie mehr, wie es war

 «Doch alle diese Massnahmen können den grundlegenden strukturellen Wandel nicht aufhalten», sagt Böhm. Obwohl in der Schweiz der Marktanteil des Online-Handels noch immer im einstelligen Prozentbereich liege, bleibe der Wandel spürbar und werde sich, wie in den umliegenden Ländern auch, weiter verstärken. Es sei falsch dagegen anzukämpfen, sagt Böhm, sondern man müsse die Verschmelzung beider Verkaufsformen vorantreiben. Am wichtigsten sei die Gestaltung der Stadt, um das angesiedelte Gewebe zu unterstützen. Die Stadt hat im Hinblick auf die Attraktivität der Einkaufs-, Flanier- und Aufenthaltsorte bereits gehandelt, wie Brigitte Meyer, Generalsekretärin des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt, mitteilt: «Für die umfassende Neugestaltung der Innenstadt genehmigte der Grosse Rat im April 2015 insgesamt 26.5 Mio. Franken.» Der Kanton konzentriere sich auf die Stärkung von günstigen Rahmenbedingungen. Doch auch die Verschönerung der Stadt und verbesserte Rahmenbedingungen können die Veränderungen in den Innenstädten nicht aufhalten. Es gibt keine Patentlösung gegen den Wandel im Detailhandel. Die Läden haben nur die Wahl, Wandel und Fortschritt mitzumachen.