©IG Ryybutzete
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  • Andreas Schwald
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Müllhalde Rhein: tonnenweise Abfall landen jetzt im Bach, im Herbst muss er von Hand rausgefischt werden

Um die zehn Tonnen bewusst oder aus purer Dummheit illegal versenkter Abfall erwarten die Taucher im Herbst, wenn sie nach vier Jahren zum ersten Mal wieder den Müll rausfischen, der jetzt im Sommer achtlos am Rheinbord einfach in den Fluss gekippt wird. Von Bierflaschen über Einweggrills bis zu Velos und grösserem ist alles dabei. Die Sauerei ist seit Jahren störend.

Der Affenfelsen am Kleinbasler Kopf der Mittleren Brücke ist die Fundgrube für gebrauchte und defekte Grills. Dort, unter der sitzenden Helvetia, landen haufenweise gebrauchte Einweggrills und teils auch defekte normale Grillgestelle im Rhein. Achtlos entsorgt, einfach ins Wasser spediert, während die Rheinschwimmer abwärts treiben.

Insgesamt um die zehn Tonnen fischen freiwillige Taucher alle vier Jahre aus dem Rhein. Der ganze Unrat, welcher während der so genannten Ryybutzete aus dem Wasser geholt wird, ist genau das, was jetzt in diesen Tagen des Sommers im grossen Fluss landet. Zwar stellt die Stadtreinigung Abfalltonnen am Ufer auf, aber die Grüsel unter den Rheinhockern kümmert das wenig; schliesslich ist da Fliessgewässer, was unter der Oberfläche liegt, interessiert doch keinen.

Abfall gehört nicht in den Fluss

Kommt auch mal hervor: Eine Schusswaffe.

«Wir finden da so ziemlich alles, was man ins Wasser werfen kann», sagt Mike Bosshard, IG-Präsident der Tauchclubs beider Basel. Bosshard ist selbst erfahrener Taucher und Ryybutzete-Veteran. Spritzen, Scherben, Flaschen machen das Tragen von Schnittschutzhandschuhen unerlässlich. Doch geborgen werden auch Kickboards, Velos, selbst Töffs. Man findet Anker und eben: Grills, Teller, Besteck. Die traurigen Überreste fröhlicher Abende mit halbverbrannten Würsten.

Betroffen ist vor allem die ufernahe Zone, also alles, was gegen rund 10 Meter in den Fluss reicht und bis zu drei Meter tief ist. «Die ausgebaggerte Fahrrinne der Schiffe ist tabu für uns», sagt Bosshard. Das sei aber nicht schlimm, denn dort liege kaum Müll: Die Strömung ist zu stark und Schiffsschrauben zerkleinern Material schnell. «Selbst Sonarmessungen haben ergeben, dass dort keine starke Verschmutzung ist», so Bosshard.

Grosses Augenmerk auf die Schadstoffbelastungen

Die Rheintaucher im Einsatz.

Den Turnus der einzigen umfassenden Räumung im Rhein bestimmt die Interessensgemeinschaft Ryybutzete, vier Jahre hätten sich derzeit als geeignet erwiesen, sagt Bosshard. Denn beteiligt sind beim Putzen nicht nur Taucher. Unterstützt wird die Aktion vom Tiefbauamt, der Kantons- und Rheinpolizei, der Rettung Basel-Stadt, den Schweizerischen Rheinhäfen unter Beteiligung der IG der Tauchclubs beider Basel, des Verbands der hiesigen Wasserfahrvereine, dem kantonalen Fischereiverband und diversen Privatpersonen. Entsorgt wird der Müll schliesslich vom Tiefbauamt nach allen Regeln der Kunst.

Auswirkungen auf die Wasserqualität haben die Abfälle allerdings weniger. Gefährlicher sind da Schadstoffbelastungen, denen das Amt für Umwelt und Energie nachspürt. Diese sei in Ordnung, wie es auf Anfrage heisst, und die Werte der Überwachungsstation in Weil stützen das. Auch die Badewasserqualität des Rheins wird durch die Müllsauerei nur bedingt beeinträchtigt, wie es seitens Kantonslabor heisst.

Badewasserqualität anfangs Juli gut bis sehr gut

Schiffshinterlassenschaften müssen auch entsorgt werden.

«Wir überprüfen die Badewasserqualität des Rheins während der Sommersaison nur sporadisch», sagt Sylvia Gautsch, Leiterin Mikrobiologie beim Kantonslabor. Bei der letzten Messung am 6. Juli war die Qualität gut bis sehr gut. «In Anbetracht der heftigen Gewitter und Regenfälle dürfte sie im Moment eher schlechter sein.» Schwemmwasser und Aufwühlungen trüben dann das Wasser, auch Schmelzwasser im Frühjahr macht den Rhein eher dreckiger. Und gerade in heissen, trockenen Sommern, wenn der Wasserstand oft tief ist, können sich allfällige Verschmutzungen konzentrieren und werden nur langsam weggeschwemmt, so Gautsch.

Ausgerechnet der Stolz der Stadt, die leidenschaftlich mit dem Rheinschwimmen für sich wirbt, wird durch dessen Einwohner mit Abfällen zugeschüttet. Ein anständiger Umgang mit dem wichtigsten Wahrzeichen ist unumgänglich – nicht nur, damit die Taucher weniger zu tun haben, sondern weil sich alle dort aufhalten wollen. Schliesslich ist der Bach die zentralste Naherholungszone von ganz Basel – da darf man Vater Rhein ruhig auch den entsprechenden Respekt entgegenbringen. Selbst am Affenfelsen.

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Die nächste Basler Ryybutzete findet am 9. September 2017 zwischen 8 und 12 Uhr statt.

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