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  • Kenneth Steiner
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Muttenzerkurve gegen E-Sportler: Trotz Erfolg, Kritik an Playstation-Zockern

Während immer mehr Fussballvereine von Paris bis Manchester den virtuellen Fussball und das zugehörige Geschäft entdecken, lässt die Muttenzerkurve zum Rückrundenstart schwarzen Rauch aufsteigen und will den eSportlern «dr Stegger» ziehen.

Schon einmal von Tim Katnawatos oder Luca Boller gehört? Oder Florian Müller spielen sehen? Wahrscheinlich wissen selbst beim FC Basel nur die wenigsten Fans etwas über die drei jungen Männer, die seit dem Sommer die Trikots ihres Vereins tragen. Zugegeben: Katnawatos ist genauso wenig ein aufstrebender Nachwuchs-Fussballspieler, wie Boller ein millionenteurer Neuzugang. Beim Rückrundenauftakt gegen Lugano am vergangenen Sonntag im Joggeli stand keiner von ihnen eine Sekunde auf dem Platz. Denn, auch wenn die Drei passabel mit einem echten Ball umgehen könnten: Ihre Partien im Trikot des FCB spielen sie bei «FIFA 18» auf Spielkonsolen.

Boller, Müller und Katnawatos sind eSportler. Ihr Talent liegt darin, dass sie die Fussballsimulation «FIFA» besser beherrschen, als die Amateurspieler, die sich nur zum Spass an die Playstation setzen.

Tim Katnawatos, Luca Boller, Fabian Müller ©FCB

Vom grünen Rasen in den Cyberspace

Der Grund warum der FC Basel gleich drei eSport-Spieler verpflichtete, ist schnell gefunden: Der FCB will seine digitale Präsenz ausbauen. Das soll neue Fans bringen und Sponsoren anziehen. Und der Markt dafür ist gross. Ein Grossteil der weltweit etwa 300 Millionen eSport-Anhänger sind junge Männer zwischen 14 und 39 Jahren. Und ebenso wichtig für die global expandierenden Fussballklubs: In Asien ist eSport noch populärer als hierzulande. Mit den Konsolen-Zockern kann rotblau auf einfache Weise die Marke «FC Basel» etwa in China bekannter machen. Dort winkt das grosse Geld. Vom Verkauf von Fernsehrechten bis hin zur Vermarktung von Tourneen im fernen Osten, wie es die Grossclubs Bayern München oder Champions League-Gegner Manchester City schon seit Jahren tun.

Schwarzer Rauch von den Fans

Bei dieser Entwicklung bekommt der FC Basel nun aber Gegenwind aus der eigenen Fan-Szene. Beim Rückrundenauftakt am Sonntag sah man beim Einlaufen der Spieler kein Banner in der Muttenzerkurve das die Rückkehrer Stocker und Frei begrüsste oder eine Choreo, die zum Angriff auf YB geblasen hätte. Stattdessen stieg pechschwarzer Rauch aus der Muttenzerkurve auf und ein Banner mit der Aufschrift: «ESPORTS DR STEGGER ZIEH» wurde hochgehalten. Bis zum Anstoss gegen den FC Lugano verzichteten die Basler Ultras auf jeglichen Fahneneinsatz und auf das übliche Einheizen der Mannschaft, um ihrer Forderung «eSports dr Stegger zieh» Ausdruck zu verleihen. Ein klareres Nein zur digitalen Expansion und Kommerzialisierung ihres Clubs könnte die Fanszene aus der Muttenzerkurve nicht abgeben.

FCB will weiter zocken

Der FCB war sich bereits vor der Aktion der Muttenzerkurve am Sonntag bewusst, dass die eSport Aktivitäten bei einigen Fans ein Streitthema darstellen, sieht in der Kritik jedoch keinen Grund von der Strategie abzuweichen. «Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass das Thema bei einem Teil unserer Fans – wie das auch bei vielen anderen Themen rund um den FCB der Fall ist – kontrovers diskutiert wird», sagt Simon Walter, Social Media Manager des FCB, auf Anfrage von barfi.ch. Warum die Kritik der Muttenzerkurve genau am vergangenen Sonntag laut wurde, bleibt unklar. «Einen konkreten Auslöser für die Aktion der Muttenzerkurve vor dem gestrigen Anpfiff ist uns nicht bekannt», sagt Simon Walter weiter.

An Erfolg mangelt es den drei FCB-eSportlern jedenfalls nicht. Sie machen den Farben rotblau alle Ehre: Die Spieler wurden im letzten Jahr Vize-Weltmeister an der Playstation (CodyDerFinisher, Florian Müller), Schweizermeister (LuBo, Luca Boller) und Wintermeister in der Europäischen Liga ESL (TheStrxngeR, Tim Katnawatos). Und auch die FCB-eSports-Facebook-Seite des FCB zählt jetzt schon 6.622 Abonnenten. Am Ende wird sich der Fanprotest wohl in Rauch auflösen. Denn der virtuelle Fussball wird seinen Siegeszug wohl weiter fortsetzen.

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