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  • Christine Staehelin / barfi.ch

Nach Baselworld-Vorwurf an Basler Gastronomen kontert Wirtepräsident Ebneter: «Billige Suche nach dem Sündenbock»

Mit dem Rückzug der Swatch Group verliert die Baselworld ihren bisher grössten Aussteller. Die Messeleitung sieht die Schuld nicht nur in den eigenen Reihen, sondern auch bei den Hotel- und Restaurantpreisen, die jeweils während der Baselworld steigen würden. Wirtepräsident Maurus Ebenter weist die Vorwürfe vehement zurück.

   

Der Schock sitzt tief. Die Swatch Group wird an der Baselworld 2019 nicht mehr vertreten sein. Das Schweizer Unternehmen ist mit fast allen seiner 18 Marken und einem Messebudget von über 50 Millionen Franken der bisher grösste und wichtigste Aussteller an der Baselworld. Dass sich das Konzept der ehemaligen Uhren- und Schmuckmesse ändern muss, steht fest. Die Kritik von Nick Hayek, CEO Swatch Group, die Baselworld habe dynamischer und kreativer zu werden, nimmt die neue Leitung ernst. Hayeks weiterer Vorwurf, die Restaurants und Hotels seien während der Baselworld zu teuer, nennt die Messe mit als Grund für den Rückzug der Swatch Group. Doch damit macht sie es sich zu einfach.  

68 Franken für ein Schnitzel?

Wie Messeleiter Michel Loris-Melikoff gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen sagte, seien die Preise für die Hotel-Übernachtungen und Restaurants während der Messe zu hoch. «Es kann nicht sein, dass man für ein Schnitzel mit Pommes-Frites während der Baselworld oder während der Art Basel 68 Franken bezahlt», so der Messeleiter. 

Suche nach dem Sündenbock

Für den Basler Wirtepräsidenten Maurus Ebneter sind diese Vorwürfe «eine Frechheit». Dass neben der Messe selber auch das Umfeld stimmen muss, sei selbstverständlich. Dass zu hohe Restaurantpreise die Aussteller von Basel fernhalten würden, stimme nun wirklich nicht. «Hier wird auf billige Art nach einem Sündenbock gesucht», sagt Ebneter deutlich. Das Gastgewerbe sei in einem harten Wettbewerb und es gebe Angebote in allen Preisklassen.

Die Einladung eines Produzenten zu einem teuren Essen ist  noch immer ein Zeichen von Wertschätzung gegenüber dem Kunden. Bild © Basel Tourismus 

«Auch wir tragen selbstverständlich eine Verantwortung, und fast alle Betriebe kommen ihr nach». Sein eben erst zurückgetretener Vorgänger, Seppi Schüpfer, wird noch deutlicher. «Dieser Herr von der Messe soll gefälligst umgehend nennen, wo in Basel – egal ob Messe oder nicht – jemals für ein Schnitzel Pommes Frites dieser sagenhafte Preis verlangt worden ist. Selbst der Kaffee kostet das ganze Jahr hindurch immer gleich viel».

Natürlich gäbe es Einzelfälle, die mit überhöhten Preisen während Messen den Umsatz steigern möchten, ergänzt Maurus Ebneter.  «Dies sehen wir nicht gerne, doch gibt es das überall auf der Welt». Wenn Hotel- und Gastronomiepreise in Basel für die Aussteller zu hoch wären, würden wesentlich mehr von ihnen ins Umland ausweichen. «Doch genau das geschieht gerade an der Baselworld nicht in grossem Stil».

In Hayeks Vorwurf, die Restaurants und Hotels seien während der Baselworld zu teuer, nennt die Messe mit als Grund für den Rückzug der Swatch Group. Doch damit macht sie es sich zu einfach. Bild: Basel Tourismus 

Fest steht, dass die Restaurants ihre Menü-Preise nicht erhöhen, unter Umständen zusätzlich ein Spezial-Gericht für gutbetuchte Baselworld-Gäste anbieten. Ist doch die Einladung eines Produzenten zu einem teuren Essen noch immer ein Zeichen von Wertschätzung gegenüber dem Kunden. 

Den Rundumschlag der Messeleitung kann Ebneter nicht nachvollziehen. «Mit diesem Manöver will sie von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken».  

«Wenn Swatch, Rolex oder Patek Philippe aussteigen, gibt es uns nicht mehr»

In den vergangenen Jahren musste die Baselworld seitens der Aussteller zunehmende Kritik einstecken. Dieses Jahr kamen noch 700 Aussteller, 2017 noch deren 1'300. Die Luft für die Messe Schweiz wird dünn und dünner. René Kamm, CEO der Messe Schweiz, sagte im März gegenüber Blick: «Wenn Swatch, Rolex oder Patek Philippe aussteigen, gibt es uns nicht mehr.» Ob Rolex, Patek Philippe oder auch Tag Heuer an der nächstjährigen Baselworld in Basel sein werden, wollen die Firmen barfi.ch auf Anfrage hin nicht beantworten, sondern verwiesen direkt an die Baselworld.  

Nach dem heutigen Sturzflug der MCH-Aktie an der Börse und den sich häufenden Hiobsbotschaften, drohen ernsthafte Wegzugsgedanken. Auch wenn Messeleiter Loris-Melikoff zuversichtlich ist und sagt: «Baselworld wird weiterhin existieren - egal, was passiert.» Und passieren kann in diesen Zeiten viel, vor allem auch rasch. Gibt es da doch eine sehr attraktive und vor allem verglichen mit Basel erfolgreiche Alternative am Lac Léman. Möge Loris-Melikoff Recht behalten. Baselworld bedeutet uns Baslern weit mehr als nur eine Messe.

 

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