• Christine Staehelin
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«Phantom der Oper»: Vor zwanzig Jahren fiel der letzte Vorhang

Die Rolle des Monsters mit Herzschmerz im «Phantom der Oper» machte den Baselbieter Florian Schneider zum Star. Zwanzig Jahre später schwelgt der Sänger und Schauspieler in Erinnerungen.

Zwei Jahre lang begeisterte die Geschichte des Phantoms, das in den Kellergewölben der Pariser «Opéra Garnier» lebt und sich in das Chormädchen Christine verliebt, das Publikum im Basler Musical Theater. Bei 740 Vorstelllungen stand über 500 Mal Florian Schneider als Phantom auf der Bühne. Zwanzig Jahre nach dem letzten Vorhang erinnert er sich für barfi.ch an diese Zeit zurück. 

Zum «Phantom der Oper»

Ob Florian Schneider geahnt hätte, dass sich sein Leben im Sommer 1994 komplett ändern würde? «Ich war von einem Musicalgastspiel in Deutschland als Frank n’Futer in der Rocky Horror Show in Saarbrücken eben erst um drei Uhr in der Früh wieder zuhause in Liestal angekommen, als mich eine Agentin schon um neun Uhr morgens anrief und sagte, dass ich am Nachmittag einen Vorsing-Termin für das «Phantom» in Basel wahrnehmen könne», erinnert sich der Tenor. 

Eine einmalige Gelegenheit für den Schauspieler und Sänger. Nachdem er der Jury dann die Phantom-Arie «The Music of The Night» vorgesungen hatte, kam die Frage, ob er noch andere Vorsingstücke dabei habe? Darauf erwiderte der Baselbieter, in einer Stunde könne er wieder da sein, mit den Noten von andern Stücken von Andrew Lloyd Webber. «Das hat die Jury aus Engländern und Amerikanern sehr überrascht», lacht Florian Schneider. Denn erst jetzt hatten sie begriffen, dass ein Sänger aus der Region vor ihnen stand.

In die letzte von drei Auswahlrunden kamen Florian Schneider und Oesteyn Wyyk. Wyyk war ein guter Freund aus Schweden. «Nach dem Vorsingen tranken wir zusammen einen Whiskey und hielten fest, dass wir Freunde bleiben würden - egal, wer den Part bekommt», sagt Florian Schneider heute. Am nächsten Tag erhielt er den Anruf: Ab 1995 werde er das Phantom der Oper in Basel spielen. Die Freundschaft hielt trotzdem bis heute. 

Das Musical 

Erst als schon lange feststand, dass Florian Schneider das Phantom spielen würde, sah der Sänger das Musical erstmals in London. In der britischen Hauptstadt wurde die Maske für das Phantom für Schneider angefertigt. «Ich ergriff gleich die Gelegenheit und sah dann die Londoner Aufführung», erinnert sich Florian Schneider. Trotz der 500 gesungenen Vorstellungen als Phantom sei ihm die Musik nie verleidet. «Ich musste jeden Abend die Emotionen hervorrufen und den Zuschauerinnen und Zuschauern die Geschichte des Phantoms nahebringen», sagt der Sänger.  Und ein spannende Information: Die reine Gesangszeit des Phantoms der Oper beträgt nur zwanzig Minuten.

Star der Stunde

Florian Schneider, Andrew Lloyd Webber und Ute Baum an der Premiere im Oktober 1995. (© Florian Schneider) 

Die Produzenten aus New York machten den Baselbieter zum Star: mit einem eigenen Chauffeur, Essen in den elegantesten Restaurants. Für Florian Schneider war dies eine neue Erfahrung. Auf dem Boden geblieben ist er trotzdem: «Diese Star-Behandlung war natürlich wunderbar. Aber es wurde auch viel von mir erwartet: Ich musste immer mein Bestes geben», relativiert Florian Schneider die Vorzugsbehandlung. Und das gab er auch: Die Aufführung in Basel galt als beste «Phantom»-Inszenierung weltweit. «In Basel waren die Emotionen beim Ensemble stärker und grösser als bei den anderen Aufführungen», sagt Florian Schneider.

Die Phantom-Familie

Florian Schneider und Ute Baum. 

«Oft hört man, Theaterensembles seien wie eine Familie», sagt Florian Schneider. «Aber bei uns war es wirklich so.» Das Ensemble des Phantoms der Oper hielt zusammen: Jeden Abend motivierten sich die Sängerinnen und Sänger gegenseitig, noch besser zu spielen und zu singen als am Abend vorher. Sogar an den freien Tagen trafen sich die Sängerinnen und Sänger.

Die emotionalste Szene

Florian Schneider als «Phantom der Oper». 

«Die Schlusszene war meine absolute Lieblingsszene», sagt Florian Schneider. Das letzte Aufbäumen des Phantoms, die Verzweiflung, um dann schlussendlich doch mit Stolz zu verschwinden, war für den Baselbieter Sänger ein Highlight. Beverley Worboys, die Zweitbesetzung der Christine, musste immer bei dieser Szene weinen. «Das war für mich als Sänger natürlich toll, wenn meine Bühnenpartnerin so auf mein Spiel reagiert», sagt Florian Schneider.

Das Highlight

«Mein Highlight aus dieser Zeit ist etwas Persönliches», sagt Florian Schneider strahlend. Denn als «Phantom» hat er seine heutige Frau kennengelernt, mit der er eine 18jährige Tochter hat. «Mit der Rolle des Phantoms hatte ich endlich ein Zuhause», erinnert sich der Sänger. Das sei das beste, was passiert sei. Vor dem Engagement als Phantom war Florian Schneider im deutschsprachigem Raum als Sänger viel unterwegs gewesen. 

Der letzte Vorhang

© Florian Schneider

Nach der letzten Aufführung hielt Florian Schneider eine Ansprache zur Zukunft des Musical-Theaters. «Bei der letzten Aufführung haben wir natürlich alle geweint», erinnert sich der Baselbieter. Doch seine Rolle als Phantom blieb unvergessen: Noch heute wird er täglich darauf angesprochen. «Es ist unglaublich, wie diese Aufführung den Menschen in der Region in Erinnerung geblieben ist», sagt Florian Schneider.

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