Schwerer Abschied für Brigitte Spielmann und Susanne Meier
Schwerer Abschied für Brigitte Spielmann und Susanne Meier
  • Martin Stich
  • Aktualisiert am

«Rägedropfe» unmittelbar vor der Schliessung: Regen und Umsatz wie nie zuvor in 60 Jahren seines Bestehens.

Noch zwei Wochen, dann ist endgültig Schluss im Traditionsgeschäft beim Tinguely-Brunnen. Ausgerechnet nun, wo in Basel soviel Regen fällt, wie seit über 100 Jahren nicht mehr, schliesst der Allwetterladen, welcher sich auf Schutz gegen das Wasser aus jeder Richtung spezialisierte. Und genau jetzt läuft der Verkauf wegen des Sauwetters, wie es besser nicht sein könnte.

Den Entscheid, das Geschäft zu schliessen ist der Geschäftsführerin, Brigitte Spielmann, nicht leichtgefallen. Allerdings konnten sie letzten Winter auch nicht im Traum erwarten, dass Petrus diesen Frühling für Unternehmen ihrer Branche geradezu paradiesische Verhältnisse schaffen würde. Damals sagten die Besitzer gegenüber barfi.ch: «Gegen das Online-Geschäft, das unser grösster Konkurrent ist, können wir nichts entgegensetzten. Und eine Lösung bei Kunden die wir verloren haben, weil sie nach der 8er-Tramverlängerung bis Weil, nun in Deutschland einkaufen gehen, sehen wir keine.“  

Brigitte Spielmann hatte das Fachgeschäft «Rägetropfe» von ihren Eltern und Gründerehepaar Doris und Hans Schweizer vor neun Jahren übernommen und natürlich tut es ihr heute mehr weh, denn je, jetzt ein Schlussstrich ziehen zu müssen und das sieht man ihr auch an. «Es vergeht nicht ein Tag, an welchem ich nicht an die bevorstehende Schliessung denke. Aber der Entscheid ist gefallen.» Für ein Zurück ist es nun zu spät. Ihrer Geschäftspartnerin, Susanne Meier, geht es nicht anders: «Gerade jetzt bei derart schlechtem Wetter, wo der Laden so gut läuft, geht es auf das Ende zu. Seit rund zwei Monaten herrscht ein Kommen und Gehen, wie wir es noch nicht erlebt haben.» Während dem Jahrhundertnass habe sich eben auch herumgesprochen, dass Ausverkauf ist. «Deshalb haben wir neben der Stammkundschaft aktuell auch sehr viele Schnäppchenjäger, die bei uns einkaufen», sagt Brigitte Spielmann.  

Nervig seien die Leute, welche trotz dem momentanen Rabatt von 20 - 50 Prozent noch weniger zahlen wollen, so Susanne Meier und kündigt trotzdem an: «Wir werden in den kommenden letzten Tagen des Betriebes noch grössere Rabatte anbieten müssen.»

Die beiden Frauen schauen sich während des Interviews immer wieder wehmütig an und berichten, wie sie sich seit ihrer Jugend kennen. Brigitte Spielmann erzählt: «Ich kenne Susanne seit ich ein kleines Mädchen bin. Wir haben jahrelang hier den «Rägedropfe» zusammen geleitet. Natürlich sind wir sehr traurig über die Schliessung, aber es ging nicht anders.» Seit es nicht mehr aufhört mit diesem Regen und dem Beginn des Ausverkaufs leeren sich die Regale nach und nach. Das einzige, was noch viel Arbeit beschert sei der administrative Aufwand. «Die Buchhaltung muss stimmen», sagt Brigitte Spielmann mit einem Schulterzucken.

Auch das Personelle ist inzwischen weitgehend geregelt. «Sechs Mitarbeiterinnen arbeiten bei uns im Team, drei davon sind bereits pensioniert. Zwei weitere werden dieses Jahr in Rente gehen. Nur für eine Mitarbeiterin muss es eine andere Lösung geben», erklärt Spielmann. Sie, wie auch Susanne Meier werden unter den Pensionierten sein und haben vor, in engem Kontakt zu bleiben. «Uns verbindet eine tiefe Freundschaft und die wird auch das Ende des «Rägedropfe» überleben».

Am 30. Juni schliesst nun das Traditionsgeschäft an der Theaterstrasse, welches vor 60 Jahren sein Start-Domizil noch an der Freien Strasse im Hauptpostgebäude unter dem Namen «Rägepfyffer» hatte, für immer. Trotz Regenfrühling und Rekordumsatz: Das Weitermachen ist nicht mehr möglich. Die Verträge sind gekündigt, ein Umdenken käme zu spät.

Ein weiteres Familienunternehmen in Basel wird also von der Bildfläche verschwinden. Nicht das erste, und auch nicht das letzte. Leider.

Einen früheren Beitrag von barfi.ch zum Thema finden Sie hier