Neubau Kunstmuseum: Ohne Strategie gebaut, jetzt muss der neue Direktor dafür hängen – und die Verantwortlichen haben sich abgeseilt. ©Keystone/FSP, Benjamin Miller
Neubau Kunstmuseum: Ohne Strategie gebaut, jetzt muss der neue Direktor dafür hängen – und die Verantwortlichen haben sich abgeseilt. ©Keystone/FSP, Benjamin Miller
  • Jonas Egli
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Regierung unter Beschuss: Jetzt meutern auch die Basler Museumsdirektoren

Die Basler Museumsdirektoren sind wütend: Es ist nicht mal das Papier der Museumsstrategie, das fehlt, es ist das ratlose Vorgehen der Regierung mit den Museen. Neubau folgt auf Neubau, was die Regierung damit aber genau will, ist fraglich. Für den 190-Millionen-Neubau des Naturhistorischen Museums im St. Johann kann das verheerende Folgen haben.

Am Mittwoch kam der erste Knall: Die Bildungs- und Kulturkommission (BKK) des Grossen Rates verweigert der Regierung die Entscheide. Grund: Die fehlende Museumsstrategie. «Es ist die Summe der Dinge, die vorgefallen sind,» gibt Franziska Reinhard BKK als Grund für den drastischen Schritt an, bis auf weiteres keine regierungsrätlichen Vorlagen zu den Museen mehr zu verabschieden.

Jetzt kommt der zweite Kanonendonner: Die Basler Museumsdirektoren meutern. Denn seit über sieben Jahren warten die Kommission und die Direktoren auf eine klare Museumsstrategie. Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann bestätigt zwar gegenüber barfi.ch, dass sie «bis Ende Jahr dem Regierungsrat einen Vorschlag zur Museumsstrategie unterbreiten» wolle, doch das ist noch lange nicht das versprochene, finale Papier.

Nun meutern die Direktoren: Genug von der Teflonpolitik

Dessen Ausbleiben wird eine zunehmende Belastung. Joseph Helfenstein bekam das kürzlich hart zu spüren, als sich unter dem Kunstmuseum plötzlich ein 2,5-Millionen-Loch auftat – und das, nachdem sämtliche Entscheidungsträger klammheimlich verschwanden. Er muss fürchten, dass das Problem nun an ihm hängen bleibt.

Marc Fehlmann, frisch gebackener Direktor des Historischen Museums, unterstützt den Kollegen und begrüsst den Entscheid der Kommissionen klar. Auch ihm stösst sauer auf, dass «gewisse leitende Entscheidungsträger im System eine Teflonpolitik betreiben und das, was sie mitverursachen, nicht mittragen, wenn es schiefgeht». Genau das will die BKK nun verhindern: «Ausschlaggebend war der Unmut der Museen», präzisiert Reinhard. Ackermann beteuert zwar, die Regierung sei «ja bereits am Prüfen und Bearbeiten», doch das reicht nun definitiv nicht mehr.

Neubau des Naturhistorischen Museums ist ernsthaft gefährdet

Die Blockade kommt nämlich nicht zu einem zufälligen Zeitpunkt: Nach dem ohnehin schon teuren Neubau des Kunstmuseums steht für 2019 mit dem geplanten Neubau des Naturhistorischen Museums ein weiteres Mammut-Projekt an. Die BKK betont, man wolle beim 190-Millionen-Bau nicht die Fehler wiederholen, die beim Kunstmuseum gemacht wurden. Deshalb setzen sie zusammen mit der Geschäftsprüfungskommission GPK die Daumenschraube an.

Ob der Entscheid der BKK den Neubau des Naturhistorischen Museums verzögere? Ackermann: «Das würde ich sehr bedauern.» In anderen Worten: diese Möglichkeit besteht durchaus. Und sie passt der Regierung gar nicht.

Visualisierung des Siegerprojekts zum geplanten 190-Millionen-Bau am Vogesenplatz. Auch das Staatsarchiv soll dereinst hier einziehen. Visualisierung © EM2N

Fehlmann: «Die einen entscheiden, die andern baden aus.»

Reinhard will nicht den Bau stürzen: «Den Neubau an sich zweifelt niemand an, aber so nicht. Man kann nicht im courant normal weiterfahren. Wir haben doch auch eine Verantwortung gegenüber den Museen.» Helfenstein hatte gegenüber den Medien bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er Klarheit bevorzugt: «Ich bin nicht hergekommen, um Märchen zu erzählen.» Dass die teilweise von weit her eingekauften Direktoren kaum um Rat gefragt wurden und werden, ist für viele unverständlich.

Fehlmann vom Historischen Museum formuliert es so: «Es heisst Public-private partnership. Das heisst, dass man partnerschaftlich auf einander zugeht, auf Augenhöhe. Nicht, dass die einen entscheiden und die anderen es ausbaden.» Zu lange wurden die Weichen gestellt, bevor klar gewesen wäre, wo es hingehen soll. Oswald Inglin, Präsident der BKK und Vorsitzender der Subkomission zum Naturhistorischen Museum, sagt auf Anfrage: Er war beim Entschluss nicht dabei, teile ihn aber ausdrücklich.

Die späte Reue der Grossräte

Ob auf das Kunstmuseum noch weitere Probleme zukommen, steht in den Sternen. Der abschliessende und finale Bericht des Baudepartements zum Neubau steht nämlich noch aus, eine provisorische Bauabrechnung ist auf Ende Oktober zu erwarten, wie das Amt verkündet. Der Stopp seitens der BKK verhindert nun, dass man wieder einen Neubau mit zusammengekniffenen Augen durchwinkt und erst danach die tatsächlichen Zahlen präsentiert. Jedoch: Die Reue der BKK kommt spät, es waren auch ihre Augen, die sich blenden liessen.

Reinhard doppelt nach: «Es ist der Wunsch, endlich klare Strukturen zu erhalten. Um inhaltliche Entscheide geht es hier nicht. Man braucht eine Grundlage. Man kann kein Haus bauen, wenn man kein Fundament hat, oder?» Also wird erstmal gar nichts gebaut. Vielleicht fragt mal noch jemand die, um die es tatsächlich geht: Nämlich die Museen selbst.

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