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René Kamm, CEO der MCH Group: «Ich kann keine Garantie geben, dass die Baselworld in Basel bleibt»

Die Baselworld wird zur Durchhalteparole einer gebeutelten Branche. In der Krise will man näher zusammenstehen. Und würde notfalls auch woanders hingehen. Morgen beginnt die Ausgabe 2018 der Uhren- und Schmuckmesse. Sie hat weniger Aussteller, weniger Fläche und dauert nur noch fünf Tage.  

Es war das Jahr der Hiobsbotschaften: Die Ausstellerzahl der Baselworld reduzierte sich von 1’300 auf 700, die Ausstellungsfläche schrumpfte um rund einen Drittel. Für 2018 hätte manch einer sich erhofft, es würde Ruhe einkehren. Falsch gedacht, das turbulente 2017 war erst der Anfang. Wie lange wird Basel den Standort für diese Messe noch halten? «Heute ist nichts mehr sicher», sagt René Kamm, CEO der MCH Group. «Wir versuchen diesen Industrieanlass in Basel zu halten, aber Garantien kann ich nicht geben». Eine Sicherheit gab Kamm dennoch: Auch nächstes Jahr soll die Baselworld am Rheinknie stattfinden. Doch wie es 2020 aussehen wird, weiss niemand.

Gesundschrumpfen für ein klares Profil

Die Baselworld 2018 wird am Donnerstag, 22. März 2018, eröffnet. © barfi.ch 

Zur gegenwärtigen Lage der Messe sagte Sylvie Ritter, Managing Director der Baselworld, an der heutigen Eröffnungsmedienkonferenz: «In turbulenten Zeiten gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man baut aus, oder man konzentriert sich auf den Kern. Wir haben uns für die zweite Option entschieden». Trotzdem, oder gerade deswegen, zeigte sich die Messeleitung heute vor den Medien sehr zuversichtlich und positiv für die Zukunft gewappnet. Die reduzierte Zahl der Aussteller sieht Sylvie Ritter als Chance: «Es verleiht der Baselworld ein klares Profil. Das Konzept repräsentiert die Branche und zeigt den Besuchern die wichtigsten Marken». Dazu passt, dass die nun fehlenden Aussteller gar keine klassischen Uhrenmarken waren. Anstatt der prestigeträchtigen, aber kaum als Uhrenhersteller geltenden Marken wie Hermes und Dior findet man im ersten Stock der ersten Halle nun beispielsweise Pasquale Bruni oder de Grisogono vor.

Die Zukunft bringt: Veränderung

«Ich bin überzeugt, dass noch weitere grosse Veränderungen auf uns zukommen werden», sagt Sylvie Ritter, Managing Director der Baselworld. Es ist nicht zu leugnen, dass sich die Baselworld nicht mehr in gleicher Grösse präsentiert. Auch wenn auf den ersten Blick nicht auffällt, wie viele Stände fehlen, ist die Stimmung von Durchhalteparolen bestimmt.

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Die Branche selbst war in den letzten Jahren grossen Wandeln unterworfen. Der Finanzkrise von 2008 folgten zwei schwierige Jahre, im 2010 kam der Schock mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses. «Von einer Minute auf die andere wurden damals Schweizer Produkte zwanzig Prozent teurer», erklärt François Thiébaud, Präsident von Tissot und gleichzeitig im Ausstellerkommittee der Baselworld. «Das war eine Katastrophe für die Industrie». Seit vergangenem Jahr gibt es jedoch in der Schweizer Uhrenbranche wieder ein Wachstum von über zwölf Prozent zu verzeichnen. Um diese Landgewinne zu schützen, schliesst sich die Branche ein.

Zu Hause ist’s noch immer am schönsten

Die Uhren- und Schmuckmesse sei vor allem für wenigen, dafür mächtigen Player wichtig, so René Kamm. «Die Baselworld bringt die Industrie zusammen», sagt Eric Betrand von Rolex. «Es ist eine einzigartige Plattform, an der Tendenzen und Veränderungen der Branche präsentiert werden».  Kamm weiss aber auch: Für Neuzugänge ist die Tür zum grossen Kuchen verschlossen, die Branche ist fest in den Händen der bestehenden Hersteller. In schwierigen Zeiten wollen diese dichter zusammenstehen, als Risiken einzugehen. Das betrifft auch die Technologie.

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Digitale Produkte stehen nicht auf dem Menu

Ritter sagt der zunehmenden Digitalisierung den Kampf an, denn man möchte noch immer die Produkte mit eigenen Augen sehen, mit den Händen berühren. Thiébaud bestätigt dieses Votum und plädiert auf das Taktile, das unvergänglich Mechanische einer «richtigen Uhr». Er hält zudem fest: «Die Uhrenindustrie ist in Schweizer Hand.» 95 Prozent aller Uhren über 1’000 Franken stammen von hier. Trotz der angedeuteten Veränderungen setzt man auf traditionelle Werte und Strategien.

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Um die Tradition zu betonen, schliesst die Pressekonferenz einer militärischen Trommeltruppe, die die Anwesenden im Gänsemarsch zum Eingang der Messe begleitet. Ob das reicht, der Baselworld wieder zu alter Blüte zu verhelfen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

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