Abbey Road: Andreas Burckhardt, Peter E. Merian, Ueli Vischer und Eric G. Sarasin
Abbey Road: Andreas Burckhardt, Peter E. Merian, Ueli Vischer und Eric G. Sarasin
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S Märli vom Daig

Nein, mit Teig hat der Daig nichts am Hut, eher schon mit dem Wort Teich, einem künstlich angelegten Gewässer mit Zu- und Ablauf. Aber auch dies trifft den Nagel nicht auf den Kopf. Denn die Bewohner des einstigen Basler Stadtadels waren unter anderem am hocherhobenen Nadelberg zu Hause. Der Daig lebte oben auf den «Bergen» entlang der Burkhardt’schen Mauer der Stadt, währenddem das Volk im Tal hauste. Das erklärt es aber noch immer nicht.

Dort unten, wo der damals noch offene Birsig durch die Stadt floss und damit auch der gesamte Müll - von Küchenabfällen bis zum Inhalt der damals verwendeten Nachttöpfe -, stank es gottserbärmlich. Im Althochdeutschen bezeichnet «Daig» ursprünglich die Wehranlage, bestehend aus Graben und dahinterliegender Mauer. Und nun wird ein Schuh draus. Der Basler Religionswissenschaftler Mike Stoll folgert: «Auf unsere Basler Verhältnisse angewendet, ergibt sich somit die sinnige Worterklärung: Daig = ritterliche Mauerbewohner.»

«Me git, aber me sait nyt»

Ob Oeri, Sarasin, Burckhardt, Vischer, Schlumberger, Iselin, Faesch, Bernoulli, Staehelin, Christ, La Roche oder Merian, gemein sind diesen Familien aus dem Daig Macht, Einfluss und viel Geld und ein seit Jahrhunderten bestehendes Bürgerrecht der Stadt Basel. Einige davon leben in der Dalbe, einer der bevorzugtesten Wohngegenden Basels. Von aussen betrachtet handelt es sich um eine geschlossene Gesellschaft mit eigenen Regeln. So auch dem ungeschriebenen Gesetz, wonach: «Me git, aber me sait nyt.». Jedoch: In der Basler Humanisten Stadt hat das Mäzenatentum eine grosse Tradition.

Nicht wenige der erwähnten Familien engagieren sich kulturell, sozial und politisch. Mittlerweile sind auch einige, wenn auch nur wenige, der Mäzene bekannt. Zum Beispiel Maja Oeri, der Tradition ihrer Grossmutter und Mutter folgend, die unter anderem das alte Nationalbank-Gebäude dem Basler Kunstmuseum schenkte, wo heute deren Bibliothek, Büros und Kupferstichkabinett untergebracht sind, oder auch den Museumsneubau mit 50 Millionen Franken massgeblich unterstützte. Nicht zu vergessen die Damen von «Ladies First» um Gisela Kutter, die anonym bleiben wollten und den Neubau des Schauspielhauses 2002 mit 17.5 Millionen Franken ermöglichten. Oder auch Christine Cerletti-Sarasin, die 2006 drei Millionen Franken an die Tramschienensanierung zahlte, damit diese nicht mehr quietschten und daneben auch den Zolli regelmässig unterstützt, um nur einige zu nennen.

Reichtum in Basel extrem konzentriert

Währendem in der Schweiz 3 Prozent der privaten Steuerpflichtigen gleich viel Vermögen wie die restlichen 97 Prozent besitzen, sind es in Basel 0,5 Prozent, die gleich viel besitzen, wie 99,5 Prozent der restlichen Basler Bevölkerung, sagt Soziologe Ueli Mäder. Die Zahlen stammen aus der Reichtumsstudie von Mäder, die er in einem Interview mit Radio SRF 2009 erwähnte sowie seinem Werk: «Die Schweiz ist reich an Reichen» aus dem Jahr 2010. In der selben Reichtumsstudie steht auch, dass das Durchschnittsvermögen in Basel bei 300'000 Franken lag, auf dem Bruderholz bei 1.5 Millionen Franken und in der Dalbe bei 2 Millionen Franken. Auf der Welt gäbe es kaum eine Stadt, in welcher der Reichtum so einseitig verteilt sei wie in Basel.

Politische Einflussnahme

Gemeinhin gilt die Basler Liberal Demokratische Partei Basel-Stadt LDP als Daig-Partei. Ganz falsch ist das nicht, doch neben den ehemaligen Regierungsräten Lukas Burckhardt (1966 - 1988), Ueli Vischer (1992 bis 2004), dem Grossrat Heiner Vischer (seit 2007), dem ehemaligen Grossrat Andreas Burckhardt (1997 – 2011) und der ehemaligen Grossrätin und ehemaligen Nationalrätin Christine Wirz-von Planta (GR von 1987 mit Unterbrüchen bis 2016 und NR: 2011-2003). Dass nicht alle aus dem Daig auch automatisch in der LDP politisieren, zeigen unter anderem SP-Grossrat Leonhard Burckhardt (1992 - 2005 und 2013 bis heute) und Grünen-Nationalrat (seit 2003) sowie ehemaliges POCH-Mitglied Daniel Vischer, in Zürich zwar, aber immerhin mit Basler Daig-Wurzeln.

Nur böse Rollen für Dalbanesen-Basler

In Filmen wurde und wird der Basler Dialekt meist für Bösewichte oder dekadente Figuren verwendet, indes der Berner Dialekt eher als gemütlich und der Zürcher als «freche Schnauze» gilt und folgedessen für die «freundlicheren» Rollen besetzt wird. Bereits mit «Ja – soo. » von Leopold Lindtberg, dem ältesten erhaltenen Dialektfilm aus dem Jahr 1935 war ein Basler der Bösewicht, der Ostschweizer kleinkariert und der Bündner charmant. Auch in der Verfilmung von «Landammann Stauffacher» von Lindtberg aus dem Jahr 1941 spielte Charles Ferdinand Vaucher den Bösewicht Friedrich von Toggenburg im Basler Dialekt. In der «Bäckerei Zürrer» von Kurt Früh aus dem Jahr 1957 wurde mit Walter Morath als Richard Zürrer ein Baseldeutsch Sprechender als negative Figur verpflichtet. Sie alle gehörten allerdings nie zum Daig. «Den gibt es sowieso nicht», sagte kürzlich ein bekannter Basler: «Das glauben nur die, welche nicht zu uns gehören». 

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