Heute noch Tram, bald aber still: Der Steinenberg mit seinen maroden Gleisen. Bilder A. Schwald
Heute noch Tram, bald aber still: Der Steinenberg mit seinen maroden Gleisen. Bilder A. Schwald
  • Andreas Schwald / Christian Heeb
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September: Tram-Blockade am Steinenberg legt Innenstadt und viele Zubringer lahm. Alternativen bestehen noch immer keine

Im September verkehrt für drei Wochen erneut kein einziges Tram über den Barfüsserplatz. Heute, nur wenige Monate vor der Totalsperrung, sind die Details zur Baustelle immer noch völlig offen. Das ärgert die Lokale in der Innenstadt, deren Verbandspräsident vor allem die kurzfristige Ansage anprangert. 

Die Stimmung in der Basler Innenstadt war apokalyptisch – oder traumhaft, je nach Sichtweise: Im Sommer 2016 dominierte Stille, wenn die Baumaschinen gerade nicht rumorten. Kein Drämmli weit und breit. Dafür ganze Strassenzüge aufgerissen, Metallstränge ragten in alle Richtungen aus dem Boden. Es war die längste Zeit ohne Tramverbindung vom Barfi über den Marktplatz bis hin zum Claraplatz, damals, als die Basler Verkehrsbetriebe alle Gleise der Innenstadt erneuerten.

Alle? Nein, nicht ganz. Denn jetzt geht es wieder von vorne los. Die neuen Baustellen sind zwar kleiner, haben aber genau so umfassenden Auswirkungen: Im September reissen die Basler Verkehrsbetriebe die Gleise am Steinenberg aus dem Boden: Die Schienen sind viel zu alt, der Sanierungsbedarf ist überfällig. Dafür wird die Innenstadt wieder während rund drei Wochen für den Tramverkehr völlig gesperrt. Der Zeitplan ist «sportlich», das sagen auch die BVB.

Was die BVB aber noch nicht sagen: Wie der Tramverkehr während dieser Zeit geregelt wird. Welche Massnahmen die Baustelle begleiten. Und wie der gesamte Umbauplan aussieht. Das verunsichert die Geschäftsbetreiber rund um den Barfüsserplatz. Denn kein Tramverkehr, das bedeutet auch: ausbleibende Kundschaft.

Viel zu kurzfristig – und hohe Umsatzeinbussen

Gleiserneuerung 2016: Die Falknerstrasse.

Der Basler Wirteverbandspräsident Josef Schüpfer bekommt das am eigenen Leib und Portemonnaie zu spüren. Erfahrungsgemäss würde er mit einer Umsatzeinbusse von bis zu 30 Prozent rechnen. Der Wert basiert auf der Totalsperrung vom vergangenen Jahr. Schüpfer stösst sich vor allem an der Kurzfristigkeit der Ansage, aber auch daran, dass schwer nachvollziehbar sei, warum nicht alle Arbeiten auf einmal gemacht worden seien.

«Für Betriebe ist das gerade aus personalplanerischer Sicht sehr mühsam», sagt Schüpfer. Zumal die Arbeiten auch nicht während der Schulferien stattfinden, wo die Ausfälle weniger ins Gewicht fallen würden. Erst wird im Sommer die Mittlere Brücke für den Tramverkehr komplett gesperrt, dann im Herbst der Steinenberg – womit neben dem Individualverkehr wieder einmal der öffentliche Verkehr vollends aus der Innenstadt verbannt wird. Schliesslich würden laut Schüpfer täglich um die 40’000 Personen am Barfüsserplatz verkehren, aus- oder umsteigen. Fällt der Tramverkehr nun auch noch flach, heisst das für die ansässigen Lokale: Viele leere Tische.

Am besten: Eine Ersatzbus-Haltestelle vor dem Haus

Marode und durch: Gleise am Steinenberg.

Die Baustelle trifft auch die neue Toppharm-Apotheke am Steinenberg, direkt gegenüber der Stadtcasino-Baustelle. Geschäftsführerin Annina Heuss blickt der Sperre im September aber noch einigermassen gelassen entgegen: «Wir haben ja heute schon eine Baustelle vor dem Haus.» Sie glaubt nicht, dass die Apotheke allzu grosse Einbussen in Kauf nehmen muss. Aber natürlich seien drei Wochen ohne Tramverkehr am Barfi unangenehm.

Heuss bringt allerdings eine weitere Idee auf den Tisch: «Sollte es Ersatzbusse geben, würden wir natürlich eine provisorische Haltestelle direkt vor dem Haus sehr begrüssen.» Denn das würde die Frequenz an Laufkundschaft wiederum erhöhen.

BVB besucht betroffene Geschäfte persönlich

Die neuen Gleise werden auch leiser.

Ob es während der Totalsperrung für Trams überhaupt Ersatzbusse an den Barfi gibt, ist allerdings noch komplett offen. Die BVB stellen sich derzeit lediglich auf den Standpunkt, dass sie die negativen Auswirkungen ihrer Baustellen generell so klein wie möglich halten wollen. «Entsprechend sind wir auch bei der Vollsperrung des Steinenbergs bemüht, mit allen betroffenen Anrainern wenn immer möglich individuelle Lösungen für uns bekannte Anliegen zu finden», sagt Firmensprecher Benjamin Schmid.

Ende April oder Anfang Mai würde die zuständige Projektleiterin deshalb auch alle betroffenen Geschäftsbetriebe persönlich besuchen, sagt Schmid: «Dabei geht es in erster Linie darum, individuelle Bedürfnisse und Anliegen besprechen zu können, auf welche wenn immer möglich eingegangen wird.» Darüber hinaus sei eine öffentliche Veranstaltung in Planung, bei der die bevorstehenden Arbeiten und die Auswirkungen der Arbeiten im Detail vorgestellt werden, so Schmid. Der Zeitpunkt werde noch rechtzeitig bekanntgegeben. Mit anderen Worten wird hier verschleiert, dass bis heute keine vernünftige Idee für Verkehrsalternativen zu den im Herbst anstehenden Totalsperrungen der Innerstadt gefunden worden sind. 

Casino-Gesellschaft: «Froh, dass Gleise erneuert werden»

Der Barfüsserplatz ist dicht befahren, praktisch jede Tramlinie fährt hier vorbei.

Einer, der bereits jetzt intensive Gesprächen mit den BVB führt, ist Thomas Koeb, Direktor der Casino-Gesellschaft Basel. Schliesslich ist Koeb Bauherr der aktuell grössten Baustelle am Steinenberg: Bis 2019 wird das Stadtcasino saniert und mit einem Neubau versehen. «Wir sind froh, dass die Gleisarbeiten gemacht werden», sagt er. Schliesslich würde damit auch der Schienenlärm reduziert, der die Veranstaltungen im Musiksaal beeinträchtigte. Bereits vor rund zehn Jahren wurden die Tramschienen schon mit Federkernen unterlegt, um den Lärm zu dämpfen. Die Federn bleiben drin, nur die Gleise darüber werden ersetzt.

«Natürlich wäre es uns lieber gewesen, wenn die Arbeiten erst nächstes Jahr angelaufen wären», sagt Koeb. Schliesslich werde die Baustellenzufahrt zum Stadtcasino am Steinenberg genau diesen Herbst intensiv beansprucht. Koeb ist allerdings zuversichtlich. Und das Resultat der letzten Massnahmen mit den Federkernen sei «hervorragend» gewesen. Insofern sei nach dem Gleisbau mit Totalsperrung von einer weiteren Lärmreduktion auszugehen.