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Trotz Grippe-Epidemie in Basel – Unispital kann Mitarbeiter nicht zur Impfung zwingen

Rechtzeitig vor der Fasnacht, hat die Grippe-Welle unsere Region erreicht. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erklärt Basel und Umgebung offiziell zur Epidemie-Region. Mitarbeiter zu einer Impfung verpflichten, um die Patienten vor einer Ansteckung durch das Personal zu schützen, kann man jedoch nicht. Das ist falsch und unprofessionell, sagt ein renommierter Biologe. 

In ein Spital geht man um gesund zu werden. Es kommt jedoch nicht selten vor, dass man erst in der Klinik neben der mitgebrachten Erkrankung noch eine weitere aufliest. Derzeit zum Beispiel die Grippe. Und die kann bei einem ohnehin bereits geschwächten Immunsystem sehr gefährlich, ja tödlich sein. Doch Spital-Mitarbeiter in Basel und der ganzen Schweiz müssen sich nicht impfen lassen: „Weder das geltende, noch das revidierte Epidemien Gesetz des Bundes (seit 1.1.16 in Kraft) sehen einen solchen Impfzwang vor. Das heisst, niemandem kann gegen seinen Willen eine Impfung verabreicht werden“ erklärt Martin Jordan, Mediensprecher des Universitätsspitals Basel (USB). Dies gilt übrigens für die gesamte Bevölkerung.

Spital setzt auf Freiwilligkeit

Die grosse Bedeutung einer Impfung für Mitarbeiter des Gesundheitswesens gilt als wissenschaftlich bewiesen. Deshalb ist es dem Unispital sehr wichtig, dass sich sein Personal entsprechend schützt. „Das USB setzt auf Freiwilligkeit und ist bestrebt, im Rahmen einer Präventionskampagne Mitarbeitende zu motivieren, sich gegen Grippe schützen zu lassen. Die Grippeimpfung ist für USB-Mitarbeitende kostenlos und wird intern an verschiedenen Orten angeboten“, sagt Jordan. Das heisst aber nicht, dass die Patienten im Spital der Grippeansteckung durch ungeimpftes Personal hilflos ausgesetzt sein sollen. Es gibt strenge Vorschriften von der Spitalleitung erklärt Jordan weiter: „Alle Mitarbeitenden mit Patientenkontakt sind aufgefordert, einen Mundschutz zu tragen, wenn sie nicht gegen Grippe geimpft sind. Auf Hochrisikoabteilungen kann eine generelle Maskentragepflicht für nicht geimpftes Personal bereits seit 2014/15 ausgerufen werden.“ Zudem wurde zur Senkung der Übertragungsrate die korrekte Händehygiene erneut überprüft und geschult.

Eine dezidiert andere Meinung vertritt da Biologe Prof. Dr. Beda M. Stadler. Der international hoch angesehene emeritierter Schweizer Professor und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern ist überzeugt: „Diese Massnahmen sind nicht griffig genug“. Auf Anfrage von barfi.ch spricht er Klartext: „Das einzige was wirkt, ist die Impfung. Alle anderen Maßnahmen sind Hilfsmaßnahmen mit beschränkter Wirkung“.

Grippeübertragung auch durch Besucher möglich

Das Universitätsspital Basel allerdings erklärt, dass es in der angelaufenen, aktuellen Grippesaison noch keinen Fall gab, bei dem sich jemand durch das Spitalpersonal mit der Grippe infiziert hat, so Martin Jordan: „Wir meinen, dass von den Besuchern der Patienten mindestens das gleich hohe Ansteckungs-Risiko ausgeht wie von USB-Mitarbeitenden. Ich erinnere hier an die höhere Impfrate beim USB-Personal im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung“.

Eine neue Untersuchung des Bundesamtes für Gesundheit zeige, dass sich nur 15% der Bevölkerung gegen die Grippe impfen lasse. Laut Jordan wird die Rate des gesamten Personals des USB bis Abschluss der Impfmöglichkeiten auf 26 Prozent geschätzt.

Aber egal wie hoch diese Zahlen auch sein mögen, Beda M.Stadler vertritt eine klare Haltung, was das Impfen des Personals in Spitälern betrifft. „Es ist völlig unprofessionell sich nicht impfen zu lassen. Wir erwarten von einem Taxifahrer auch, dass er nüchtern ist“ und findet keine Erklärung dafür, warum die Impfung nicht verlangt wird. Er hat aber eine Hypothese: „Es könnte sein, dass sich Spitalmitarbeitende öfter anstecken und oft quasi subklinisch die Grippe durchmachen. Diese Erfahrung könnte bewirken, dass sie selber kaum stark an der Grippe erkranken und deshalb der Meinung sind keine Impfung zu benötigen. Das ist aber reine Spekulation.“

Was das flächendeckende Impfen der Bevölkerung angeht, macht Beda M. Stadler auch hier klare Aussagen. „Man impft sich, um andere nicht anzustecken. Die Empfehlung, dass sich nur die Risikogruppen impfen lassen sollen, ist blanker Unsinn, da gerade in diesen Gruppen die Impfung oft weniger wirksam ist. Impfen ist eine Frage der Solidarität. Es geht hier nicht nur um Selbstschutz“.   

Zusammengefasst kann festgestellt werden: Weder Spitalpersonal, noch Bevölkerung können gezwungen werden, sich impfen zu lassen. Das USB sei jedoch bemüht, die Zahlen im eigenen Haus zu verbessern, so Martin Jordan. „So interessieren wir uns aktiv für die Personen, die sich impfen lassen und versuchen den positiven Ansatz zu nützen, die kritisch eingestellten Mitarbeitenden und ihre Bedürfnisse besser einzubeziehen“.