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  • Andreas Schwald
  • Aktualisiert am

Uber ist ein Problem – aber das Problem heisst nicht Uber

Die Basler Taxifahrer sind am Limit: Der Gipfel war die vermeintliche Treibjagd auf Uber-Fahrer vom Samstag, die Polizei musste einschreiten. Die Basler Taxi-Szene hat gerade ein gewaltiges Problem. Aber das kommt nicht einmal aus den USA.

Die Hetzaktion von Basler Taxifahrern von Samstagnacht ist die neuste Eskalation in einem Streit, der gierig brennt. Auf der einen Seite stehen die Uber-Fahrer: Die meisten sind Hobby-Fahrer, die sich über ein paar simple Schritte bei «Uber Pop» registrieren können, dem hierzulande beliebtesten Service des amerikanischen Transport-Unternehmens. Praktisch jeder kann mitmachen, der einen fahrbaren Untersatz und einen sauberen Leumund hat. Nach Personentransportbewilligung fragt hier keiner, nach Fahrtenschreiber schon gar nicht.

Auf der anderen Seite stehen die Basler Taxifahrer. Alle geprüft und ausgebildet, viele seit Jahren in der Branche tätig, mit Bewilligung und allem, was dazu gehört. Und die Taxi-Unternehmen hatten es bis vor Kurzem bequem. In Basel organisierte sich die Szene vor allem um die Taxi-Zentrale, die wiederum mehrere Firmen ansteuert, deren Verwaltungsräte oft die gleichen Namen tragen. Bis auf ein paar Ausnahmen dominierte die Flotte der Taxi-Zentrale das Geschäft und damit auch die Preisgestaltung. Das war gemütlich, denn bis auf diese Preise und die gelegentliche Unfreundlichkeit von Fahrern waren die Basler Taxis bislang kaum der Rede wert. Ja, sie waren teuer. Wie alles hier. Aber sie waren halt einfach da und man benutzte sie.

Umstände? Interessieren mich nicht. Nur der Preis.

Dann kam Uber. Der Fahrdienst aus den USA rekrutierte Hobby-Fahrer für seinen Service «Uber Pop» und es dauerte nicht lange, da waren die Fahrer am Start. Einige chauffieren ein bisschen zum Nebenverdienst, andere versuchen, davon zu leben, für weitere ist es schlicht ein Hobby, das die eine oder andere Rechnung bezahlt. Das interessiert aber den Kunden nicht, ihn interessiert nur: Buchen über die App und weniger zahlen.

Das ist perfekt. Warum mehr bezahlen und vielleicht einen etwas mürrischen oder gar unfreundlichen Taxifahrer erwischen, der gerade die vierte dröge Nachtschicht in Folge schiebt, wenn man den stets freundlichen Hobbyfahrer haben kann, der ein bisschen weniger kostet und erst noch anständig ist? Weichgespült durch einen gnadenlosen Zuteilungs-Algorithmus und ein hartes Bewertungssystem, ist Uber-Fahrer Markus dann vielleicht noch ein bisschen zuvorkommender, noch ein bisschen anständiger und ein bisschen relaxter als Taxifahrer Ali, der wieder einmal seine schrumpfenden Tageseinnahmen zur Kenntnis nehmen musste.

Pure Eskalation statt Konkurrenzfähigkeit

Ob Uber nun fair zu seinen Fahrern ist, ob der Fahrer einen Fahrtenschreiber im Kofferraum hat oder nicht, das kratzt den Kunden kaum bis gar nicht. Er richtet sich nach dem Preis und der Annehmlichkeit. Kein Wunder, gelangen einige Taxi-Fahrer ans Limit, wenn ihnen der Hobby-Fahrer die Kunden streitig macht – und das cool und äusserst erfolgreich. Dass man dabei auf Uber-Fahrer losgeht, zeugt vor allem von der eigenen Wehrlosigkeit: Man weiss sich nicht anders zu helfen als mit Aktionen, die die Grenzen des Legalen überschreiten. Das geht so nicht. 

Ja, die Basler Taxi-Szene hat ein gewaltiges Problem. Wenn allein der amerikanische Fahrdienst mit seinen «Uber Pop»-Fahrern im halblegalen Bereich und für eine handvoll Franken weniger das gesamte Berufsfeld ins Wanken, zur völligen Eskalation im öffentlichen Raum bringt, dann heisst dieses Problem nicht Uber. Dann heisst das Problem in erster Linie: Diese Szene ist nicht konkurrenzfähig. Sie ist zu teuer, zu träge und zu altbacken. Kein Wunder, wenn sie weitgehend durch ein engmaschiges Firmenkonstrukt dominiert wird, das sich nicht nur die Verwaltungsräte teilt, sondern auch noch diejenige Taxi-Zentrale betreibt, die das Uber dieser Stadt war, bevor Uber in diese Stadt gekommen ist.

Das Gewissen sitzt nur im Portemonnaie

Klar ist, die Politik muss die Löcher stopfen, mit denen «Uber Pop» durch die Gesetzgebung schlüpft. Wer hier Menschen transportiert, um damit Geld zu verdienen, hat sich auch an unsere Vorschriften zu halten. Das ist durchzusetzen, ob streng reguliert oder gleich direkt mit Verboten.

Aber ebenso klar und dringend ist, dass die regulären Taxi-Unternehmen aufwachen. Klar kann man sich vom Kanton mit Subventionen für Elektro-Autos unterstützen lassen. Das löst das Problem aber nicht. Die Taxibosse müssen im 21. Jahrhundert ankommen. Das jahrzehntelange Geschäft zerbröselt. Zuerst für die Fahrer, die finanziell ohnehin schon die Hölle auf Rädern durchleben. Dann für die Bosse, deren Gewinne aber ohnehin schon eingebunkert sind. Nur eine funktionierende App programmieren zu lassen, hilft da nicht. Preis und Leistung müssen konkurrenzfähig sein, sonst ist sehr bald Schichtende. Für alle. 

Tatsächlich: Es brauchte Uber, um das Basler Preismonopol zu brechen. Aber es braucht jetzt Taxi-Unternehmer, die reagieren. Und der böse Kunde? Der ist nicht böse, der ist nur ganz banal: Er nimmt, was günstig, verfügbar und im idealen Fall erst noch angenehmer ist. Das Gewissen sitzt im eigenen Portemonnaie. Und die Zeit drängt: Wir gewöhnen uns schon gefährlich schnell an die Annehmlichkeiten von Uber. Das Aussitzen der Taxibosse bringt nichts – zuallerletzt den eigenen Fahrern. Die eskalieren sonst nur weiter, während der verpasste Kunde kopfschüttelnd schon im nächsten Privatwagen sitzt.