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Uf dr Gass (I): Quantensprung in die Fasnachtszone

Aus der grauen Februarwelt sind wir gekommen. Zu Tausenden. Haben Lichter und Farben, Kübel und Schreihölzer mitgebracht.
Und die alte Stadt Basel komplett infiziert. Mit dem Fasnachtsfieber. 

Vom Ryslaifer

Vorbei die Wettersorgen, vorbei das endlose Basteln, Schneidern, Malen, Lackieren, vorbei die Vorfreude – und die vagen Ängste, die letztere begleiten. Die lange, schlaflose Nacht vor dem Morgestraich löst ein Gefühl aus, das jenem gleicht, welches vor dem Antritt einer grossen Reise im Magen rumort.

Nur ist es kein profaner Ortswechsel, den wir Fasnächtlerinnen und Fasnächtler vollziehen. Sondern ein Quantensprung. Wir bleiben vor Ort. Wechseln jedoch die Dimension. Mit einer magischen Formel nur, die da heisst: «Morgestraich. Vorwärts. Marsch!»

Und schon ist nichts mehr, wie es vorher war. Wenn man unter dem Jahr über die drey scheenschte Dääg redet, wenn man das Brysdrummeln und –pfyffe, wenn man die Vorfasnachtsveranstaltungen besucht, ist da bloss ein leichter Hauch jenes Gefühls, das erst dann entstehen kann, wenn am Vieri die Lichter ausgehen (ausser jenen der Bijouterie Urech an der Gerbergasse, was eine richtige Schande ist; wir haben es uns gemerkt).

Wenn die Lichter dann ausgehen, auf einen Schlag, die Ladäärne und Stäggeladäärne ihr sanftes Licht in die Strassen und Gassen unserer lieben Stadt tragen, sind wir unter dem Rocke der guten Frau Fasnacht abgetaucht. Dann gehen wir nicht mehr, sondern schweben, dann sind wir im Fasnachtshimmel angekommen. Für genau 72 Stunden, doch wir spüren den Lauf der Zeit nicht mehr. Das merkt man vor allem auch dann, wenn das halbe Zyygli nach einem Halt schon eingestanden ist – und die andere Hälfte der Nasen wieder fehlt. Weil ihnen der Wyssi und der Kaffi Luz die Sicht auf ihre Uhren vernebeln.

Ja, die Fasnacht ist eine Zone, die Elemente des Alltagslebens enthält, diese aber verdreht und auf den Kopf stellt. Gleichsam wie in einem Traum. Sie ist keineswegs das Paradies, dafür sind die Umgangsformen etwas zu rau, die Klänge etwas zu laut – und die Wisswy-Lämpe etwas zu gravierend. Aber sie ist unverwechselbar, unnachahmlich und – in wunderbarer Weise – unberechenbar.

Jede und jeder hat seine eigene Version der Sache im Kopf. Und alle haben sie Recht. Die Gefolgschaft jener mysteriösen Frau Fasnacht ist hartnäckig, stur, eigensinnig, ist himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Während sie über die Hügel, durch die Täler der Stadt am Rheinknie schreitet.

Was unter der Larve passiert, sieht man nicht, versteckt sind das Lachen, das Weinen, das grimmige Gesicht. Die vielbeschworene Fasnachtsseeligkeit basiert auf einer komplexen Gefühlspalette.

Doch jener eine Ton schwingt immer mit, die Freude darüber, wieder ein Jahr geschafft zu haben, wieder dabei zu sein. Vielleicht zum letzten Mal. Wer weiss...? Die Zeitzone der Frau Fasnacht kennt nur den Moment, das Jetzt. Ihr Zeitmass sind die Verse der Märsche, stets zweimal gespielt, im Takt unserer unermüdlichen Schritte auf dem Räppli-Teppich.

Denn schon ist Montagnachmittag, der Ryslaifer ist mit seinem mediokren Zyygli bereits wieder uf dr Gass, nach jener kurzen Ruhezeit, die auf den Morgestraich folgt.

So laufen wir im Fasnachtsschritt bergauf, bergab, geradeaus, mit em Saggodo, em Glopfgaischt, de Neye Glaibasler, em Naarebaschi und so wyter, verbrennen fleissig den Alkohol, den wir während des letzten Halts zu uns genommen haben. Laufen, bis es dunkel wird – und dann wieder hell. Gefährlich wird es erst, wenn wir unsere Larven ausziehen, dann kommt nämlich eine weitere Basler Fasnachtsspezialität zum Vorschein: Die frächi Schnuure!

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