Zürich regelt polizeiliche Personenkontrollen strenger, Basel hält sich vornehm zurück. Symbolbild Keystone
Zürich regelt polizeiliche Personenkontrollen strenger, Basel hält sich vornehm zurück. Symbolbild Keystone
  • Andy Strässle
  • Aktualisiert am

Umstrittene Personenkontrollen: «Nicht ins Blaue hinein oder aus dem Bauchgefühl heraus»

Die Zürcher Stadtpolizei erhielt anfangs Woche eine Dienstanweisung, die Kriterien für Personenkontrollen festhielt. In Basel sind diese Kriterien in den «Dienstvorschriften» geregelt. Die Zürcher Polizei will die Kontrollen nun aber erfassen und den Betroffenen die Gründe für das Anhalten angeben.

«In meiner Tasche ist schon ziemlich viel Zeug drin», sagt Sara. Über den Inhalt ihrer Handtasche weiss nun auch die Basler Polizei Bescheid. Am Freitagabend vor einigen Wochen wurde die 26-Jährige von einer Patrouille kontrolliert. Zusammen mit einer Kollegin vom Volleyball war sie gerade aus dem Kino gekommen. Sie verstände, dass solche Kontrollen nötig seien. «Aber man kommt sich schon etwas dumm vor.» Sie versteht weiter nicht so gut, warum die Beamten ihre Tasche durchsucht hätten. Denn ihre Personalien seien ja in Ordnung gewesen. Dazu hätten die Beamten keinen Grund für die Kontrolle genannt.

Institutioneller Rassismus?

Personenkontrollen gehören zum Alltag der Polizei. Schweizweit gerieten sie in die Schlagzeilen, nachdem in Zürich Beschwerden bekannt geworden waren. Unter anderem der Vorwurf die Polizei gehe bei den Kontrollen «rassistisch» vor. Unterdessen hat der Zürcher Stadtrat reagiert. Polizeidirektor Richard Wolf hatte eine Studie in Auftrag gegeben und dabei auch gleich geprüft, ob die Polizei gegenüber den Kontrollierten eine Quittung ausstellen sollte. Bei der Medienkonferenz anfangs Woche verwarf Wolf diese Idee wieder. Allerdings muss die Zürcher Stadtpolizei jetzt den Betroffenen mindestens einen Grund angeben. Polizeichef Daniel Blumer gab zu Protokoll, dass bei 60'000 Einsätzen pro Jahr nur 300 Beschwerden eingingen. «Nur eine handvoll betrifft Racial Profiling», sagt Blumer.

Die Kriterien transparent gemacht

Die Hintergründe einer Personenkontrolle definieren die Zürcher nun mit einem Merkblatt. So ist etwa die Fahndung nach einer ausgeschriebenen Person ein Grund. Es können aber auch «konkrete Situationen», wie etwa eine Grossveranstaltung sein. Oder eine «polizeiliche Lage». Dabei geht es um das Verhindern von saisonalen Delikten, wie etwa Einbrüche, Diebstähle oder wenn eine aktuelle Bedrohung vorliegt. «Das Bauchgefühl eines Polizisten reicht für eine Kontrolle nicht», sagt Polizeichef Blumer. Die klaren Kriterien und die Angabe von Gründen sollen ein Zeichen gegen «Racial Profiling» setzen und die Transparenz gegenüber den Bürgern weiter erhöhen. In Basel hat im Sommer zwar die SP-Grossrätin Tanja Soland einen Vorstoss zu den umstrittenen Kontrollen eingereicht, aber wie Mediensprecher Martin Schütz auf Anfrage erklärte, gingen die Mitarbeitenden der Polizei «situationsbezogen und verhältnismässig» vor.

Eine gewisse Auffälligkeit

Er sagt auch: «Selbstverständlich kann sich jede Person, die sich nicht korrekt behandelt fühlt, an die Beschwerdestelle des Departements wenden oder den Rechtsweg beschreiten». Wie bei den Zürchern, so solle auch die Basler Polizei einen Grund angeben. Er sagt: «Wenn immer möglich, ist der kontrollierten Person der Grund für die Kontrolle anzugeben, spätestens bei der Entlassung. Eine Personenkontrolle sollte nur so lange wie zwingend nötig dauern.» Klar sei aber gleichzeitig, wie Martin Schütz sagt, die Basler Polizei kontrolliere nicht zum Spass wahllos Leute: «Personenkontrollen dürfen nicht anlassfrei erfolgen, Kontrollen «ins Blaue hinaus» oder nach «Bauchgefühl» sind unzulässig. Es bedarf somit immer einer gewissen Auffälligkeit hinsichtlich der Person, Örtlichkeit oder den Umständen.»

Tampax aus der Tasche

Zu Beschwerden wegen Personenkontrollen komme es wenig. Bei jährlich durchschnittlich sechzig Beschwerden, stünden zehn im Zusammenhang mit Personenkontrollen. Sonst würden die Kontrollen aber nicht systematisch erfasst. So bleibt die Statistik in Zürich einmalig. «Als der Polizist das Tampax-Päckchen aus meiner Handtasche nahm, war das aber auch irgendwie lustig», sagt Sara. Und hofft trotzdem, dass ihre Handtasche so schnell nicht wieder polizeilich inspiziert wird.

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