Symbolbild ©barfi.ch
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  • Binci Heeb
  • Aktualisiert am

Unterlassene Hilfeleistung ist in Basel strafbar und kein Kavaliersdelikt

Es ist derzeit eines der grossen Medienthemen: Vor sieben Monaten lag im Vorraum einer Bankfiliale im deutschen Hessen ein hilfloser Mann am Boden. Vier Kunden ignorierten ihn, wie Videoaufnahmen zeigten. Erst nach Stunden verständigte ein Passant wenigstens die Sanität. Am Montag, 18. September 2017 standen die Beteiligten vor Gericht.

Der 84-Jährige starb einige Tage später im Spital. Die vier menschenverachtenden Ignoranten wurden nun wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt, am Montag vom Gericht für schuldig befunden und zu nicht unerheblichen Geldstrafen wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt. Zwei von ihnen sagten aus, dass sie den Mann für einen schlafenden Obdachlosen hielten und deshalb keinen Grund zum Helfen sahen, die dritte Person, eine Frau erklärte: so etwas ginge sie nichts an. 

Der Fall macht auch in Basel betroffen. Aus humanitären und moralischen Gründen, doch auch wegen des juristischen Hintergrunds. In der Schweiz wird die Unterlassung der Hilfeleistung von Gesetztes wegen ebenfalls geahndet. Man spricht von strafbarer Unterlassung von Nothilfe, die vorsätzlich erfolgt sein muss. Zum Beispiel, wenn Personen, die in Lebensgefahr schweben, nicht geholfen wird, oder Dritte davon abgehalten werden, Nothilfe zu leisten. Die Unterlassung der Nothilfe kann mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen bestraft werden. 

Nothilfe in jedem Fall – auch im Quartier

Anhand des nachfolgenden Vorfalls wird verdeutlicht, dass Nothilfe in jedem Fall absolute Pflicht ist: Ein Mann befindet sich nach einem samstagabendlichen Ausgang auf dem Nachhauseweg. In seiner Strasse – einer kleine Nebenstrasse im Gundeli – trifft er auf einen jungen Mann, der blutend am Boden liegt. Der Passant erträgt den Anblick von Blut nicht, ihm wird schlecht und er geht weiter nach Hause, ohne sich um den Verletzten zu kümmern. Dieser stirbt aufgrund seiner schweren Verletzungen. Weil es der Passant unterlassen hatte, sich um den Verletzten zu kümmern, wird ein Verfahren wegen Unterlassung einer Nothilfe eingeleitet. 

Auch wenn der Passant Angst hatte und nicht wusste, wie er dem am Boden Liegenden hätte helfen müssen, wäre es ihm immerhin möglich gewesen, die Sanität zu verständigen. Er muss nun mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Nothilfe gilt also in jedem Fall, auch wenn man selber nicht Hand anlegen mag oder kann. 

Gaffer: Ein immer grösseres Problem 

«Gaffer filmt sterbenden Biker und behindert Retter», lautete eine Schlagzeile der Bild-Zeitung diese Woche. Gemeint war ein Radfahrer, der einen Motorrad-Unfall miterlebte und den Sterbenden filmte, anstatt ihm zu helfen. Die Zunahme von Schaulustigen bei Unfällen ist nicht neu. Erschreckend aber, dass die Gaffer immer dreister werden: Sie filmen während der Autofahrt Unfälle auf der Autobahn mit dem Handy oder behindern die Polizei bei der Ausübung ihrer Arbeit. 

Bild: keystone

Gerade auf Autobahnen kann es wegen den langsam fahrenden Sensations-Hobbyfilmern zu Stau oder Folgeunfällen kommen, wenn z.B. ein nachfolgendes Fahrzeug auffährt. Die Polizei kann die Gaffer zwar zu kräftigen Geldstrafen verzeigen, das passiert aber bisher nur selten, weil die Ordnungshüter bereits mit dem Unfall alle Hände voll zu tun haben. Seit dem LKW-Brand auf der Schwarzwaldbrücke, will man da in Basel jedoch in Zukunft massiv durchgreifen.

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