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Unwürdiges Schauspiel: Sommercasino wie weiter?

Die Bildungs- und Kulturkommission des Grossen Rates bleibt kritisch. Sie wollte das Jugend- und Kulturhaus «Sommercasino» ans Präsidialdepartement abschieben, da es ein «Kulturveranstalter» sei. Das wurde am Marktplatz kühl abgeschmettert. Die neue Trägerschaft «Junge Kultur Basel» muss ab Januar mit weniger Geld noch mehr Standards entsprechen. Ein unwürdiges Geschacher, oder wie das seit 1962 bestehende Jugendhaus zum verschubsten Stiefkind wurde - ein unwürdiges Politik-Drahtziehen.

«Der Erfolg war gut, die Auslastung bei den Veranstaltungen wurde besser, wir hatten sehr viele Anfragen. Auch die Disco Tresor lief wieder an. Das Ganze hat sich positiv entwickelt», sagt Sommercasino-Co-Leiter Samuel Kunz. Noch bis im Januar wird er die Veranstaltungen im Haus beim Denkmal betreuen. Dann ist Schluss. Das Sommercasino war seit 1962 vom Verein Jugendarbeit Basel (JuAr) geführt worden. Nach einem Organisationsentwicklungsprozess (OE) hatte das Jugend- und Kulturhaus erst gerade einen Konzeptwechsel hinter sich gebracht. Die neue Leitung mit Samuel Kunz hatte die letzten anderthalb Jahre erfolgreich und ohne finanzielle Verluste gearbeitet. «Das Angebot hat funktioniert, wir haben zurück zu den Wurzeln des Sommercasinos gefunden. Vorher hatte man vielleicht etwas den Draht zur Jugend verloren», erklärt Samuel Kunz, der bei einem erneuten Richtungswechsel nicht mitmachen will und «auf eine längere Reise» geht.

Wohlklingende Pläne, doch...

Im neuen Jahr soll der Verein «Junge Kultur Basel» das Sommercasino übernehmen. Der Verein, der ganz neu ist, und aus Exponenten aus der «Szene der jungen Kultur» konstituiert ist. Der Vorstand der «Jungen Kultur Basel» setzt sich zusammen aus dem Rockförderverein, Vorstandsmitgliedern aus der alten Trägerschaft von JuAr Basel, Kulturkick und von Kulturpush. Präsidentin Sabrina Tschachtli sagt zur neuen Ausrichtung des Sommercasinos: «Wir erhoffen uns zum Beispiel eine Veränderung durch die Gastronomie, damit wollen wir uns gegenüber dem Quartier öffnen.» Eine weitere, wesentliche Änderung sei, laut Sabrina Tschachtli, dass man sich vermehrt für andere kulturelle Bereiche, wie etwa Film und Tanz öffnen wolle. Die Pläne klingen ganz gut, und man glaubt sie der engagierten Sabrina Tschachtli gerne. Weniger einleuchtend erscheint es, dass das Sommercasino, das eben dabei war, Aufbauarbeit zu leisten und endlich rentabel arbeitete ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt in neue Hände gegeben werden musste. Noch unverständlich der Umstand, dass auch die neue Leitung fast genau die selben Ziele verfolgte wie ihre erfolgreichen Vorgänger. Mit seinem Team bot Samuel Kunz im Sommercasino eine Plattform für Veranstaltungen für Jugendliche und öffnete sich für Impulse aus dem Quartier.

Licht ins Dunkel bringt der Ratschlag der Regierung an den Grossen Rat, in dem die Gelder für den Bereich Jugend und Sport gesprochen werden, dort heisst es: «Mit der vom Erziehungsdepartement initiierten und nun umgesetzten Neupositionierung der Jugendkultur in der Stadt Basel bietet sich die Chance für das Sommercasino eine bessere Ausgangslage zu schaffen». Auf die Nachfrage von barfi.ch erklärt Hansjörg Lüking, Leiter Bereich Jugend, Familie und Sport: «Der bisherige Träger JuAr und der Verein «Junge Kultur Basel» haben sich auf eine Übergabe des Sommercasinos verständigt. Das Erziehungsdepartement hat diesen Schritt weder gesucht noch gefördert, kann die Überlegungen der Beteiligten aber nachvollziehen.» 

Im Ratschlag klingt das aber anders. Inzwischen ist auch klar, dass Marc Flückiger aus dem Bereich Jugend, Familie und Sport am Prozess eng mitwirkte, wie Sabrina Tschachtli bestätigt: «Das Departement hat uns eng begleitet.» Für Lüking ist der Fall klar: «Zu den Vorteilen gehört, dass der neue Träger - dem auch JuAr angehört - breiter aufgestellt ist. Zu den Nachteilen zählt, dass der Träger noch jung ist und keinen konsolidierten Betrieb, sondern auch offene Fragen übernimmt.»

Breiter aufgestellt, als die JuAr? Echt? Auf der Webseite der ehemaligen Basler Freizeitaktion sind nicht weniger als neun Jugendhäuser, diverse Beratungsstellen und die Freizeithalle Dreirosen aufgeführt. Lüking erklärt: «Nicht der prominente Bühnenauftritt, sondern der regelmässige Zugang zu einem Proberaum sind für Jugendliche zunächst wichtig. Das hatte natürlich Auswirkungen auf das Sommercasino, das damals unverhältnismässig viel Geld für den Einkauf von Publikumsmagneten ausgab. Darin bestand auch Einigkeit mit der Trägerschaft JuAr, die einen Kurswechsel eingeleitet hat.» Also nochmal: weshalb denn der Wechsel?

Sabrina Tschachtli erhofft sich von ihrem in vielen Institutionen verankerten Vorstand Rückendeckung: «Wir sind breit aufgestellt und betreiben auch die Proberäume im R105, so dass wir einen direkten Draht zu vielen Künstlern haben.» Im Ratschlag der Regierung wird diese Synergie ausdrücklich gewünscht. Gleichzeitig mahnt nun die Bildungs- und Kulturkommission an, damit das Sommercasino das Anrecht auf Subventionen behalten könne, müsse man den Richtlinien für «Kinder- und Jugendarbeit» (OKJE) entsprechen. Konkret werden «Gender-Gesichtspunkte» angemaht und Sozialarbeit wird wohl ebenfalls gewünscht.

Widersprüche

Um Zeit zu gewinnen, und wohl auch um etwas Geld zu sparen, schliesst der Verein Junge Kultur das Haus ab Januar für neun Monate, und will nun zunächst ein Konzept entwickeln. Auf die Frage, ob es nicht gescheiter gewesen wäre das Konzept und damit die wichtigsten Hausaufgaben zuerst zu machen, sagt Hansjürg Lüking: «Die Akquisition von Veranstaltungen wird sicher pausieren. Das Haus und der Betrieb aus den Vermietungen der Räume ist davon nicht betroffen. Das neue Sommercasino soll allerdings weniger als früher von Veranstaltungen, sondern mehr von der Mitwirkung von jungen Künstlerinnen und Künstlern bestimmt sein. Damit entfallen erhebliche Kosten und finanzielle Risiken. Für den Unterhalt und den Betrieb der Räume reichen die beantragten Finanzhilfen aus.»

Das Sommercasino soll 575'000 Franken pro Jahr erhalten, ungefähr 300'000 Franken davon gehen als Miete zurück an Immobilien Basel-Stadt. Die Bildungs- und Kultur-Kommission folgt am Ende doch dem Erziehungsdepartement: «Das neue Sommercasino wird allerdings weniger als früher von Veranstaltungen, sondern mehr von der Mitwirkung junger Künstlerinnen und Künstlern bestimmt sein. Damit entfallen erhebliche Kosten und finanzielle Risiken. Für den Unterhalt und den Betrieb der Räume reichen die beantragten Finanzhilfen aus.»