• Christian Heeb
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barfi.ch sagt Adieu

Wie beginnt man einen Artikel, vor dem man sich seit Monaten fürchtet, ihn eines Tages schreiben zu müssen? So sehr es schmerzt: mit der Wahrheit. «barfi.ch» wird an diesem Wochenende seinen Betrieb einstellen müssen. Die wirtschaftliche Situation lässt eine Fortführung nicht mehr zu, unsere Kasse ist endgültig leer.

   

Drei Jahre und etwas mehr als zwei Wochen durften wir, als kleines verschworenes Team, rund um die Uhr Menschen in unserer Region und solche, die sich ihr verbunden fühlen, informieren, unterhalten, betroffen oder zufrieden machen. «Ob es das braucht?», soll jemand, der mir sehr wichtig ist, kurz vor dem Start gefragt haben. Bei der damaligen Schweizerischen Depeschenagentur sda, hiess es «...unter 25‘000-Nutzern» (ein hässliches Wort) machen wir keine Verträge, doch das werdet ihr kaum erreichen». Der Rest ist Geschichte und wird vielleicht an einem anderen Ort erzählt.

Doch noch soviel

«Ob es barfi.ch braucht» war schnell beantwortet. Ohne Verlag oder Fremdkapital im Rücken wuchs die unabhängige lokale News & Service Plattform rasant. Grund war, dass wir aus und vor allem für eine der schönsten Regionen dieses Landes überhaupt und Südbaden berichten durften. Basel halt, die Hauptstadt der Welt. Am 16. August um Mitternacht, wenige Stunden bevor ich am Freitagmorgen den Mitarbeitern das Aus eröffnen musste, erreichte barfi den bisherigen Rekord von unglaublichen 493‘845 Nutzern, die regelmässig Gast auf unserem Portal waren - knapp eine halbe Million engagierte Besucher (Quelle: Google Analytics). Doch selbst bei dieser Reichweite hielt sich die lokale Werbebranche in der für sie neuen digitalen Welt äusserst vorsichtig zurück. Grossen Dank denen, die es trotzdem mit Erfolg versucht haben und genauso grossen Dank unseren zahlreichen privaten Unterstützern. Leider haben die Mittel für die gesamten Betriebskosten inklusive Abschreibungen von unter zwei Millionen Franken pro Jahr nie auch nur annähernd gereicht.

Da gibt es doch die provisorische Nachlasstundung?

Die Hoffnung auf die von uns gewährte (und nach wie vor bestehende) Nachlassstundung, hielt barfi.ch - zwar was die Vergangenheit betrifft - vorübergehend den Rücken frei, dafür bestanden die Lieferanten aus dem Bereich Technik, Verbreitung und externe Inhalte verständlicher Weise sofort auf Vorkasse. Und diese Leistungen sind bei einer Online-Plattform hoch. So geht die Rechnung nicht auf.

Das Wichtigste zuletzt

Der grösste Dank gehört aber jedem einzelnen Mitglied unseres eng zusammengeschweissten Teams. Was die kleine Redaktion unter der Leitung von Christine Staehelin und Binci Heeb geleistet hat, lässt sich mit Worten nicht beschreiben. Auf engem Raum im Gerbergässlein wurden aus Ideen Geschichten, die viel zu oft übersehenen unendlichen Kostbarkeiten Basels zu Bildern und Filmen. Fester Bestandteil waren unzählige stets aktuelle Serviceinformationen und Meldungen der Behörden, insbesondere der Polizei und natürlich der Welt des Drämli. Den Anspruch ein E-Paper, also Zeitungsersatz zu sein, hatten wir dabei nie, fühlten uns jedoch immer der Ethik unseres Berufsstandess, dem des BR Journalisten verpflichtet. Fehler gab es bei barfi.ch wahrlich genug. Doch nicht in der Seriosität seiner Berichterstattung, sondern «online first» geschuldet, bei Rechtschreibung und Grammatik.

Was mir bei meinen täglichen, aber kurzen Besuchen in der Redaktion begegnete, waren intelligente, wachsame und ausnahmslos liebenswerte Journalisten/Journalistinnen, wenn nötig sehr wohl mit Biss. Jeder half jedem. Es wurde durchaus gelegentlich laut, nie aber war auch nur ein böses Wort zu hören. Nicht einfach eine Redaktion, sondern Familie. Dass diese nun trotz niedrigem Gehalt, welches oft nicht einmal pünktlich kam und jetzt vorläufig ganz ausbleibt, für meine persönliche, unternehmerische Fehleinschätzung büssen muss, kann ich mir nie verzeihen. 

Ich werde Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, alle vermissen. Einzeln, aber auch als eingeschworene Gemeinschaft, bedaure zutiefst, dass es barfi.ch trotz des enormen publizistischen Erfolges wirtschaftlich nicht geschafft hat und schicke ein letztes riesiges Danke an Sie, unsere treuen Plattform- und Social Media-Gäste. Eine stark gehörte, freie Medienstimme der Region verabschiedet sich, mit der letzten Bitte: Löschen Sie unsere App nicht. Vielleicht findet sich irgendwann eine neue Trägerschaft. barfi.ch ist inaktiv, aber noch nicht begraben.

Adieu und Merci für die drei glücklichsten Jahre meines langen Berufslebens.

Christian Heeb

ch@barfi.ch