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Auch in Frauenbranchen machen Frauen seltener Karriere

Frauen machen heute auch in traditionellen Frauenbranchen viel seltener Karriere als Männer. Eine Umfrage zeigt, dass etwa im Detailhandel oder bei der Post ihre Chancen geringer sind, als in der Pharmaindustrie oder bei Versicherungen und Banken.

In der Schweizer Wirtschaft arbeiten im Mittel 47 Prozent Frauen und 53 Prozent Männer. Es gibt keine offiziellen Angaben zum Frauenanteil in einzelnen Branchen und Wirtschaftszweigen sowie zur beruflichen Einstufung der Frauen.

Gute Karriereaussichten

Bei den Banken in der Schweiz sind derzeit 38 Prozent der rund 38'000 Beschäftigten Frauen. Der Arbeitgeberverband der Banken geht davon aus, dass ihr Anteil in den nächsten Jahren ansteigen wird. Bei den jüngeren Jahrgängen seien Frauen "übervertreten". In den letzten acht Jahren habe der Frauenanteil bei den 15- bis 34-Jährigen um 10 Prozent auf 45 Prozent zugenommen.

Ungefähr 40 Prozent der Belegschaft der Grossbank UBS ist weiblich. Rund ein Viertel der Management-Funktionen werden von Frauen belegt. Die Bank spricht von einer respektablen Anzahl von Frauen in den obersten Gremien, nämlich 2 von 12 in der Geschäftsleitung. Im Board of Directors (BoD) seien vier von 11 Stellen mit Frauen besetzt.

Noch beliebter als Banken sind bei Frauen offensichtlich Versicherungen: Die Schweizer Versicherer beschäftigen 46'425 Personen in der Schweiz, davon 42 Prozent Frauen. Der Anteil der Frauen im Kader inklusive Direktion beträgt nach Angaben des Schweizerischen Versicherungsverbandes fast 34 Prozent. Der Anteil der Frauen in der Direktion liege bei 18 Prozent.

Bei Swiss Life in der Schweiz sind mit 36 Prozent zwar generell weniger Frauen angestellt als im Branchendurchschnitt. Ihre Karriereaussichten sind jedoch ausgezeichnet. Ein Drittel der Kaderstellen sind nämlich aktuell von Frauen besetzt. Auf Direktionsstufe liegt ihr Anteil mit 22 Prozent über dem Branchenschnitt.

Frauen mit einer MINT-Ausbildung, die für eine Kaderfunktion in der Pharmabranche in vielen Bereichen relevant ist, sind nach Angaben von Novartis nicht breit gestreut. Die Ausgangslage für Frauen mit Ambitionen sind aber in der Pharmabranche bereits heute gut.

Der Frauenanteil bei Novartis in der Schweiz liegt bei rund 43 Prozent. Die Frauenförderung des Konzern zeigt Wirkung. Im Management sind rund ein Drittel der Stellen von Frauen besetzt. Laut Novartis lag der Frauenanteil hier vor zehn Jahren noch bei 26 Prozent und im Jahr 2000 bei 14 Prozent.

Noch besser sieht es im Kader beim Basler Konkurrenten Roche aus. Per Ende 2016 waren rund 40 Prozent der Beschäftigten in der Schweiz Frauen. Der Frauenanteil in Kaderpositionen liege in der selben Grössenordnung, heisst es beim Pharmakonzern.

Frauenbranchen

Dass eine Mehrheit von Frauen in einem Unternehmen noch lange nicht eine angemessene Vertretung im Kader garantiert, zeigt der Detailhandel als eigentliche Frauenbranche. Bei den Grossverteilern Coop und Migros sind über 60 Prozent der Beschäftigten Frauen. Im unteren Management sind Frauen bei Coop Schweiz (Anteil: 44 Prozent) deutlich stärker vertreten als beim Migros Genossenschaftsbund (30 Prozent).

Kaum Unterschiede gibt es auf Stufe Direktion (mittleres und oberes Management). Laut Coop beträgt der Frauenanteil hier 17 Prozent, bei Migros sind es 16 Prozent. Ähnlich hoch wie bei den Grossverteilern ist der Frauenanteil mit 64 Prozent in den Schweizer Apotheken.

Auch bei Adecco sind in der Schweiz die Mehrheit der Beschäftigten Frauen (56 Prozent). Im Management des Personalvermittlers arbeiten 32 Prozent Frauen, im Topmanagement liegt ihr Anteil bei 36 Prozent. Chefin von Adecco Switzerland ist Nicole Burth.

Als Vorzeigefrau gilt auch Post-Chefin Susanne Ruoff. Dennoch besteht gerade beim drittgrössten Arbeitgeber der Schweiz ein grosser Aufholbedarf bei der Frauenförderung. Zwar arbeiten bei der Post zurzeit gut 48 Prozent Frauen. Der Frauenanteil in Leitungsfunktionen beträgt aber nur knapp 24 Prozent. Im oberen und Top-Kader liegt er bei nur gut 12 Prozent.

In klassischen Männerbastionen haben Frauen in der Führungsetage immer noch und wohl auch in Zukunft wenig zu bestellen. Traditionell eher männerlastig sei die Milchindustrie, heisst es beim Milchverarbeiter Emmi. Rund ein Viertel der Belegschaft in der Schweiz sind Frauen. In der Konzernleitung beträgt der Frauenanteil knapp 13 Prozent.

Nachholbedarf auch bei der Swisscom

Ganz ähnlich sieht es bei der Swisscom aus. Per Ende 2016 beschäftigte der Telekomanbieter in der Schweiz knapp 27 Prozent Frauen. Eine Führungsfunktion hatten lediglich gut 12 Prozent. Swisscom erklärt dies mit dem generell niedrigen Frauenanteil in der Branche aufgrund der zahlreichen, technisch orientierten Bereiche.

Erwartungsgemäss wenige Frauen gibt es generell in der Landwirtschaft, in der Wald- und Holzwirtschaft sowie in der Textilindustrie. Auch auf Schweizer Baustellen sind Frauen immer noch die Ausnahme. "In guten Jahren beträgt der Frauenanteil bei den Maurerlehrlingen 1 Prozent", heisst es beim Schweizerischen Baumeisterverband.

Da die klassische Karriere im Bau über eine Lehre führe, seien Frauen in Führungspositionen extrem selten. Die Ausnahmefälle sind laut dem Verband meist Quereinsteigerinnen oder interne Nachfolgerinnen in Familienunternehmen.